Humankapital: Deutschland abgehängt

4ak.gifDeutschland liegt beim Humankapital nur auf Rang 17 im internationalen Vergleich. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln stellt fest:

Die Bundesbürger sind im internationalen Vergleich gut ausgebildet. Der Nachwuchs wird aber unzureichend gefördert und viel Know-how bleibt ungenutzt. Der Humankapitalindikator des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) weist Deutschland mit rund 50 von 100 möglichen Punkten daher nur Platz 17 von 26 Industrieländern zu – weit hinter den Spitzenreitern Japan (72 Punkte), Australien (64) und der Schweiz (63).

Das Institut hat einen Humankapitalindikator entwickelt. Der Humankapitalindikator zeigt anhand von 25 Kennziffern, welchen Wissensbestand es gibt, wie dieser weiter entwickelt wird und genutzt wird. Es ergibt sich ein Bild, wie es um das Wissen der Menschen steht und Staaten können miteinander verglichen werden (Benchmarking).

Beim Bestand an Bildungskapital liegt Deutschland noch auf dem dritten Platz. Aber bei der Aktualisierung des Bildungskapitals und der Nutzung des Bildungskapitals schneidet Deutschland schlecht ab. Vor allem eine Forderung ist aus den Ergebnissen abzuleiten: Wir brauchen lebenslanges Lernen. Das Lernen muss früher anfangen und darf nicht mit der Berufsausbildung als abgeschlossen betrachtet werden. Weiterbildung tut Not, wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken wollen.

Grafik: Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Nutzt den Urlaub zur Weiterbildung!

Kein Scherz. Das meint Martin Wansleben, DIHK Hauptgeschäftsführer, vollkommen ernst. Wansleben fordert, dass Arbeitnehmer sich in ihrem Urlaub weiterbilden. Er begründet das mit der langen Urlaubszeit der deutschen Arbeitnehmer. Nicht nur die Gewerkschaften finden das gar nicht gut. „Das wirkliche Problem sind bildungsunwillige Unternehmen“, so der DGB-Vorsitzende Michael Sommer. In diese Kerbe schlägt auch Priska Hinz, bildungspolitische Sprecherin der Grünen: „Statt in der Sommerpause mit populistischen Forderungen zu nerven, sollten die Unternehmen erst einmal ihr eigenes Engagement bei der Weiterbildung überprüfen“.

Nun befürworte ich durchaus die Eigeninitiative von Menschen, aber der Appell an die Eigeninitiative darf nicht dazu führen, dass die Unternehmen sich weiterhin um eine zentrale Aufgabe der Unternehmensführung drücken. Insgesamt haben nämlich die deutschen Unternehmen ihre Weiterbildungsaktivitäten seit 1999 deutlich reduziert. Selbst der wirtschaftliche Aufschwung führt zunächst zu mehr Investitionen in IT, aber nicht in das Humankapital. Diese Tatsache wirft ein schlechtes Licht auf deutsche Unternehmen. Wo bleibt nun die Wertschätzung für das Humankapital? Wo ist die langfristige Denke?

Übrigens, als Wansleben gefragt wurde, welche persönlichen Konsequenzen er aus seinem Vorschlag zieht, antwortete er: „Den letzten Urlaub habe ich etwa zum Sprachtraining genutzt, indem ich fremdsprachige Literatur gelesen habe“ (Quelle: FTD Printausgabe).

Human-Capital Monitor

hcmonitor2006_02.gifDer Human-Capital Report ist mit Jahresbeginn online gegangen als Kommunikationsorgan des Human-Capital-Club e.V.

Eine der Initiativen des Human-Capital-Club ist der Human Capital Monitor. Jedes Unternehmen hat eine Bilanz, aber darin taucht das Humanvermögen nicht auf. Dennoch wird niemand ernsthaft bestreiten, dass die Mitarbeiter die Leistungsträger im Unternehmen sind. Die Menschen sollten viel mehr im Interesse unternehmerischer Entscheidungen stehen. Was wir brauchen, ist also eine Humankapital-Bilanz. Anhand bestimmter Kriterien gehen Humankapital-Experten der Frage nach:

Wie gut kümmern sich unsere Firmen um ihre Mitarbeiter?

Die Ergebnisse können heruntergeladen werden (PDF). Die Spitzenpositionen belegen: Porsche, SAP, BMW, Adidas, Deutsche Post. Glückwunsch, weiter so! Die Abstiegsplätze belegen Schlecker, VW und Karstadt. Oh, nicht zufrieden damit? Dann sollten Sie etwas ändern, damit das Ranking nächstes Jahr vorteilhafter für Sie ausfällt!

Noch ein paar Worte zum Begriff „Humankapital“, denn der wird, wie ich schon mehr als einmal festgestellt habe, leicht missverstanden. Es lohnt sich, sich weiter zu informieren und Vorurteile abzubauen. Der Begriff „Humankapital“ soll den Mitarbeitern im Unternehmen eine neue Geltung verschaffen. Es geht darum, Mitarbeiter nicht als Kostenverursacher zu sehen, sondern als Träger von Wert, eben als „Vermögen“ oder „Kapital“. Das ist das Anliegen des Human-Capital-Club, dessen Mitglied ich bin. Das liest sich so:

Der Verein verfolgt die Aufgabe, den Mitarbeiterwert (Employee-Value) gleichberechtigt neben den Shareholder-Value in die Zielsetzung der Unternehmensführung aufzunehmen. Dazu werden Standards, Methoden und Maßnahmen entwickelt und/oder empfohlen, die geeignet sind, das Potenzial der Mitarbeiterschaft als wichtigstes Unternehmenskapital zu fördern.

Dies geschieht aus der Überzeugung, dass der wirtschaftliche und humanitäre Fortschritt nur gemeinsam realisiert werden können, und deshalb die nachhaltige Entwicklung und ordnungspolitische Verankerung des Humankapitals im Zentrum der Unternehmensführung stehen muss; dies bedeutet auch, die Performance des Managements an ihrem Beitrag hierzu zu messen.

Der Human-Capital Monitor wurde erstmals realisiert und wird in Zukunft jährlich neu erstellt.