Aufmerksamkeit, bitte!

Zweiunddreißig Fenster offen im Computer, eine SMS schreiben, mit der Kollegin flirten, chatten und mit dem Chef telefonieren und das bitte gleichzeitig. So oder so ähnlich könnte eine moderne Arbeitssituation aussehen. Multitasking ist eine Attitüde des Vielbeschäftigten (oder derer, die es gerne wären) geworden. Das Selbstverständnis, dass man viele Dinge auf einmal machen kann, schwingt bei dieser Attitüde mit. In Besprechungen werden Blackberries benutzt und während dem Telefonieren wird gegoogelt. Der Subtext sagt den anderen Gesprächteilnehmern, das, was wir hier zu besprechen haben ist für mich Kinderfasching und lastet meine Ressourcen noch lange nicht aus.

Die mangelnde Fähigkeit sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren nimmt immer groteskere Ausmaße an. Letzte Woche kam ich in ein Reisebüro. Die Dame arbeitet am Computer und schaute konzentriert auf den Bildschirm, blickt mich dann kurz an und sagt „Bitte“ (im Sinne von „Bringen Sie Ihren Wunsch!“ an) und schaut wieder zurück auf den Bildschirm. Das ist dann natürlich aus Kundenkommunikations-Perspektive fahrlässig bis dumm. Ich fühlte mich in diesem Gespräch nie Ernst genommen. Aufmerksamkeit zeigen ist so fundamental für gute Gespräche und doch scheint diese Fähigkeit abzunehmen.

Zu Hilfe in der Argumentation, dass Multitasking eine uneffektive Fassade von Angeberei ist, eilt der bereits bei work-innovation vorgestellte New York Times Artikel „Managing the Machines“. Unterbrechungen – eben auch durch Multitasking – im Arbeitsprozess verursachen geschätzte 650 Milliarden Dollar Schaden in der amerikanischen Wirtschaft. Jede Ablenkung sorgt dafür, dass sich die Konzentration zu einer bestimmten Aufgabe abbaut und bei der erneuten Zuwendung erst nach einiger Zeit wieder aufgebaut wird.

Wie im noch jungen Zeitalter der digitalen Kommunikation am besten mit den unterschiedlichen Systemen (E-Mail, Instant Messaging etc) umgegangen werden soll, danach fragt nun das neu gegründete und u. a. von Microsoft und Johnson & Johnson gesponserte Institute for Innovation and Information Productivity. Als Einsatz der Methodiken gelangen auch bildgebende Verfahren der Gehirnforschung und soziale Netzwerk Algorithmen. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse.