Das Wörtchen „weil“

XING Mitglied werdenGestern bekam ich über das soziale Netzwerk XING eine Kontaktanfrage von einer mir unbekannten Person. Soweit nichts Ungewöhnliches. Doch der Text machte mich etwas stutzig:

ich freue mich, wenn Sie mich in Ihr Netzwerk aufnehmen, weil ich Sie sehr gerne zu meinen Kontakten zählen würde.

Fällt Ihnen etwas auf? Die Begründung ist tautologisch (dasselbe sagend). Ausgedrückter Wunsch und Begründung für den Wunsch sind identisch. Wir sollten uns über XING verknüpfen, weil wir dann über XING verknüpft sind.

Das erinnert mich an das Experiment von Langer et al. (1978, geschildert auch in dem Buch „Die Psychologie des Überzeugens“ von Cialdini, ich habe zu den darin geschilderten Einflussnahme-Strategien bereits einen Blogbeitrag geschrieben: „Die psychologischen Tricks der Werbung„). In dem Experiment kommt sehr schön unsere Neigung zum Ausdruck, Begründungen zu erwarten und auf Begründungen zu reagieren. Wenn wir etwas tun sollen, dann möchten wir gerne einen Grund dafür haben. Wenn wir eine Bitte an andere richten, dann sind wir erfolgreicher, wenn wir die Bitte begründen.

Die Sozialpsychologin Ellen Langer und ihre Mitarbeiter haben haben in ihrem Experiment 3 Varianten getestet, um in einer Schlange vor dem Fotokopierer einer Uni vorgelassen zu werden. Variante 1: „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen, weil ich es sehr eilig habe.“ Die Erfolgsquote lag bei 94%. Variante 2: „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen?“ Die Erfolgsquote lag bei 60%, also deutlich unter der von Variante 1. Begründungen wirken, das war bereits vorher bekannt.

Das Experiment hatte jedoch noch eine weitere Variante. Variante 3: „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Können Sie mich bitte vorlassen, weil ich Kopien machen muss.“ Was meinen Sie, wie hoch lag die Erfolgsquote? Wenn ich im Einflussnahme-Training die Teilnehmer frage, liegen die Schätzungen in aller Regel unter Variante zwei, also bei weniger als 60%, oft sehr viel weniger, manchmal nahe null.

Überraschenderweise lag die Erfolgsquote von Variante 3 (tautologische Begründung) jedoch bei 93%. Es kommt demnach also gar nicht auf eine stichhaltige Begründung an, sondern wir reagieren eher mechanisch auf das Wort „weil„. Wenn wir analytisch und kritisch die Aussagen ansehen, dann fällt uns auf, dass derjenige, der um den Gefallen bittet, keine neuen Informationen liefert und nur das Offensichtliche bestätigt. Aber wenn die Aufmerksamkeit nicht geweckt ist, reagieren wir automatisch.

Diesen Mechanismus scheint sich der Kontaktanfrage-Schreiber zunutze machen zu wollen. Bräsig, dumpf, anderweitig beschäftigt vor dem PC sitzend, nur noch das „weil“ wahrnehmend, was eine Begründung suggeriert, klicken wir einfach auf „Kontaktanfrage bestätigen“. Vielleicht hat der Kontaktanfrage-Schreiber sich keine Gedanken gemacht, vielleicht hat er über das Langer-Experiment gelesen, vielleicht ist das Ganze sogar ein eigenes Experiment?

Ich habe die Kontaktanfrage nicht bestätigt. Falls Sie mich in Ihr XING-Netzwerk aufnehmen möchten, gerne. Klicken Sie einfach auf das XING-Logo. Bitte mit Begründung, weil ich gerne eine Erklärung hätte. 😉

Daniel Kahneman – Schnelles Denken, Langsames Denken

Es hat etwas gedauert, das 622 Seiten starke Buch zu lesen, aber es hat sich gelohnt. Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat sein Lebenswerk mit neusten Erkenntnissen der Psychologie verbunden und mit „Schnelles Denken, langsames Denken“ ein Meisterwerk über die menschliche Informationsverarbeitung verfasst.

Wie der Titel bereits sagt, kann unser Denken entweder schnell wie der Wind sein, Kahneman nennt das dann System 1, oder unglaublich langsam, das nennt er dann System 2. System 1 läuft automatisch ab, ist emotional, unterbewusst und wird von Stereotypen geprägt. Es ist beispielsweise aktiviert bei dem Erkennen von emotionalen Ausdrücken auf Gesichtern, Rechenaufgaben wie 2+2 oder bei Aufforderungen wie „ergänzen Sie  – Brot und … – “.  Bei „Wer wird Millionär“ sind das die Fragen bis 500 €, die in der Regel die wenigste Sendezeit beanspruchen.

System 2 läuft nicht automatisch, ist logisch und bewusst und wir müssen eine große Portion Aufmerksamkeit hineinstecken.  Ein Beispiel? Lösen Sie 17 x 24 (sofern Sie kein Mathematikprofessor sind und dies für Sie eine Aufgabe ist, die automatisch lösbar ist, weil Sie ständig in ihrem Gehirn mit Zahlen jonglieren). System 2 ist anstrengend und System 2 benötigt Zeit. Die Zeit, die sich die Kandidaten bei „Wer wird Millionär“ ab der 16.000 € Frage nehmen.

Da aber unser Gehirn faul ist und das Denken nicht immer mit 16 oder 32 Tausend € vergütet wird, verfällt es gerne in System 1 obgleich das System 2 ab und zu das Adäquatere wäre.

So entstehen all die Denkfehler, die in vielen Publikationen mehr oder weniger interessant aufbereitet werden. Wenn Sie über diese Denkfehler schnell und witzig aufbereitet lesen wollen, also eher mit dem System 1, dann empfehlen wir das hier. Wollen Sie mal wieder ein Buch im System 2 lesen und sich reindenken in Denk- und Entscheidungsprozesse, so dass es knirscht und kracht in Ihren grauen Zellen, dann ist das Buch von Kahneman die Empfehlung.

Eine Frage – aus dem Buch – zum Schluss:

Ein Schläger und ein Ball kosten 1,10 Dollar.
Der Schläger kostet einen Dollar mehr als der Ball.
Wie viel kostet der Ball?

Interview mit Dr. Bernd Seydel

Gerald Petersen und ich haben letzte Woche ein Seminar zum Thema Einflussverhalten in Saudi-Arabien durchgeführt. Unser Trainerkollege Dr. Bernd Seydel war dort schon mehrere Male und hat eine Reihe von Reiseeindrücken mitgebracht. Geduldig und kompetent hat er all unsere Fragen, die wir im Vorfeld auf das Seminar hatten, beantwortet. Vielen Dank dafür noch einmal.

Aber unsere Fragen sind bei Dr. Seydel lange nicht zu Ende. Zu viel wertvolles Wissen ist in ihm, das wir nun heben wollen. Als ausgewiesener Experte der Erwachsenenbildung, weiß er, wie Erwachsene lernen. Das interessiert uns auch:

Was ist Lernen überhaupt? Wie langfristig ist Lernen angelegt?

Lernen und leben sind eigentlich die gleiche Sache. Lernen ist keine Sonderveranstaltung, die noch zusätzlich zum Leben dazukommt. In einer Hinsicht bedeutet Lernen, sich an Veränderungen anzupassen. Komme ich in eine fremde Stadt, „lerne“ ich die Straßen kennen und wie sie angeordnet sind. Wenn ich das nicht tue, finde ich nicht den Weg ins Hotel zurück. Dann muss ich für mein Nichtlernen bezahlen – zum Beispiel den Taxifahrer.

Lernen ist oft Umlernen, Neulernen. Wenn ich eine Stadt nur als Fußgänger kenne und dann plötzlich ein Auto steuere, werde ich feststellen, dass manche Wege nicht mehr zu benutzen sind, zum Beispiel weil sie für Autos zu schmal oder eine Einbahnstraße sind. Ich muss mich dann neu orientieren, also andere Wege nehmen, die ich dann erst einmal als „Umweg“ erlebe. Dieses Prinzip gilt für geistige Wege genauso wie beispielsweise für Bewegungen. Jeder, der ein Musikinstrument lernt, kennt dieses Gefühl, dass die Finger sich nicht so bewegen, wie ich es eigentlich will. Sie tragen ein anderes Bewegungsmuster in sich, das wie in den Muskeln und Sehnen gespeichert zu sein scheint. Es sind „meine“ Finger und irgendwie doch nicht. Lernen bedeutet dann, die alten Bewegungsmuster durch neue zu ersetzen oder zu ergänzen.

Und was ist dann Lernen in der Schule?

Im Prinzip nichts anderes. Fragt man Kinder, wie der elektrische Strom funktioniert, geben sie – wenn sie Phantasie haben – eine Antwort. Die mag erkenntnistechnisch nicht mit den Kenntnissen der Physiker übereinstimmen. Aber auch die müssen ständig umlernen. Die gegenwärtigen Forschungen zum Higgs-Teilchen zeigen, dass man fürchtete, das sogenannte Standardmodell aufgeben zu müssen. Wenn das der Fall wäre, müsste sich die Physik komplett neu organisieren. Alles Wissen über die Grundlagen der Materie wäre nur noch Scheinwissen. Für mich eine beruhigende Vorstellung.

Was sind die großen Unterschiede im Lernverhalten im Vergleich zu Kindern?

Eigentlich sollte schon die einfache Beobachtung von Kindern zeigen, dass in den verschiedenen Lebensabschnitten Lernen unterschiedlich funktioniert. Bis etwa zum 6. und 7. Lebensjahr lernen Kinder dadurch, dass sie durch andere, zum Beispiel die Eltern, Anregungen bekommen. Die Eltern führen die Kinder in Situationen, die ihnen neu und unbekannt sind. Außerdem lieben es Kinder, die Tätigkeiten ihrer Eltern nachzuspielen. Dabei kommt es nicht auf gleiche Materialien an. Ein Kind „kocht“ etwas, indem es einen kleinen Bauklotz auf einen großen stellt: Fertig ist Herd und Topf.

Ab dem 7. Lebensjahr (ungefähr) lernen Kinder, sich mit von außen vorgegebenen Rahmenbedingungen auseinander zu setzen. Meist sind das die Schule und die organisierten Freizeitbeschäftigungen. Für Kinder ist die Eroberung von „Zeit“ ein gewichtiger Entwicklungsschritt. „In einer Woche“ bedeutet für ein Kleinkind gar nichts. Ein Schulkind muss in einer Woche eine Klassenarbeit schreiben und auf dieses Ereignis hin zum Beispiel lernen, sich also ein Wissen aneignen, das dann abfragbar wird.

Mit der Pubertät entdecken Kinder einen neuen Lernbereich: die Umgestaltung ihrer Umwelt. Was bis dahin mehr oder weniger als beständig erlebt wurde, steht plötzlich zur Disposition. Dazu gehören in erster Linie die Eltern. Sie machen plötzlich alles falsch. Und die Lehrer sowieso. Jetzt wird Lernen zu der Frage: Was hat das mit mir zu tun? Welche Rolle spielt das zu Lernende in meiner Biographie? Wofür brauche ich das? Warum soll ich das überhaupt lernen?

Im Laufe unseres Heranwachsens lernen wir immer wieder neu, nicht nur Neues. Erwachsene müssen häufig lernen, dass sie noch lernen können. Sie halten sich in gewisser Weise für „allwissend“, haben also für das meiste in ihrem Leben eine Erklärung gefunden, mit der sie sich zufriedengeben. Wenn dann ein Seminarleiter daherkommt und ein anderes Erklärungsmuster anbietet, dann ist das nicht nur schön, sondern allzu häufig eine massive Bedrohung.

Was muss man deshalb für Seminare für Erwachsenen beachten und was setzten Sie davon in Ihren Seminaren um?

Lernen für Erwachsene ist für mich grundsätzlich ein freiwilliger Vorgang. Ich kann meine Teilnehmer in einem Seminar einladen, sich auf bestimmte Dinge einzulassen. Ich versuche sehr bewusst, keinerlei Druck zu machen, diese Angebote anzunehmen. Es sind Angebote, die sie überprüfen können, wenn sie das mögen. Sie können sie aber auch gerne ablehnen, modifizieren usw. Daraus folgt, dass ich niemals Übungen oder Spiele mache, bei denen sich die Teilnehmer hereingelegt fühlen könnten. Ich weiß, dass manche Gruppenübungen das missachten. Ein bekanntes Spiel geht z.B. so: Zwei Partner bekommen einen Stadtplan und der eine soll dem anderen einen Weg beschreiben. Leider sind die Pläne nicht identisch, sondern der eine ist spiegelverkehrt oder irgendwie anders. Toll, oder?

Ich versuche, meine Teilnehmer niemals auszutricksen, hereinzulegen oder mit etwas zu konfrontieren, was sie nicht einschätzen können. Die Folge: das Vertrauen wächst, die Ängste verschwinden, Lernen wird möglich.

Probleme mit dieser Art von konfrontationslosem Lernen haben allerdings diejenigen Teilnehmer, die in ihrem eigenen Leben ständig zu tricksen und sich zu verstecken versuchen. Die mögen diese transparente Art des Umgangs nicht.

Wie schaffen es Erwachsene auch langfristig, nach einem Seminar neue Verhaltensweisen (Skills) anzuwenden?

Klare Antwort: Ich weiß es nicht. Ich kann mich nur selbst beim Lernen beobachten. Lernen ist ja kein Programmierprozess, den ich messen kann. Ich kann Lerninhalte abfragen und hoffen, dass diese Inhalte sich nicht mehr verflüchtigen. Aber in Wahrheit weiß jeder, dass dem nicht so ist. Lernen und Gelerntes unterliegen selbst wieder einer ständigen Veränderung. Selbst Erinnerungen verändern sich unbemerkt.

Über den Zusammenhang von lernen – vergessen – wiederholen/wieder-zurück-holen haben wir noch gar nicht gesprochen. Für das Lernen ist das Vergessen eine wichtige Bedingung.

Wenn wir Trainer es schaffen, dass unsere Teilnehmer uns vertrauen, dass wir sie nicht hereinlegen, dann haben diese eine große Chance, etwas für sich zu lernen. Das klingt idealistisch und etwas ungenau, aber damit kann ich leben.
Ansonsten wünsche ich mir, dass meine Teilnehmer nach dem Seminar Mut und Spaß haben, etwas auszuprobieren, etwas zu versuchen, etwas anders zu machen, als sie es bisher getan haben. Das wird nicht in allen Fällen geschehen. Manchmal müssen sie dann für Nichtlernen einen Preis zahlen – was nicht immer nur eine Taxifahrt ist.

Vielen Dank, Herr Dr. Seydel für die tollen Antworten.

Das Ich, das reicht!

Ein Zitat aus der aktuellen Zeit zu dem Thema Verhaltenstherapie:

„Im Zentrum [der Verhaltenstherapie] steht das Verhalten des Klienten, das sich aus seinen Erinnerungen und Emotionen, Wahrnehmungen und der Beurteilung der Ereignisse zusammensetzt. In diesen Prozess schleichen sich im Laufe des Lebens nur allzu leicht Fehlannahmen ein. Das ist in den meisten Fällen kein Problem – aber bei entsprechender Veranlagung kann ein verzerrtes Welt- und Selbstbild zu viel Kraft kosten. Plötzlich sieht sich jemand ständig persönlich attackiert, wo kein Angriff gemeint war. Oder jemand meint unentwegt Dinge leisten zu müssen, die niemand von ihm verlangt hat.“

Die hier als erste erwähnte negative Konsequenz wird spielerisch von Paul Watzlawick durch seine berühmte Geschichte mit dem Hammer dargestellt. Ständig zu glauben, andere attackieren mich und  können mich nicht leiden, das muss ein schwieriges Leben sein.

Die zweite negative Konsequenz beschreibt die Sorge, mein Ich reicht nicht aus. Ich muss etwas anderes sein als ich selbst bin, um etwas wert zu sein. Viele dysfunktionale Glaubenssätze treiben diese Sorge. Wer morgens aufwacht und den automatisierten Gedanken hat, „ich darf keinen Fehler machen“ oder „alle müssen mich mögen“, wird es sehr schwer haben, den Tag ohne große Enttäuschung zu erleben.

Vieles hilft, um ein psychisch gesundes Leben zu führen. Manchmal reicht ein Blick in die Popkultur, um ein kleine Analogie zu bilden. Im Interview mit zdf.kultur sagte Noel Gallagher letzten Monat auf die Frage, ob er Sorge habe, in seiner Solokarriere zu versagen sinngemäß, dass die Leute zu seinen Konzerten wegen ihm kommen und der Beste, der Noel Gallagher sein kann, bin ich. Nuff said!

Der Wert des Ichs und des Tuns und der Suche nach dem zu machen, was Ich liebe und nicht, was ich glaube, was andere denken, was für mich gut wäre, ist das zentrale Thema von Steve Jobs berühmter Rede an der Stanford University:

You’ve got to find what you love. And that is as true for your work as it is for your lovers. Your work is going to fill a large part of your life, and the only way to be truly satisfied is to do what you believe is great work. And the only way to do great work is to love what you do. If you haven’t found it yet, keep looking.

Das Ich ist der Maßstab mit meiner Zufriedenheit, nicht das, was ich glaube, was die Umwelt glaubt. Erst dann kann das Ich Großes bringen und aus meiner Umwelt ausbrechen. Wie beispielsweise der aktuell Führende der Tour de France Bradley „Wiggo“ Wiggins, der Mod, der seinen Scooter mit dem Fahrrad tauschte:

Kids from Kilburn didn’t become favourites for the Tour – you were either a postman, a milkman or worked in Ladbrokes.

Go Wiggo, wir drücken die Daumen!

Bias, Bias, Bias

Schon oft haben wir hier über die frappierenden systematischen Denkfehler der Menschheit berichtet, Interviews darüber geführt, Bücher, die diese zum Thema haben, gefeiert und dargestellt, wie die Werbung täglich damit umgeht. Jetzt gibt es eine fast erschöpfende Liste zu den Tendenzen, wie wir wahrnehmen und Informationen verarbeiten, so dass wir uns manchmal ein klein wenig selbst belügen:

61 Behavioral Biases That Screw Up The Way You Think

Viel Spaß beim Stöbern und der Selbtserkenntins!

Was Stefan Kuntz zu raten ist!

Das war die teuerste Saison aller Zeiten. 34,58 € musste ich mit meiner Dauerkarte pro Heimtor berappen. Eine Saison zum Vergessen. Während sich die einen in ihrem „Mia san mia“ selbstverliebt kreiseln, kriselt es gewaltig bei dem so schönen Traditionsverein 1. FC Kaiserslautern.

Einher mit dem sportlichen Misserfolg eilt das Misstrauen in die Führung. Transfers werden wirtschaftlich und sportlich hinterfragt. Wie Posten vergeben werden und welche Spielerberater den Ton angeben, wird heiß in Internetforen und am Rande des Betzenbergs diskutiert. So heiß, dass die Führung – allen voran der Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz und der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Dieter Rombach – zur außerordentlichen Mitgliederversammlung am 9. Mai geladen haben.

Was ist in dieser Situation und der Gemengelage an Misstrauen, Enttäuschung und Wut Stefan Kuntz aus kommunikationspsychologischer Sicht zu raten?

  1. Stefan Kuntz sollte die Verantwortung für die transparente Darstellung seiner Entscheidungen übernehmen. D. h. er darf nicht den Mitgliedern, die Schuld geben, Dinge falsch zu verstehen und verstehen zu wollen. Er ist verantwortlich dafür den Mitgliedern verständlich zu machen, warum man vor Beginn der Rückrunde glaubte, dass ein Yahia besser verteidigt als Amedick oder ein Wagner  mehr Tore schießt als Nemec.
  2. Stefan Kuntz sollte klarmachen, was er aus der Saison 2011/ 12 für sich gelernt hat und welche Konsequenzen er aus diesem Lernprozess für die Saison 2012/ 13 ableitet.
  3. Stefan Kuntz darf keine Schuld alten verdienten Weggefährten zuweisen. Natürlich gibt es viele Verantwortliche für einen Abstieg. Aber nun die Schuld derjenigen darzustellen, die nicht mehr beim Verein sind, zeigt keine Größe und vor allen Dingen ist dieses Verhalten nicht mehr änderbar, im Gegensatz zum eigenen.
  4. Stefan Kuntz muss ehrlich klar machen, dass er Verständnis für die aufgebrachte Volksseele hat. Das darf nicht im Sinne von „verstehe, aber…“ gehen, sondern „Meine Sicht der Dinge sind die, so wie ich verstehe, sehen Teile der Mitglieder die Dinge so, wie kommen wir zusammen?“
  5. Stefan Kuntz sollte eine Vision präsentieren und anhand dieser seine Entscheidungen erklären können. Was macht den FCK 2012/ 13 aus? Was für Charaktere stehen da auf den Platz? Welcher Fußball wird gespielt? Wie schaffe ich die Integration von Spielern?

Alles nicht einfach. Wir wünschen für die nächste Saison ein glücklicheres Händchen, Nachvollziehbarkeit, Zusammenhalt der Interessensgruppen des FCKs und vor allem billigere Heimtore. Bitte!

Business Model Generation, eine Verlosung

Wäre Apple ein Schriftsteller, so oder so ähnlich würde er oder sie wohl ein Buch schreiben. Business Model Generation von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur ist ein großer Haufen Spaß zum Lesen und bei allem bleibt genug Informationswert hängen.

„Das Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer“ (so der Untertitel) stellt uns eine Systematik vor, wie Organisationen Werte schaffen, vermitteln und erfassen. Ein Geschäftsmodell wird anhand von neun zentralen Themen (u. a. Kundensegmente, Wertangebote und Einnahmequellen) auf einer Leinwand (Canvas) abgebildet. Eine sehr gute Zusammenfassung finden Sie hierzu bei Seedmatch.

Was besonders viel Spaß macht, sind die zahllosen Beispiele von Firmen anhand derer die Canvas angewendet wird. Wie veränderte Apple, Google oder Amazon das Geschäft. Was machen Telekommunikationsfirmen, wie entwickelte sich Skype oder Procter & Gamble weiter. Geschäftsmodelle von Lego oder Privatbanken oder Gillette werden einleuchtend, nachvollziehbar und erfrischend dargestellt.  Sehr, sehr clever.

Falls Sie neugierig geworden sind, wir verlosen das Buch. Was ist zu tun? Schreiben Sie einen Kommentar bis zum 28. April 2012, welche drei Skills / Fertigkeiten benötigt werden, um ein Geschäftsmodell aufzustellen.

Viel Glück.

African Prints in Fashion – ein Interview mit Ms K

Manche Blogs kommen, manche Blogs gehen und manche Blogs bleiben. Das ist nicht nur im Bereich der Business-Kommunikationsblogs so, sondern auch im Bereich Mode. The Sartorialist bleibt, Vice Do’s and Dont’s bleibt, ja und African Prints in Fashion ist gekommen, um zu bleiben.

Ein Blog, der von der mysteriösen Ms K mit viel Herzblut und Sinn für Schönheit vorangetrieben wird. Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut und nach der Entlüftung des Simpsons Springfield Geheimnis, auch die Identität von Ms K entdeckt. Nicht um sie publik zu machen, sondern um ihr Fragen, zu der Gestaltung eines erfolgreichen Blogs zu stellen.

Wann ist für Dich Dein Blog erfolgreich? Was sind Deine Kriterien?

Ich finde es toll, aktive Leser zu haben, die Kommentare abgeben und Artikel über ihre Social Networks verbreiten. Natürlich check ich auch täglich die Blogstatistik um zu sehen, wie viele User und Seitenaufrufe ich habe und woher die Leser kommen.

Was war bisher die schönste Erfahrung für Dich?

Ich habe meinen Blog ja erst im Sommer 2011 gestartet, daher freue ich mich wenn andere „more seasoned“ Blogger mir positives Feedback geben. Highlights sind auch, wenn etablierte Designer einwilligen, mir ein Interview zu geben, wie beispielsweise Anita Quansah, Adama Paris oder Banke Kuku.

Woher bekommst Du Deine Informationen?

Research! Interessanten Content für den Blog zu beschaffen, ist harte Arbeit. Ich lese viele Magazine und verfolge andere Fashion Blogs und Websites, um up to date zu bleiben. Pinterest und Tumbler sind tolle Inspirationsgeber, hier stolpere ich immer wieder über neue Themen. Inzwischen bekomme ich auch direkte Anfragen von Designern, ob ich ihre neue Kollektion featuren will. Und wenn mir gar nichts mehr einfällt dann suche ich nach einer Inspiration auf der Straße oder in meinem Kleiderschrank 😉

Welche Skills braucht man, um einen Blog erfolgreich zu gestalten?

Durchhaltevermögen und einen gewissen Mitteilungsdrang – allerdings sollte der zielgruppengerecht sein. Ein individueller Touch ist wichtig, damit sich die Leser mit einem identifizieren können und der Blog sich von anderen differenziert. Um es mit zwei Marketing Modebegriffen auszudrücken: Humanizing & Storytelling. Die Leser verlangen regelrecht danach. Am Anfang habe ich z.B. in der Kategorie „What I wore“ nur Bilder gepostet und Leser haben dann nachgefragt „Wo warst Du genau?“ „Was hast Du da gemacht?“  „Welche Accessories hast Du dazu getragen?“ Seither versuche ich, die Beiträge persönlicher zu gestalten.

Welche Tipps hast Du noch für Blogschreiber?

Vernetzen. Über andere Networks (offline wie online) habe ich viele neue Inspirationen erhalten. Professionelle Networks, wie in meinem Fall Independent Fashion Bloggers, ist eine super Informationsquelle wenn es um Innovationen und Erfahrungsaustausch geht. Die Sichtbarkeit des Blogs auf anderen Networks & Plattformen ist auch sehr wichtig. Dank Pinterest, Tumbler, Twitter und der Facebook Fan Page habe ich jetzt fast 2000 Leser.

Vielen Dank für die Antworten und weiterhin viel Erfolg, Ms K.

Gewohnheit im Wohnheim

Pregnant by Frank De Kleine (cc)Immer die Rittersport weiss + crisp und immer das Landliebe Jogurt und immer die Milch von den Bauern aus dem Breisgau. Immer wieder die gleiche Kaufentscheidung Samstag morgens im Supermarkt. Würde ich meine Entscheidungsprozesse verbalisieren, würde es aus mir selbstwerterhöhend plappern „Kauf ich immer, ist gut so, hab ich ja schon mal so entschieden, muss ja eine gute Entscheidung gewesen sein!“. Und tatsächlich schießt unser Belohnungssystem im Hirn vor Freude, wenn wir Dinge wiederholt machen und dadurch bahnen sich die Synapsen wieder verstärkend fest und fester, bis wir eingefahrene Gewohnheitstiere sind, gefangen in dem, was wir immer tun.

Charles Duhigg hat das Buch „The Power of Habit: Why we do what we do in Life and in Business“ geschrieben. Hier zitiert er Studien, die davon ausgehen, dass 45 % unserer Entscheidungen auf Gewohnheiten basieren. Die bewusste, durchdachte, reflektierte Entscheidung ist eher die Seltenheit. Der gewiefte Verkäufer weiß das – nicht zuletzt dank dem großen Haufen an Daten durch Payback und Deutschlandcard.

Und wer steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und im Fadenkreuz sämtlicher Marketinginitiativen? Die schwangere Frau und der co-schwangere Mann. Während der ersten Schwangerschaft beschäftigen sich die werdenden Eltern mit Marken, die sie vorher nur peripher wahrnahmen. Jetzt bilden sich neue Gewohnheiten und Loyalitäten zu Marken werden geprägt. Duhigg zitiert einen Statistiker der Handelskette Target:

„We knew that if we could identify them in their second trimester, there’s a good chance we could capture them for years. As soon as they are going to buy diapers from us, they’re going to start buying everything else.”

Also liebe Schwangere, jetzt ist die Zeit noch einmal, eine bewusste Entscheidung für oder gegen bestimmte Kinder Produkte zu treffen. Danach werdet Ihr die Produkte toll finden, weil Ihr doch keine falschen Entscheidungen trefft. Die Wahrnehmung wird sich so bahnen, dass das natürlich eh der beste Kinderwagen, das beste Baby-Bay, die beste Wickelkommode, die besten Windeln und eh der beste Baby-Brei sind. Strengt Euch an! Jetzt.

Sind Sie ein Muppet?

Erster Akt: Greg Smith, immerhin Leiter der Sparte Kapital-Derivate (was immer das ist), kündigt bei Goldman Sachs. Der Ex-Banker veröffentlicht sein Kündigungsschreiben in der „New York Times“ (14.3.2012): Why I Am Leaving Goldman Sachs. Smith beklagt, dass die Unternehmenskultur von Goldman Sachs total vor die Hunde gegangen sei. Ausserdem behauptet er, dass einige Top-Manager dieser Bank ihre Kunden als „Muppets“ (britisches Englisch für „Deppen“) bezeichnen. Diese Art über Kunden zu reden, finde ich ziemlich verstörend. Aber sehen wir weiter.

Zweiter Akt: An der Wall Street und im Internet findet dieser offene Brief Verbreitung und ein lautes Echo. Es gibt eine ganze Reihe von Parodien des Kündigungsschreibens, die beste davon ist wahrscheinlich „Why I am leaving the Empire“ von einem gewissen Darth Vader. Und die Muppets? Die schlagen zurück. In dem köstlichen Video „Muppets vs. Goldman Sachs“ (funny or DIE) platzen sie in ein Meeting bei Goldman Sachs. Sie beschweren sich, weil sie sich durch das Verhalten der Banker beleidigt fühlen und fordern Schadensersatz.

Muppets vs GS

Dritter Akt: Auf Anordnung des Chefs Lloyd Blankfein scannt Goldman Sachs jetzt interne Mails nach dem Wort „Muppet“. Ein Versuch der Schadensbegrenzung. Welche bösen Banker haben Kunden verhöhnt?

Welcher Typ Muppet sind Sie? Die FTD hat eine Kundentypologie erstellt. Wenn Ihr Bankberater Sie mit den Worten „Guten Tag, Herr Beaker!“ begrüßt, dann sollte Sie das skeptisch machen.

Tipps von David Allen

Der unermüdliche David Allen hat einen Artikel in der New York Times geschrieben: „Paralyzed by Excess of Options“. Hier beschreibt er das Paradoxon, dass immer mehr technologische Tools unsere Arbeit im Büro leichter machen sollen, aber diese nicht selten ein weiteres Steinchen Komplexität in unseren Arbeitsalltag bringen.

Wir haben keine angeborenen Fertigkeiten, wie wir die vielen Arbeitsoptionen und Komplexitäten kontrollieren, wie wir das richtige tun und wie wir echte Ergebnisse liefern. All das muss erlernt werden. Allen gibt uns Tipps:

• Erfasse alles was Dich beschäftigt schriftlich. Alles bedeutet alles, sei es aus dem privaten oder dem beruflichen Bereich. Ein Prozess, der bis zu sechs (!) Stunden dauern kann.
• Mache Dir klar, was die Punkte für Dich bedeuten, welche Bedürfnisse dahinter liegen, welche Ergebnisse Du mit diesen erreichen willst und welche Maßnahmen Du einleiten musst.
• Maßnahmen, die innerhalb von zwei Minuten erledigt werden können und wichtig sind, sollten unverzüglich durchgeführt werden.
• Sage „Nicht jetzt!“ zu Dingen, die weniger wichtig sind.
• Plane pro Woche ein zwei-stündiges Review Deiner Punkte. Bedürfnisse und Interessen ändern sich, wo müssen noch korrektive Maßnahmen eingeleitet werden und was habe ich aus den Augen verloren.

Der Über-Tipp ist „apply these practices with commitment“. Oder wie uns Paul Weller auf seiner neuen Platte in den Frühling singt: “Devotion is a key to the lock that holds your dreams”.

Rhapsody in Moll, ein Kommunikationsdesaster

Napster to go. Das war so schön. Alle Musik, die ich gerade in einschlägigen Musikmagazinen erlesen habe, übertrug ich legal auf meinen mp3 Player und konnte die neue Musik beim Joggen, Fahrradfahren und im Auto hören. Eine aktuelle, umfassende Auswahl an Musik. Selten, das ein Lied oder eine Platte nicht für diesen Dienst angeboten wurde.

Am 27. Januar erhielt ich eine Mail mit dem Betreff „Napster Deutschland wird Teil von Rhapsody!“

Hallo Napster-User,

Wir haben tolle Neuigkeiten für dich: Napster gehört jetzt zur Familie des amerikanischen Musikdienstes Rhapsody – und das bringt dir richtig Vorteile!

hieß es da. Euphorieverbreitend auch die weiteren Zeilen:

Du wirst deine Music-Flatrate unverändert weiter nutzen können aber künftig gibt es dazu einen noch besseren Service. Bis Mitte März werden wir die Napster-Plattform komplett neu überarbeiten (…)

Die Umstellung kam gestern und die tollen Neuigkeiten entpuppten sich als Service und Kommunikationsalptraum.

Dass der Service – nur noch ein Bruchteil meiner Lieder sind im Angebot enthalten- sich eingeschränkt hat „geschenkt“. Dies hier ist ja kein Blog von verzogenen Konsumenten, die immer mehr haben möchten und weniger zahlen wollen, sondern ein Blog über Kommunikation.

Das obige Mail wurde wohl noch von einer Marketing Agentur zusammengezimmert. Aber wie kommunizieren die neuen Eigentümer von Napster mit mir, dem Kunden, der ständig Fehlermeldungen erhält und keine Lieder auf seinen mp3 Player übertragen kann. Zunächst einmal gar nicht. Gestern ergab ein Anruf bei der Hotline eine Dauerschleife mit amerikanischen Genuschel (Seattle?) „The next representative of the company will take your call“. Waiting for the next representative that never comes.

Meine E-Mail Bitte, mir zu schreiben, wie ich napster-to go nutzen kann, wurde wie folgt beantwortet:

Liebe Jens,
So viel ich weiß, es ist nicht möglich Ihre Konto zu aufkündigen, wenn Sie Ihre Software deinstallieren.
Leider nachdem Relaunch auf Rhapsody besitzt Napster keine Streamingrechte.
Ich kann auch Ihnen empfehlen unsere neue Angebote zu testen, zum Beispiel Napster Music-Flatrate + Mobile für nur 12.95€.

Auch der Anruf heute war einfach totale Zeitverschwendung. Ein sehr verunsicherter Call (Super Special) Agent, der mehrere Minuten benötigte meine mit Namen-Alphabet buchstabierte E-Mail Adresse zu verstehen, antwortete nur noch in Floskeln:

Ich muss verifizieren.
Habe ich Sie richtig verstanden.
Ich habe nicht verstanden.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Ich will für Sie Erkundigungen einholen.

Zwischenzeitlich dachte ich, ich rede mit einem Computer. Aber der Call Agent war ein netter Mensch, total überfordert ohne Informationen und Wissen ausgestattet. Unvorstellbar, dass er an diesem Tag irgendjemandem helfen konnte. Auf einmal aber im Marketing Support Graben von Napster / Rhapsody liegend und einen Anruf nach dem anderen von unzufriedenen Kunden entgegen nehmend mit dem Wissen, ich kann Euch nicht helfen und auch nicht so gut verstehen (i. S. von Sprachverständnis).

Was von allem übrig bleibt? Ich schaue und höre mir das Ganze noch zwei, drei Wochen an. Wenn sich nichts ändert, muss ich kündigen.

Was für ein Desaster für Rhapsody. Eben war ich noch total der Fan, jetzt fühlt sich das ganze wie ein schlechter Scherz an. Das Marketing Image von Rhapsody (All the music you want / Tolle Neuigkeiten / Vorteile) ist total sinnentleert. Gab es bei der Umstellung keine Consultants, die Euch gesagt haben, das Image Eurer Firma wird über die direkte Kommunikation Eurer Frontworker mit den Kunden geprägt?

Ich will wieder Musik und echte Menschen mit echtem Wissen. Marketing-Floskeln könnt Ihr Euch an den Hut stecken!

Interview mit Dr. Volker Kitz und Dr. Manuel Tusch

Psycho? Logisch! Nützliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie Volker KitzIm letzten Post habe ich das fantastische Buch „Psycho? Logisch!“ vorgestellt. Jetzt sollen auch die beiden Autoren Dr. Volker Kitz und Dr. Manuel Tusch zu Wort kommen. Hier ein kleines, feines Interview mit den beiden.

Welchen psychologischen Effekt machen Sie sich selbst im Alltag zu Nutze? Haben Sie ein kleines Beispiel?

Volker Kitz:

Viele. Viele. Psychologie ist ja die Wissenschaft vom menschlichen Erleben und Verhalten. Ich persönlich mache mir ganz häufig die Kraft der Habituation = Gewöhnung zunutze. Nämlich einerseits, wenn ich lerne. Ferner lasse ich mich bei unangenehmen Tätigkeiten nie unterbrechen. Denn das würde nur unnötig viele unangenehme Neuanfänge produzieren. Wenn wir durchhalten, dann gewöhnen wir uns viel schneller an etwas Missliches, dann ist es gar nicht mehr so schlimm. Bei schönen Dingen hingegen unterbreche ich mich öfter mal. Dann kann ich immer wieder in das Schöne neu einsteigen. Langeweile Ade. Wirkt wirklich Wunder.

Manuel Tusch:

In unserem Buch beschreiben wir ganz viele solcher Effekte, für jeden Lebensbereich: die Arbeit, das Privatleben, die Kommunikation, die Partnerschaft, den Sex. Ich persönlich bin ein großer Freund von Reframing. Das bedeutet: den Dingen einen neuen Rahmen zu geben. Wenn ich mich über jemanden geärgert habe, dann kann ich das umdeuten. Ich sage mir dann zum Beispiel: Diese blöde Begebenheit hatte auch einen großen Vorteil – ich habe gelernt, wie ich selbst nicht bin oder sein will. So kann ich mich über mich selbst freuen. Oder: Wenn ich einen Fehler mache, dann bin ich im Nachhinein froh. Denn ich habe ja dadurch etwas gelernt und kann mich in Zukunft anders verhalten. Diese vermeintlichen Kleinigkeiten haben einen großen Einfluss auf meine Lebenszufriedenheit.

Welche Ihrer dargestellten Effekte hat Ihrer Meinung nach den größten Wirkungsgrad?

Manuel Tusch:

Ganz ehrlich? Das kann ich nicht beantworten. Jeder Effekt hat seinen eigenen Charme. Das hängt auch ganz davon ab, in welcher Lebenssituation Sie sich gerade befinden und was Sie verändern wollen. Wir zeigen ja extra ein großes Spektrum auf, damit wirklich jeder einen konkreten Nutzen daraus ziehen kann …

Wie kam es zu der Idee zu dem Buch und wie lange dauerte es von der Idee bis zum fertigen Druck?

Volker Kitz (lacht):

Puh, das ist eine gute Frage. Wir haben über die letzten Jahre sehr viele Zuschriften bekommen. Unsere Leserinnen und Leser schreiben uns häufig, welche Themen sie sich noch wünschen, was sie gerne besser verstehen möchten. Wir nehmen das sehr, sehr ernst. Vor knapp 4 Jahren entstand dann die Idee zu diesem Buch. Wir haben sehr intensiv recherchiert, viele Phänomene abgewogen, Literatur gewälzt, um letztlich eine hocheffektive Auswahl zu treffen. Und nachdem so ein Manuskript geschrieben ist, vergehen nochmals viele Monate, bis das fertige Buch dann in den Regalen steht, es gibt noch ganz viele Instanzen zu durchlaufen, denn alles soll ja stimmig sein, Cover, Illustrationen, Layout. Von außen betrachtet glauben Sie gar nicht, wie viele Hände so ein Buch durchwandert und wie viel Herzblut jeder Beteiligte hineingibt. Und am Ende sieht dann alles ganz lockerflockig aus und liest sich wie Butter…

Welche Bücher empfehlen Sie Lesern, die das Thema „psychologische  Effekte im Alltag“ vertiefen wollen?

Manuel Tusch:

Dieses Thema ist bislang noch sehr vernachlässigt, so sind wir ja auf den Trichter gekommen.
Wer sich Strategien wünscht, um mit seinem Job besser zurechtzukommen, dem empfehlen wir

Kitz & Tusch: Das Frustjobkillerbuch – Warum es egal ist, für wen Sie arbeiten (Heyne)

Wer sich 1001 Tricks und Kniffe wünscht, um sein Leben bedürfnisorientiert und glücklichmachend zu gestalten, dem empfehlen wir

Kitz & Tusch: Ich will so werden, wie ich bin – Für SelberLeber (Campus)

Eine wissenschaftliche und gleichzeitig alltagstaugliche Annäherung gibt es bei

Aronson: Sozialpsychologie (Pearson)

Die Psychologie ist wirklich eines der spannendsten Gebiete – viel Spaß beim Lesen und Optimieren!

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Psycho? Logisch! Sehr! Gut.

Psycho? Logisch! Nützliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie Volker KitzDa schreiben Mediziner und Physiker und Philosophen allerorten über ein besseres Leben im Alltag und welche Berufsgruppe sollte sich wirklich darüber äußern? Die Psychologen.

Bewiesen haben das nun Dr. Kitz und Dr. Tusch mit ihrem Buch „Psycho? Logisch!“. Psychologische Effekte, die uns im Alltag helfen, werden in kürzesten Kapiteln meist mit einer kleinen Geschichte erklärt. Alle Freunde aus dem Psychologiestudium sagen „Hallo“. Der fundamentale Attributionsfehler, der Halo-Effekt, die Überlegenheitsillusion und viele mehr.

Auch für diejenigen Leser, die sich besonders für das Thema kommunikativer Einfluss interessieren, sei dieses Buch empfohlen. Sie können hier über das „Reserveargument“ und den „normativen Einfluss“ lesen.

Was besonders schön ist? Nie gibt es diese aufdringliche Lustigkeit, die sonst solche Bücher haben. Das Buch ist einfach clever geschrieben. Einzig fraglich bleibt, was die Flecken sollen, die um die Seitenanzahl herum sind. Marketing?

Wie auch immer. Tolles Buch. Kaufen!

Weltfrauenkommunikation revisited

Heute am 8. März ist der Weltfrauentag. Lassen Sie uns da mal einen Blick auf die unterschiedliche Kommunikation der beiden Geschlechter werfen. Dabei hilft uns der ISQ-D, der Fragebogen zum Beeinflussungsverhalten. Er kategorisiert und misst 10 unterschiedliche Verhaltensweisen der Beeinflussung. gentineX hat die Unterschiede dieser Verhaltensweisen zwischen Frau und Mann untersucht.

Demnach hören Frauen signifikant häufiger aktiv zu und sind häufiger als Männer in der Lage, Informationen und Gefühle preiszugeben und dadurch eine Offenheit in Gesprächen herzustellen. Nicht nur dafür gratulieren wir heute.

Alle Frauen und Männer, die die Studie im Detail lesen wollen, seien auf den Link der competence-site verwiesen.