In der Seminarwelt kursieren so viele Modelle, die die Komplexität von Verhalten in der Arbeitswelt auf einige, wenige Dimensionen reduzieren. Interessant wird es, wenn die Modelle sich inhaltlich ergänzen und weitergedacht werden können; so zum Beispiel bei dem Konfliktmodell nach Friedrich Glasl einerseits und dem Beeinflussungs-Modell von David Berlew andererseits.
Glasl beschreibt die aufsteigende Entwicklung einer Eskalation entlang 9 Stufen, die er in je 3 x 3 Ebenen unterteilt. Die erste Ebene – und diese ist auch interessant für das Beeinflussungs-Modell – ist die so genannte Win-Win Ebene mit den Stufen Spannung (1), Debatte (2) und Taten statt Worte (3). Die Ebene 2 subsumiert die Stufen Koalitionen (4), Gesichtsverlust (5)und Drohstrategien (6) und wird Win-Lose genannt. Hier kann nur eine Partei gewinnen, die andere verliert meist nicht nur das Gesicht. In der 3. Ebene, der Lose-Lose Ebene, finden wir Begrenzte Vernichtung (7), Zersplitterung (8)und Gemeinsam am Abgrund (9) und wie wir schon den Namen der Stufen entnehmen können, ist der Aufenthalt in einer Konfliktstufe in der 3. Ebene für keine Konfliktpartei von Vorteil.
Die dahinter liegende Idee ist, dass eine Deeskalation eines Konfliktes weniger Kosten verursacht, je früher die Deeskalation eingeleitet wird und umso höher ist auch die Chance, dass die beiden Parteien erhobenen Hauptes aus dem Konflikt kommen.
Die Deeskalationsstrategien für die Stufen nach Glasl sind:
Stufe 1 – 3: Moderation
Stufe 3 – 5: Prozessbegleitung
Stufe 4 – 6: Sozio-therapeutische Prozessbegleitung
Stufe 5 – 7: Vermittlung/ Mediation
Stufe 6 – 8: Schiedsverfahren/ Gerichtliches Verfahren
Stufe 7 – 9: Machteingriff
Betrachten wir nun die Stufen 1-3, dort also, wo wir noch eine Win-Win Situation herbeiführen können. Die Strategie der Moderation stellt nun die Frage nach den Skills, die die Person für die Deeskalation benötigt.
Stufe 1 – Spannung – wird in Wikipedia wie folgt beschrieben:
„Konflikte beginnen mit Spannungen, z.B. gelegentliches Aufeinanderprallen von Meinungen. Es ist alltäglich und wird nicht als Beginn eines Konflikts wahrgenommen. Wenn daraus doch ein Konflikt entsteht, werden die Meinungen fundamentaler. Der Konflikt könnte tiefere Ursachen haben.“
Das Beeinflussungs-Modell von David Berlew schlägt in diesem Falle als sinnvoller Beeinflussungs-Stil das Brücken Bauen vor. Die Konfliktparteien müssen den jeweilig anderen Einbeziehen, die Meinung des anderen verstehen und transparent machen, dabei Aktiv Zuhören und eigene Punkte Aufdecken. Erst wenn die Spannung identifiziert ist, kann sie konstruktiv bearbeitet werden.
Zu der Stufe 2 – Debatte – schreibt Wikipedia:
„Ab hier überlegen sich die Konfliktpartner Strategien, um den Anderen von seinen Argumenten zu überzeugen.“
Als sinnvoller Beeinflussungs-Stil ist hier das Überzeugen zu nennen: Klare Vorschläge mit nachvollziehbaren Argumenten verbinden. Entsprechend wechselt man von der kommunikativen Zug-Energie zu der Schub-Energie. Ich weiß, was ich von der anderen Partei möchte und „schiebe“ ihn zu meinem Beeinflussungs-Ziel.
Was schreibt Wikipedia zu Stufe 3 – Taten statt Worte:
„Die Konfliktpartner erhöhen den Druck auf den Anderen, um sich oder seine Meinung durchzusetzen.“
Die Argumente sind also nun gewechselt und man muss einen kommunikativen Gang höher schalten. Es geht nun darum, klar und deutlich seine eigenen Erwartungen zu formulieren. Hier ist der Stil der Wahl das Durchsetzen. In vergleichbaren Konflikt-Eskalationsmodellen (wie beispielsweise nachzulesen in „Konflikte lösen“ von Heinz-Jürgen Herzlieb) wird diese 3. Stufe übrigens auch Konfrontation genannt.