Aktuelle Studien zum Thema „Führung“

Ich stelle heute einige aktuelle Studien vor, bei denen es kostenlos Erkenntnisse gibt und gleichzeitig der Forschung geholfen wird.

Führungsfeedback

Die Technische Universität Dortmund bietet kostenfreie Führungsfeedbacks für Führungskräfte Ihrer Organisation an. Das ansonsten kostenpflichtige Führungsfeedback-System der TU Dortmund ist deshalb im Rahmen des aktuellen Forschungsprojekts „Beurteilung und Entwicklung von Führungskräften“ für kurze Zeit kostenlos. Dieses Angebot richtet sich sowohl an Unternehmen als auch an Verwaltungen und gemeinnützige Organisationen. Nähere Informationen erhalten Sie in diesem PDF: http://tinyurl.com/25352ef (via Heiko Verlage / XING)

Führungskraft-Mitarbeiter-Kommunikation

Im Rahmen des wissenschaftlichen Projektes „Führung.kom“ der Arbeitseinheit für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Bielefeld erhalten Unternehmen eine kostenfreie Dienstleistung, für die normalerweise erhebliche Kosten anfallen. Das Projekt beschäftigt sich mit der Analyse von Führungskraft-Mitarbeiter-Kommunikation. Zusätzlich zu den sonst üblichen Mitarbeiterumfragen und Feedbackstrukturen bietet Führung.kom tiefere Einblicke in Selbst- und Fremdeinschätzung des Führungsverhalten und der Kommunikation der Führungskraft. Zudem werden auch Indikatoren zum Befinden der Mitarbeiter erhoben. Weitere Infos: http://www.uni-bielefeld.de/psychologie/ae/AE10/projekte/aktuell/fuehrung.kom/ (via Sanjoy Göhlsdorf / XING)

Umgang mit Unberechenbarkeit

Im wirtschaftssoziologischen Schwerpunkt an der Universität Hannover werden Projekte über Zukunftsaspekte des Strategischen Managements, der Unternehmenskultur und der Personalentwicklung durchgeführt. Eine neue Erhebung zielt auf die Beantwortung der Frage, wie deutsche Unternehmen generell ihre Zukunft vorbereiten und dabei vor allem, wie Managerinnen und Manager das Problem unberechenbarer Entwicklungen in den Griff nehmen. Teilnehmen können Managerinnen und Manager, aber auch Studierende. Die Kernfrage ist: Wie kann es nach Ihrer persönlichen Auffassung gelingen, rasch und zielgerecht auf unerwartete Herausforderungen zu reagieren? Link zum Fragebogen: [Link entfernt – Die Umfrage zum Thema Zukunftsmanagement ist beendet] (via Prof. Dr. Holger Rust / XING)

Führungsqualitäten auf dem Prüfstand

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„Haben Sie das Zeug zur Nummer eins?“ fragten manager magazin und XING großspurig-provozierend. Der Test soll verraten, „was Manager heute können müssen“ und wie es mit den eigenen Schlüsselqualifikationen steht. Über 140.000 Personen antworteten und bekamen (auf Wunsch) eine individuelle Auswertung dieses Tests. Die Gesamtergebnisse werden in der aktuellen Oktober-Ausgabe des manager magazin berichtet.

Headhunter von Russell Reynolds Associates haben festgelegt, welche Kompetenzen von den Führungskräften abgefragt werden und wie diese zu einem Profil verdichtet werden. Die Testfragen zielen auf die Kompetenzen:

  • strategisch-konzeptionelle Kompetenz
  • Führungskompetenz
  • Umsetzungskompetenz und Zielorientierung
  • Umgang mit Vielfalt / Diversity
  • Umgang mit Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Komplexität
  • Umgang mit Volatilität

Bemerkenswert erscheint mir, dass der Umgang mit Unsicherheit sich gleich in zwei Dimensionen widerspiegelt („Umgang mit Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Komplexität“ / „Umgang mit Volatilität“). Ich sehe da durchaus einen Trend. Als weiteren Trend mache ich aus, dass der Umgang mit Diversity (Vielfalt der Menschen) einen höheren Stellenwert erlangt. Bisher ist das eher ein Konzept, mit dem Personaler sich beschäftigen – in Zukunft ist es eine wichtige Führungskompetenz von Managern. Ich stelle fest: „Wir haben verstanden“. Die Zeit der eindimensionalen Chefs ist mittlerweile auch aus Sicht der Headhunter und Ihrer Beauftrager abgelaufen. Gefragt sind Führungskräfte, die mehrere Talente haben und sich in unterschiedlichen Situationen bewähren: Persönlichkeiten mit Soft Skills.

Einige Ergebnisse dieser Studie:

  • Führungskräfte erreichen deutlich mehr Punkte als Nichtführungskräfte. Das wird vom manager magazin so interpretiert, dass die Chefs zu Recht Chef sind. Aber meiner Ansicht nach sind einige Fragen nur von Führungskräften sinnvoll zu beantworten, und solche Fragen können schon zu Unterschieden führen.
  • Je höher das Gehalt, desto höher die Punktergebnisse im Test (wobei ab 100.000 EUR die Unterschiede minimal werden).
  • Erfahrene Führungskräfte schneiden besser ab als Jungchefs. Allerdings nicht in den „neuen“ Kompetenzen „Diversity“ und Umgang mit Unsicherheit, da liegen die Altergruppen gleichauf.
  • Führungskräfte aus Branchen, die mit komplexen Rahmenbedingungen zu tun haben, schneiden deutlich besser ab. Vorne liegen z.B. NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen), die Konsumgüter-Branche und die Autoindustrie. Auf den hinteren Plätzen finden sich Handel, Öffentliche Verwaltung, Bau.

Aufgrund meiner eigenen Auswertung kann ich folgenden Hinweise geben: Die Darstellung der Dimensionen ist transparent und scheint Sinn zu machen (die sog. Augenscheinvalidität). Als Gesamtzusammenfassung bekommt man noch ein Label aufgedrückt, etwa ob man ein „Sanierer“, „Visionär“ oder „Stratege“ ist. Dieses Label ist meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen, denn es trifft in meiner Auswertung nur bedingt zu (nicht weil ich mich anders sehe, sondern weil der Informationsverlust in dieser Komprimierung beträchtlich ist und Widersprüche zu den Einzelfragen auftreten). Es ist der Versuch, einen Typus in einem Wort zu beschreiben, und nicht mehr. Für Ihre eigene Interpretation lege ich Ihnen an Herz, sich vor allem die einzelnen Dimensionen anzusehen (und das Label zu vergessen).

Wer den Cheftest verpasst hat, kann den Test immer noch machen unter www.manager-magazin.de/cheftest

Machtfrage Change

machtfrage-changeTorsten Oltmanns und Daniel Niemeyer wollen in ihrem Buch Machtfrage Change zeigen, „warum Veränderungsprojekte meist auf Führungsebene scheitern und wie Sie es besser machen“.

Ausgangspunkt der Überlegungen der Autoren ist die Feststellung: „Mehr als 80 Prozent aller Change-Management-Projekte scheitern“. Als Beispiele für gescheiterte Change-Projekte dienen Unilever und die Bundeswehr (diese Projekte haben ja auch andere Berater verbockt).

Zu Recht stellen die Autoren die Frage, woran es liegt, dass so viele exzellente Konzepte nicht richtig umgesetzt werden und so viele Veränderungsprojekte scheitern. Studien zum Thema stellen fest, dass Veränderungsprojekte vor allem an diesen Faktoren scheitern:

  • Nicht vorhandene Vision
  • Mangelnde Einbindung der Mitarbeiter
  • Schlechte Kommunikation
  • Unzureichende Mobilisierungswirkung
  • Fehlende Erfolgskontrolle / Monitoring

Das sehen die Autoren ganz anders. Das bisherige Change Management sei „sozialpädagogisch“ vor allem auf die Wirkung in der Breite gerichtet. Es mangele aber nicht an Einbindung der Mitarbeiter, sondern an dem gezielten Einsatz von Macht, um die Veränderung durchzusetzen, und zwar auf der Führungsebene.

Die Autoren meinen, dass der alte Konflikt „oben vs. unten“ (vertikale Konflikte) keine Bedeutung mehr habe, die Mitarbeiter seien kooperativer als früher, auch Betriebsräte machten gerne mit, notfalls drohe man eben mit Jobabbau. Die wahren Konflikte beständen auf oberster Führungsebene (horizontale Konflikte), denn besonders in Zeiten der Veränderung möchten die grundsätzlich egoistischen Manager vor allem ihr eigenes Schäfchen ins Trockene bringen und denken dabei nicht unbedingt an das Wohl des Unternehmens.

Der eigentliche Grund für das Scheitern von Change-Projekten liegt in den Konflikten innerhalb der obersten Führungsebene, so die Kernthese der Autoren. Es gehe im Grunde um Macht, und Macht ist eine Dimension, die von der Betriebswirtschaft konsequent ausgeblendet wird, denn dort spukt ja noch der „homo oeconomicus“. Ich finde es gut, dass die Autoren die Begrenztheit der Betriebswirtschaft für menschliches wirtschaftliches Handeln erkennen. Willkommen in die Welt der Soziologie und Psychologie! Ebenfalls positiv finde ich, dass die Begrenztheit rationaler Begründungen für Change erkannt wird. Und sicher haben die Autoren Recht, wenn sie feststellen, dass die Welt sich seit den 80ern verändert hat. Ein wichtiger Argumentationsbaustein der Autoren: Aufgrund der Globalisierung, der Auflösung der Deutschland AG, und höherer Mobilität der Manager seien Loyalität, Kooperation und langfristiges Denken im Management zurückgegangen. Für Manager sei es unter heutigen Bedingungen rational (da kommt er doch wieder, der homo oeconomicus), die eigenen Ziele zu verwirklichen, auch gegen andere Manager und gegen das Unternehmen.

Nebenbei, ich halte dieses Menschenbild der Autoren für problematisch: Menschen sind egoistische Eigennutzmaximierer, reine Opportunisten. Will man Kooperation oder Veränderung, muss man die Menschen mehr oder weniger dazu zwingen.

Für Change-Prozesse bedeute das: Es geht darum, die Interessengegensätze innerhalb der Führung zu unterdrücken und die Veränderung durchzudrücken. Das geht nur mit Macht, und Macht sei also positiv und funktional, ja unentbehrlich in Veränderungsprozessen. Die Machtausübung geschieht schließlich zum Wohle der Allgemeinheit (Machiavelli läßt grüßen). In diesem Punkt heroisieren sich die Autoren mal gleich als Tabubrecher und Provokateure, denn vor Ihnen sei ja noch niemand auf die Idee gekommen, dass es mit machtvoller Durchsetzung vielleicht einfacher und schneller ginge, Veränderungen umzusetzen. Aber schon vor vielen Jahrzehnten gab es das Führerprinzip, und damals ging es ebenfalls um das Verbindlichmachen einer Weltanschauung und die Implementierung von Change.

Die Lösung scheint einfach: Die alleroberste Führung muss die Veränderung anordnen und durchsetzen, fertig. Sie muss die anderen Führungskrafte dazu zwingen, sich nicht in ihren egoistischen Grabenkämpfen auf Kosten des Unternehmens auszutoben, sondern den Wandel zu unterstützen. Das Motto ist „erzwungene Kooperation“. Gehorsam kann man erzwingen, aber Kooperation? Das scheint mir, wie so einiges in diesem Buch, widersprüchlich.

Wie man Change richtig macht (nach Ansicht der Autoren):

Erste Hauptaufgabe im Change-Prozess: Ein Weltbild definieren und als verbindlich verankern. Denn „die Definition von Wirklichkeiten [bedeutet] für die das Unternehmen ein zentrales Machtinstrument“ (Zitat nicht aus „1984“ von George Orwell, sondern aus „Machtfrage Change“). „Übergeordnetes Ziel der obersten Führungsebene ist demnach, das Weltbild für alle verbindlich zu gestalten und zu implementieren, vertikal und besonders horizontal. Dort lauern die größten Gefahren“. Die Autoren nennen das „Framing“. Leider liefern die Autoren keine Beispiele dafür, so dass dieser Ansatz sehr theoretisch wirkt.

Und so definieren die Autoren Macht:

Die Fähigkeit, das eigene Weltbild und dessen Implikationen als verbindlich in einer Organisation durchzusetzen und gleichzeitig andere Weltbilder ins Abseits zu stellen und damit deren Implikationen zu bekämpfen.

Aber ob man es „Frame“ nennt, oder anders: Bei Veränderungen haben immer einige Entscheider im Unternehmen Angst, etwas zu verlieren und es gibt immer irgendwelche Konflikte. Daher muss eine weitere wichtige Aufgabe hinzukommen.

Zweite Hauptaufgabe im Change-Prozess: Durchsetzung der Veränderung und Brechen jeglichen Widerstandes. Zunächst gilt es, alle Manager danach zu klassifizieren, inwieweit sie den Wandel unterstützen oder dagegen sind. Wie kann man das herausbekommen? Man veranstaltet „symbolische Aktionen“, das sind Meetings, Workshops oder Einzelgespräche. Das Sachthema ist dabei quasi nur  der Titelgeber, in Wirklichkeit geht es darum, die Manager aus der Reserve zu locken und zu prüfen, ob ihr Weltbild kompatibel mit dem Frame ist. Danach geht es zur Gleichschaltung: Mitmachen wird mit Anreizen belohnt und Opposition wird mit Sanktionen bestraft. Konflikte werden nicht ausgetragen, sondern „durch einen raschen und entschlossenen Einsatz von Macht entschieden“.

Die Autoren behaupten, mit ihrem Ansatz von Change wären die Change-Projekte bei Unilever und der Bahn nicht gescheitert. Leider geben Sie nicht ein einziges Beispiel, wo ihr Ansatz tatsächlich so durchgeführt wurde und ursächlich zum Erfolg geführt hat. Daher bleibt trotz trommelnder Machtrhetorik das Ganze seltsam blutleer.

Vielleicht ist das Buch auch als Versuch zu verstehen, den schwarzen Peter zurückzugeben. Entscheider engagieren Berater für Change, Change scheitert, Berater ist schuld. Jetzt geben die Berater den schwarzen Peter zurück: Das Top-Management ist schuld – schwache Führung! Und das ist ja oft auch zutreffend – ich selbst und wohl jeder in Change-Projekten Erfahrene könnte entsprechende Geschichten erzählen. Allerdings, ich habe wohl dennoch ein anderes Verständnis von guter Führung als die Autoren. Und ich kann nicht bestätigen, dass die Machtdimension in Change-Projekten bisher ausgeklammert wird.

Vieles bleibt widersprüchlich und viele Fragen bleiben offen.

  • Warum existiert echte Kooperation im Weltbild der Autoren nicht?
  • Warum haben nur Manager etwas zu verlieren, und andere Mitarbeiter nicht?
  • Wo verläuft die Grenze zwischen Entscheiderkreis und den anderen Managern, die folgen sollen?
  • Ist der Ansatz eines übermächtigen die Kommunikation und die Gedanken kontrollierenden Big Brother in der heutigen Welt der freien Kommunikation überhaupt realistisch?
  • Und wenn er realistisch umzusetzen wäre, ist dieser Ansatz wünschenswert und zielführend?
  • Hat nicht genau das „für alle verbindlich gestaltete Weltbild“ zur Entstehung der Finanz- und Wirtschaftskrise beigetragen?
  • Und warum sollte ausgerechnet derjenige, der sich im Wettkampf unter den Managern bis an die Sitze gekämpft hat, soviel mehr das Allgemeinwohl im Auge haben als die anderen Manager (es sind doch alle egoistische Opportunisten)?

Winston Churchill hat gesagt (und das ist eines meiner Lieblingszitate): „democracy is the worst form of government except all those other forms that have been tried from time to time”. Frei übersetzt: Demokratie ist die schlimmste Regierungsform, aber es gibt keine bessere.

Von Teams und Alphatieren

wm-2010-by-last-hero-ccDas sportliche Großereignis Fussballweltmeisterschaft ist zuende gegangen. Der dritte Platz für das deutsche Team ist ein hervorragendes Ergebnis für diese junge Mannschaft, das ihr im Vorwege nur wenige zugetraut haben. Zwei ganz große Probleme wurden gesehen:

  1. Michael Ballack und Torsten Frings fehlen.
  2. Die relativ jungen und unerfahrenen Spieler können mit den noch weitaus höher bezahlten und erfahreneren Spielerstars aus anderen Mannschaften nicht mithalten.

Zum Punkt 1: Offensichtlich hat die Mannschaft auch ohne die Alphatiere Ballack und Frings sehr gut gespielt und als Team funktioniert. These: Das Team ist wichtiger als das Alphatier.

Zum Punkt 2: Mannschaften mit den höchstbezahlten Spielern sind früher ausgeschieden als die deutsche Mannschaft. Deutschland erzielte ein 4:1 gegen England (ok, meinetwegen ein 4:2), ein 4:0 gegen Argentinien, Italien schied in der Vorrunde aus, ebenso die französische Mannschaft, wobei diese eher durch Konflikte im Team auffiel als durch spielerisches Können. Aus dem Kreis der Favoriten (vor Beginn der Spiele) konnte einzig das spanische Team überzeugen. These: Das Team ist wichtiger als der Starspieler.

Jogi Löw hat sehr geschickt auf die Teamkarte gesetzt. „Der Erfolg seines Teams bei dieser WM beruht neben dem klaren spielerischen und taktischen Konzept auf einer Harmonie im Team, von der Arne Friedrich mit seinen 76 Länderspielen sagt, sie sei ‘so groß wie nie, seit ich dabei bin’” (FTD).

Aber spielt Teamness immer so eine große Rolle? Was ist mit Sportarten, die keine Teamsportarten sind, sondern Individualsportarten? Eine klassische Individualsportart ist der Rennsport. Die Formel 1 züchtet Alphatiere. Unterschiede sind natürlich da, aber ist es wirklich so, dass Teamness dort keine Bedeutung hat? Nein – die Fahrer fahren mit anderen Fahrern im Team und arbeiten eng mit den Technikern und anderen unterstützenden Gewerken zusammen.

Ich behaupte, dass es heute keinen Bereich gibt, in dem ausschließlich Einzelleistungen und Wettbewerb von Bedeutung sind. Auch ein Genie ist nichts ohne Unterstützung von anderen. Nicht nur jede Abteilung und jedes Projekt, auch jeder Vorstand, sogar das ganze Unternehmen muss als Team funktionieren.  These: Kooperation ist wichtiger als Wettbewerb.

Zurück zur Formel 1: Einen Eklat gab es, als in Silverstone das Red Bull Team entschied, den einzigen heilen Frontflügel neuester Art von Mark Webbers Auto abzumontieren und an Sebastian Vettels Auto zu bauen. Und das kurz nach dem Webber und Vettel in Istanbul ineinander gefahren sind – aufgrund einer irritierenden Teamanweisung.

Anders sieht es aus bei McLaren. Hamilton und Alonso hatte vor der Saison auch kaum jemand zugetraut, dass die sich vertragen. Doch nun herrscht Harmonie. Martin Whitmarsh, McLaren Teamchef (motorsport-magazin.com): “Man muss in solchen Fällen sorgfältig über seine Entscheidungen nachdenken. Das sind wettbewerbsorientierte Leute, sonst wären sie nicht da. Wenn sie meinen, etwas sei nicht fair, dann wird es Probleme geben.” These: Für Teamness ist die Führung verantwortlich.

Fragekompetenz für Führungskräfte

fragekompetenz-fur-fuhrungskrafte„Wer fragt, der führt“ – wer fragt, strukturiert und steuert ein Gespräch. Darüber hinaus verhindern Fragen einseitige Monologe und führen zu neuen Informationen. Eine echte Frage erwartet immer eine Antwort, wobei dem Befragten seine Antwort offen gelassen wird. Beide Gesprächspartner, der Frager und der Befragte, können von Fragen im Gespräch sehr profitieren. Es kommt jedoch nicht nur darauf an, den Wert von Fragen an sich zu verstehen, sondern auch kluge Fragen gezielt einzusetzen – das können wir Fragekompetenz nennen.

Führung ist Kommunikation. Die Frage ist nur, wie wird diese Kommunikation gestaltet? Ich kenne das Phänomen, dass Führungskräfte häufig dazu tendieren, praktisch in jeder Situation Argumente und Vorschläge zu produzieren, und eher wenig Fragen stellen. Fragen sind jedoch ein äußerst wichtiges und produktives Kommunikationswerkzeug von Führungskräften. Da kann das Buch Fragekompetenz für Führungskräfte einen wertvollen Beitrag leisten, mit Fragefertigkeiten die eigene Flexibilität in der Kommunikation zu erhöhen und die Verständigung zu verbessern. Andreas Patrzek geht das Thema Fragekompetenz in seinem Buch strukturiert, umfassend und tiefgründig an, und zeigt dabei immer den Bezug zur Praxis auf.

Einige Konzepte und Modelle dienen als Orientierung im Kosmos der Fragekompetenz, z.B. der Fragewürfel. Im Fragewürfel werden einige Grunddimensionen des Fragens aufgezeigt:

Funktion: Z.B. kann eine Frage eher personorientiert oder eher sachorientiert sein. Das Ziel einer Frage kann der Aufbau einer Beziehung, das Gewinnen von Informationen oder das Herbeiführen einer Entscheidung sein.

Form: Wahrscheinlich kennen Sie geschlossene und offene Fragen. Fragen können auch zirkulär, hypothetisch oder skalierend sein, oder eine Kombination solcher Eigenschaften aufweisen. Der Autor veranschaulicht die unterschiedlichen Frageformen im „Fragestift“.

Situation: Z.B. kann eine Frage so gestellt werden, dass eine hierachische Beziehung oder eine gleichgestellte Ebene zum Ausdruck gebracht wird. Der Fragekontext kann beruflich oder privat sein etc.

Diese Dimensionen werden von Andreas Patrzek ausführlich dargestellt und mit Beispielen angereichert. Der Leser kann mithilfe solcher Dimensionen ein Gespräch zielorientierter vorbereiten und die angemessene Frageform und Fragestellung wählen. Der Autor stellt auch in sehr erhellender Weise dar, welche typischen Fehler beim Fragen auftreten.

Für den richtigen Einsatz von Fragen, hier einige Tipps (aus dem Buch):

  • Formulieren Sie Ihre Frage kurz und prägnant.
  • Eine gute Frage kommt mit maximal 15 Worten aus.
  • Also: Stellen Sie Ihre Frage. (10 Worte reichen auch)
  • Dann: Schweigen Sie eine Weile. (Auch wenn es Ihnen schwer fällt…)
  • Dabei: Halten Sie Blickkontakt. (Aber: keinen stechenden Verhör-Blick)
  • Und: Warten Sie auf die Antwort. (Aber: nicht gähnen dabei…)
  • Falls Sie spüren, dass etwas offen ist: Stellen Sie noch eine Frage – oder formulieren Sie Ihr Gefühl mit einer Ich-Botschaft.

Überigens, bei aller Kenntnis von Fragearten und bei aller Fragetechnik: Ohne die Grundtugenden des Fragens werden Sie nie die besten Ergebnisse erzielen:

  • Kontakt zum Gesprächspartner herstellen
  • Wohlwollen (Wertschätzung)
  • Aktiv zuhören

Ich empfehle dieses Buch sehr gerne. Es ist im Rosenberger Fachverlag erschienen, allerdings zurzeit vergriffen und nur als E-Book erhältlich. Die neue Auflage erscheint Mitte 2010.

Mythos Authentizität

Mythos AuthentizitätFührungskräfte müssen authentisch sein! So schreit es uns entgegen, aus Büchern, Fachzeitzschriften, Internetbeiträgen, und in Seminaren. Wenn man fragt, was Authentizität denn bedeutet, so ist die Rede von „Echtheit“. Echtheit widerum wird nicht weiter erläutert, das muss schon reichen, klingt ja auch gut. Sei authentisch und du wirst Erfolg haben! Sei einfach du selbst und alles wird gut! Das ist genau der „Mythos Authentizität“ [Link entfernt], den Rainer Niermeyer entlarvt. Ich kann ihm nur zustimmen.

Wenn wir wirklich immer „authentisch“ wären, in jeder Situation (angeblich) ganz wir selbst, völlig spontan und ungefiltert, eben „echt“, dann lebten wir ständig in einem sozialen Krisengebiet. Und das wäre ziemlich anstrengend. Tatsächlich ist es so, dass wir bestimmte Rollen einnehmen und uns in bestimmten Situationen rollenkonform verhalten. In der Regel verbiegen wir uns dabei nicht, sondern fühlen uns durchaus als „wir selbst“, nur leben wir eben einen bestimmten Teil unserer Gesamtpersönlichkeit, zum Beispiel als Partner, Vater/Mutter, Freund/Freundin oder Führungskraft. „Rollen zu spielen ist also nicht per se gut oder schlecht, sondern schlicht unvermeidbar“ (Niermeyer).

Und es ist geradezu paradox: Gerade denjenigen, der seine Rolle besonders gut spielt, den halten wir für authentisch. Angela Merkel ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie der Mensch hinter einer glaubwürdigen Rollendarstellung zurücktritt. Selbst das wenige, was wir aus ihrem Privatleben erfahren, ist inszeniert. Sie spielt Ihre Rolle souverän – und hat Erfolg. Wenn es nach den Authentizitätsaposteln ginge, wäre Sie garantiert nicht Bundeskanzlerin. Umgekehrt ist es vielmehr so: Wer aus der Rolle fällt (!), den bestraft das Leben. Ein naiver Authentizitismus kann also nicht die Lösung für unsere Orientierungslosigkeit oder die Antwort auf unsere Echtheits-Sehnsüchte sein, er würde nur Egomanen produzieren.

Niemand entkommt diesem Spannungsfeld zwischen Authentizität und Rolle. Wir wollen wir selbst sein – gleichzeitig ermöglichen es uns gerade die Rollen, uns auszuprobieren und neue Wege zu gehen. Wir müssen bestimmte Erwartungen erfüllen, die an uns gestellt werden – aber es ist ungesund, wenn dauerhaft gespielte Rollen nicht durch die dahinterstehende Person gestützt werden.

Wie also können Sie damit umgehen? Ich empfehle Ihnen, sich Ihre Rollen bewußter zu machen und die Rollen aktiv zu gestalten. Es geht darum, die eigenen Werte und das eigene Verhalten in Übereinstimmung zu bringen. Damit gewinnen Sie Klarheit und Souveränität. Das Buch von Rainer Niemeyer kann Ihnen dafür erste Anhaltspunkte liefern. Speziell für Führungskräfte habe ich ein Training entwickelt, dass Führungsrollen aufzeigt, die eigene Rollenkompetenz fördert, und Führungsrollen in eine eigene Kommunikationsstrategie schlüssig integriert: Leader moves! – Führung, die bewegt. [Link entfernt]

Effektiv in Gruppen arbeiten, Groupthink vermeiden

Group DiskussionWenn Sie Projektleiter oder Führungskraft sind, oder es zu Ihren Aufgaben gehört, Teams zu bilden und zu leiten, dann kommt es darauf an, von vornherein die Weichen richtig zu stellen. Generell empfehle ich, nicht nur um Groupthink zu vermeiden, sondern ganz allgemein für eine allgemein erfolgfreiche Arbeit in Gruppen, folgende Punkte:

1.    Stellen Sie ein gemischtes Team zusammen.

Ein homogen zusammengesetztes Team ist anfällig für Groupthink. Viele Führungskräfte suchen sich Mitarbeiter, die ihnen selbst ähnlich sind. Das Resultat ist, dass alle in die gleiche Richtung denken. Das ist bequem und mag sogar oberflächlich den Anschein erwecken, dass das Team gut funktioniert, kann jedoch gefährlich sein. Achten Sie also bei der Zusammensetzung der Gruppe darauf, dass die Teammitglieder sich nicht zu ähnlich sind. Mischen possible!

2.    Strukturieren Sie den Gruppenprozess.

Strukturieren Sie den Gruppenprozess und untertützen Sie die Arbeit mit effektiven systematischen Methoden. Das wirkt einer allzu schnellen einhelligen „Bequemlichkeits“-Entscheidung entgegen und fördert die Effizienz. Erarbeiten Sie eine Agenda und eine Vorgehensweise, dabei können Sie das Team bereits einbinden. Ein Beispiel für eine Vorgehensweise (beschrieben von Ursula Piontkowski und Wolfgang Keil von der Universität Münster): Erst werden alle verfügbaren lntormationen gesammelt; dabei werden Doppelinhalte aussortiert, damit nicht Informationen übergewichtet werden, nur weil sie von mehreren Teammitgliedern genannt wurden. So wird eine gemeinsame Wissensbasis geschaffen. Dann  werden die Fakten bewertet, und zwar ausschließlich danach, wie relevant sie für die Lösung der Aufgabe erscheinen. Die Gewichtung macht jeder zunächst für sich individuell. Erst danach diskutiert und entscheidet die Gruppe gemeinsam. Die Gewichtung sollte möglichst transparent und systematisch erfolgen. Ich verwende für die Gewichtung von Faktoren, auch bei der Entwicklung einer Strategy Map / Balanced Scorecard und der Gestaltung von Veränderungsprozessen, gerne eine Cross-Impact-Analyse (Vester’sche Vernetzungsmatrix bzw. Einflussmatrix).

3.    Setzen Sie einen externen Moderator ein.

Ein externer Moderator ist inhaltlich nicht involviert und neutral. Er kann sich voll und ganz auf den Gruppenprozess konzentrieren und diesen steuern. Die Führungskraft wird dadurch von Mehrfach-Funktionen (einerseits moderieren, andererseits Inhalte einbringen) entlastet und der Gruppenprozess wird professionell gestaltet. Der externe Moderator sollte eine Moderator-Ausbildung vorweisen können und Erfahrung in der Leitung von Workshops haben.

4.    Entwickeln Sie Ihre Soft Skills und die Soft Skills Ihrer Mitarbeiter.

Die jüngere Forschung über Groupthink misst dem Faktor „low self efficacy“ (geringe Selbstwirksamkeit) eine sehr hohe Bedeutung bei. Ein Mensch, der daran glaubt, Einfluss nehmen zu können (hohe Selbstwirksamkeitserwartung), kann Situationen und Aufgaben besser bewältigen. Solche Menschen vermeiden nicht die nötige Auseinandersetzung, sondern feruen sich darauf. Sie sind in der Lage, eigene Ideen zu kommunizieren und dabei fair mit anderen Menschen und Ideen umzugehen. Daher ist es wichtig und lohnend, die Selbstwirksamkeit durch die Vermittlung von Kommunikationsfertigkeiten zu stärken und zu verbessern (zum Beispiel mit dem Trainingsprogramm „Positive Power and Influence“). Gute Skills sind essentiell, sowohl für die eigene Wirksamkeit, als auch für eine erfolgreiche Arbeit der Gruppe!

5.    Entwickeln Sie ein passendes Rollenverständnis für sich als Führungskraft.

Führungskräfte haben eine besondere Stellung und Verantwortung, sie beeinflussen das Gruppen-Geschehen maßgeblich, ob sie das wollen oder nicht, ob es ihnen bewußt ist oder nicht. Sie entscheiden damit auch maßgeblich, ob sich Groupthink entwickelt oder nicht. Ich empfehle Führungskräften, ganz bewußt bestimmte passende Rollen einzunehmen. Wenn im Team Konflikte und Auseinandersetzungen zugunsten einer oberflächlichen Harmonie vermieden werden, wenn potenziell strittige Themen unter den Teppich gekehrt werden, dann können Sie als Führungskraft zum Beispiel die Rolle des „Provokateurs“ einnehmen. Sie können in dieser Rolle dazu anregen, produktive Auseinandersetzung zu fördern und Sie können dabei helfen, bestehende Konflikte auf konstruktive Weise auszutragen. Ein Rollenmodell der Führung haben Mai und Akerson beschrieben („The Leader as Communicator“). Im Trainingsprogramm „Leader moves!“ können Sie lernen, eine eigene Kommunikationsstrategie zu entwickeln und passende Rollen zu wählen, d.h. je nach Situation bestimmte Schwerpunkte in Ihrem Verhalten zu setzen, die die Produktivität im Team erhöhen.

Seien Sie sich bewußt, dass immer, wenn Menschen in einer Gruppe zusammen arbeiten, Groupthink bzw. Gruppendenken eine reale, aber auch beherrschbare Gefahr darstellt.

Vorangegangene Beiträge zum Thema Groupthink:
Groupthink kills – wie Gruppendenken zu schlechten Entscheidungen führt
Groupthink verhindern

Manager und Leader – Interview mit Armin Rütten

armin-rutten.jpgArmin Rütten bietet Beratung zu Persönlichkeitsentwicklung, Work/Lifebalance, Supervision (für Entscheider in Unternehmen, Hochschuleinrichtungen und Freiberufler) und Mentoring. Seine Tätigkeiten und Interessenfelder sind sehr vielseitig, mit großer Nähe zur Philosophie. Im Interview konzentrieren wir uns heute auf das Thema „Manager und Leader“.

John P. Kotter und andere Autoren haben beklagt, es gäbe in den Unternehmen zu viele Manager und zu wenig echte Führungskräfte (Leader). Es wurde grob unterschieden: Manager organisieren und überwachen. Leader führen und motivieren ihr Team.

1. Herr Rütten, wie unterscheiden sich Manager und Leader?

Definitionen von Management gibt es viele, meist beinhalten sie Anforderungskategorien wie Organisationstalent, Führungsqualitäten, Teamfähigkeit, Verlässlichkeit, Objektivität, Kundenorientiertheit u.v.m. In Momenten, da der Ruf nach Visionären und Leadern laut wird, werden die Positionsbeschreibungen und Anforderungsprofile um Innovationsfähigkeit, Kreativität, Charisma ergänzt.

Die öffentliche Wahrnehmung hat den Manager momentan als Sündenbock im Visier, nämlich in punkto mangelnder Sozialverträglichkeit. Die Forschung hofft währenddessen, das intuitive Potential des Managers in den Griff zu bekommen, um mehr Leader zu schaffen.

Eine einfache Gegenüberstellung gewisser Merkmale der beiden Typen liefe wohl auf etwa folgendes hinaus: Manager = hochorganisiert aber langweilig – Leader = chaotisch aber inspirierend, Manager = regelkonform / verlässlich aber unflexibel – Leader = unorthodox aber innovativ. Sicherheit oder Innovation? Reproduktion von Althergebrachtem oder kreative Neugestaltung? Diese Lagermentalität finde ich unsinnig. Eine erfolgreiche Gesellschaft braucht beide, die Konservativen und die Neuerer.

2. Was zeichnet die Kommunikation eines Leaders aus?

Die Erforschung der Soft Skills, die den Leadertypus auszeichnen, steckt noch absolut in den Kinderschuhen. Aus meiner Sicht liegt die besondere Befähigung und Könnerschaft eines Managers in der  Vermittlung von Inhalten. Der Leader hat hier eine Schwäche, zumindest wo es um Kommunikation in etablierten Geschäftsprozessen geht. Der Leader kann seine Einsichten nur unter Mühen sequentiell  nachvollziehbar darstellen, und das lässt ihn als schwer einordbaren und unverständlichen Wirrkopf rüberkommen. Man kann ihn solange tolerieren, wie Geld für Experimente im Topf ist und wie seine Ergüsse nah genug an „Realitäten“ liegen, um unmittelbar in Firmen- oder politische Erfolge umgemünzt werden können. Dieser Denkertypus braucht daher meist einen Übersetzer für seine Einsichten, den wieder besonders befähigte Manager stellen, die zumindest einen gewissen Anteil des Leadertums ihr Eigen nennen.

Der engagierte Leader ist ein äußerst schwieriger Gesprächspartner und wird durch diese Erfahrung nicht eben zu einem geduldigeren Menschen gegenüber von ihm leicht als langsam oder uninspiriert wahrgenommenen „Normalos“. Kommunikation setzt eben nicht nur einen grammatikalisch korrekten Sprachgebrauch voraus, sondern auch ein wachsendes Verständnis dafür, wie die Gegenüber ticken.
Ergo, da gerade für den Leadertypus solche Anleitungen fehlen, ist der Erwerb einer Könnerschaft für ihn ein extrem mühsamer Weg.

3. Es wäre natürlich schön, wenn Manager und Leader sich ergänzen. Kann ein Manager auch aus sich heraus Leadership-Qualitäten entwickeln?

Mir stellt sich eher die Frage, wie wir die Leader orten und schulen können, um vorhandenes aber vernachlässigtes Potential unserer Gesellschaft gerade in Zeiten verfügbar zu machen, da sich zunehmend erweist, dass wieder ein Punkt erreicht ist, wo Althergebrachtes sich zur Beantwortung vollkommen neuer Fragestellungen für unsere Zukunft als untauglich erweist.

Manager in Schlüsselpositionen bemerken meist als erste, dass liebgewonnene Regeln und Arbeitsschritte nicht mehr zum Erfolg führen. Woran es fehlt, ist nun die Regel, die jetzt zur Anwendung gelangen sollte. Der Manager erkennt, dass er entgegen bestimmter Vorschriften zu Abläufen oder entgegen einer Markttendenz handeln müsste.

Der sich in den Finanzderivaten abzeichnende Einfallsreichtum kam meist dadurch zustande, dass hochspezialisierte Manager nach bekannten Regeln bestehende Gesetze ausloten und Schlupflöcher finden; diese Innovationen sind kaum wirklich als solche zu bezeichnen. Leader täten dem Bankgewerbe gut.

Aber auch Manager können Leadership-Qualitäten entwickeln. Einen wichtigen Schlüssel sehe ich eindeutig im eigenen Selbstvertrauen. Versteht ein Manager einmal weitgehender, wie er tickt und was ihn wie andere umtreibt, kann er manche aus Befindlichkeiten geborenen Handlungs- und Denkbremsen außer Kraft setzen und sich gelöst auf die Suche nach neuen Wegen machen. Versucht er aber um jeden Preis, einem gewohnten und als sicher empfundenen Weg zu folgen, hat er keine Antworten, hatte er schon die sich stellenden neuen Fragen nicht im Entstehen bemerkt. Ein anderer Schlüssel ist, das vernachlässigte Potential zur Nichtlinearität oder Kreativität zu wecken und zu schulen.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Manager sehr viel leichter Leaderqualitäten erwerben können als umgekehrt.

Zehn Gebote für Manager

zehngebote-by-cranach-pd.jpgManager stehen in der Kritik, denn viele Manager sind, mangels Weitsicht, oder aus Egoismus, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht geworden. Das ist zwar letztlich eine Minderheit, aber diese Minderheit prägt das Image der Manager in der Öffentlichkeit.

Angesichts des Versagens vieler Manager und der gegenwärtigen Krise ist es en vogue, nach dem Staat zu rufen; der Staat soll es richten. Der Staat muss etwas tun, das ist schon klar. Aber der Staat allein kann es nicht richten und der Staat ist auch nicht der bessere Unternehmer (eher im Gegenteil).

Manager können selbst etwas tun. Manager sind aufgefordert, sichtbar gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, und verloren gegangenes Vertrauen wieder zu erlangen. Dabei kann ein Wertekodex helfen, wie ihn der Wirtschaftsrat aufgestellt hat. Es ist ein Verhaltenskodex, der von Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft entwickelt wurde.

  1. Langfristiger Unternehmenserfolg als Maßstab für die Managervergütung. Schlechte unternehmerische Leistung darf nicht mit goldenem Handschlag belohnt werden.
  2. Effektive Kontrolle durch professionelle und unabhängige Aufsichtsräte. Eine Verknüpfung der Unternehmensführung mit politischen Interessen oder sonstigen Abhängigkeiten ist zu verhindern.
  3. Null Toleranz bei Verstößen gegen Gesetze und unternehmensbezogene Selbstverpflichtungen. Abweichungen vom Global Compact der Uno müssen geächtet werden.
  4. Der ehrbare Kaufmann als Vorbild für unternehmerisches Handeln. Anstand, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Augenmaß sind gefordert.
  5. Vertrauen durch Transparenz und Ehrlichkeit. Wichtige Unternehmensentscheidungen müssen für Belegschaft und Anteilseigner nachvollziehbar sein.
  6. Eigenständigkeit der Mitarbeiter als unternehmerischer Erfolgsfaktor. Begabungen, Leistungsfähigkeit und Ideenreichtum der Beschäftigten sind gezielt zu stärken.
  7. Mehr Werteorientierung in Ausbildung und Personalentwicklung. Gute Mitarbeiterführung ist bei Beförderungen und Entlohnung höher zu gewichten.
  8. Unternehmenskultur des gesellschaftlichen Engagements. Durch soziale Projekte und Mäzenatentum sollten Wirtschaftslenker Verantwortung übernehmen.
  9. Eigentümerunternehmer und Manager als Botschafter der sozialen Marktwirtschaft. Das Vertrauen in unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung ist durch aktives Werben zu festigen.
  10. Globale Mitverantwortung der Wirtschaft für die Schöpfung. Menschenrechte, Akzeptanz kultureller Hintergründe und nachhaltiger Umgang mit der Umwelt müssen unabdingbare Leitlinien der Unternehmensführung sein.

Hier ist eine Kurzfassung der zehn Gebote für Manager wiedergegeben. Den vollständigen Text können von der Website des Wirtschaftsrates downloaden.

Die Gebote orientieren sich an der sozialen Marktwirtschaft. Das ist naheliegend, denn der Wirtschaftsrat ist eine Vorfeldorganisation der CDU. Es geht mir hier jedoch nicht um parteipolitische Standorte, sondern um ein konkretes Beispiel für eine professionelle Ethik für Manager, wie sie auch Klaus Schwab (Gründer des Weltwirtschaftsforums) fordert.

Wenn Werte geachtet werden, dann haben Werte eine verhaltenssteuernde Wirkung. Die Eigenverantwortlichkeit der Menschen wird gestärkt, und eine umfängliche staatliche Gängelung ist nicht mehr nötig. Die Akteure müssen sich allerdings immer an dem Leitbild messen lassen.

Bild: Detail aus „Die Zehn Gebote“ von Lucas Cranach d. Ä. (public domain).

Tony Soprano ist kein Manager!

tonysopranoonmanagement.jpgSo, Anfang Februar sind nun endlich alle Weihnachtsgeschenke konsumiert, ob Comics, Bücher, CDs oder DVD-Serien. Dieses Weihnachten stand wenig christlich im Zeichen der Sopranos, die Mafiafamilie von neben an in New Jersey. Die TV-Serie ist mit Emmys und Golden Globes überhäuft worden. 82 Stunden feinste Unterhaltung mit psychologisch dichten und undichten Charakteren und Handlungswendungen und Spaß und alles, was man sich für gute Zerstreuung wünscht.

Da dauert es dann auch nicht lange bis ein Buch zu dem Führungsstil der Hauptfigur erscheint: „Tony Soprano on Management: Leadership Lessons Inspired by America’s Favorite Mobster“ . Die Idee ist sicherlich nett. Auch deshalb, weil sich manch Manager gerne den Satz sagen hört, „alles, was ich über Führung weiß, habe ich von dem Paten 1-3“. Neu aber ist die Idee keinesfalls. Erfolgreiche Serien und der daraus abgeleitete „Leadership-Stil“ gibt es bereits mehrere auf dem Markt, beispielsweise auch zu Star Trek.

Das Buch „Tony Soprano on Management“ ist schlecht, langweilig und unnötig und hat auch nur sehr wenig mit dem Tony Soprano zu tun, wie er sich mir vorgestellt hat. Es macht den Anschein, dass in einem „Management Literatur Sweat Shop“ Praktikanten eingesperrt wurden. Die eine Hälfte musste „copy paste“ Allerweltsweisheit der Management Literatur in Word kopieren und die andere Hälfte musste krampfhaft die 82  Stunden schauen, wo denn ein Beleg zu dieser Management Weisheit in der Serie zu finden ist. Das ist ein wenig wie bei sozialwissenschaftlichen Experimenten, bei hoher Anzahl der Versuchspersonen kommt schon ein Effekt dabei heraus. In 82 Stunden Laufzeit findet man zu jedem Verhalten ein Beleg.

Der Charakter Tony Soprano ist gerade deshalb spannend, weil er keine einheitliche Persönlichkeit hat. Er ist gebrochen, impulsiv und irrational. Er tötet Männer aus seiner Crew, was weder mit dem Teamgedanken noch mit dem Support einer Führungskraft vereinbar ist.

Diese Art Bücher geben mir immer nur ein Rätsel auf. Wer schreibt diese Testimonals auf der Rückseite? Hier ist zu lesen: “Smart, funny and relevant, Tony Soprano on Management will help you be a better manager, run a more effective company, and make more money.” Um das Klarzustellen, mit diesem Buch bekommen Sie keinen Cent mehr aus irgendetwas. Schauen Sie sich lieber die Serie an. Da bekommen Sie Unterhaltung vom feinsten, gut abgehangen im Satriale’s Pork Store, northern New Jersey.

Martin Luther King über wirkungsvolle Visionen

080806-atlanta-mlk-by-gerald-petersen.JPGHeute ist Martin Luther King Day. Der Martin Luther King Day ist seit 1983 per Gesetz in allen Staaten der USA ein nationaler Feiertag für den im Jahre 1968 ermordeten Martin Luther King. King wurde am 15. Januar geboren, doch der Feiertag ist immer am dritten Montag im Januar.

Letztes Jahr habe ich das Grab der Kings (seine Frau Coretta Scott King wurde neben ihm beigesetzt) in Atlanta besucht (siehe Foto). Wenn Sie mal in Atlanta sind, können Sie ja auch einmal vorbeischauen – das Geburtshaus Kings, sein Grab, und das sehr informative King Center liegen ganz nahe beisammen.

King war ein großartiger Führer, der sehr viele Menschen mobilisiert hat und mit diesen Menschen zusammen eine Gesellschaft verändert hat. Für viele Menschen ist King heute noch eine große Inspiration. Anlässlich des heutigen Tages bringe ich ein Zitat von King zum Thema „Vision“. King beschreibt die Macht wirksamer Visionen:

“Effective visions provide context, give purpose, and establish meaning. They inspire people to mobilize, to act, to move in the same direction… Every good leader realizes that effective visions cannot be forced upon the masses. Rather they must be set in motion by means of persuasion and inspiration.”

Viele Manager denken scheinbar “Ich habe eine Vision, also folgen die anderen mir” und sind dann verwundert, wenn das so nicht funktioniert. Es bestehen große Unterschiede zwischen Visionen und wirksamen Visionen (effective visions). „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“ (Helmut Schmidt). Wer jedoch wirksame Visionen vermitteln kann, wer andere inspirieren und mitreissen kann, der wird etwas erreichen in der Welt.

Natürlich ist es nicht genug, eine Vision zu vermitteln, aber ohne Vision zu führen wirft die Frage auf: „Wohin führt das?“. Wirksame Visionen schaffen Orientierung, vermitteln Sinn, und richten eine Gruppe von Menschen auf ein gemeinsames Ziel aus.

mlk-leadership.jpgIn dem Buch “Martin Luther King Jr. on Leadership” (nur in englischer Sprache erhältlich) sind die Punkte zusammengefasst, die nach Meinung des Autors Donald T. Phillips die Führungsqualitäten Kings auszeichnen und von denen Führungskräfte allgemein lernen und sich inspirieren lassen können.

Wenn Sie einen schnellen Einblick in Kings praktisch-rhetorische Vermittlung von Visionen erlangen möchten, empfehle ich diese Blog-Beiträge:

Martin Luther King – I have a dream
I have a dream – als Fallbeispiel

Fehler sind Chefsache!

Bei populärwissenschaftlichen Artikeln mit psychologischem Hintergrund muss man ja des Öfteren vorsichtig sein. Häufig hat man den Eindruck sie seien geschrieben, wie man sich so vorstellt, wie ein Student seine Referate schreibt. Bisschen mal schauen, was so im Internet steht und dann copy – paste und zwei, drei nette Bilder mit attraktiven Menschen, fertig ist der Beitrag zur emotionalen Intelligenz.

Erfreulich anders ist der aktuelle Artikel der SZ Wissen zum Thema Führung „Schlechte Chefs“ ausgefallen. Gut recherchiert mit zahlreichen Studien bestätigt er einerseits Beobachtungen aus dem Führungsalltag andererseits bringt er neue gute Gedanken zu den Fallen des Chefseins. Nach der Lektüre bleibt allerdings der einseitige Eindruck, der durch die Aneinanderreihung der Subüberschriften bestärkt wird, ein Chef sei ein undankbares, misstrauisches, kontrollwütiges, planloses, egoistisches, isoliertes, besserwisserisches, aalglattes, kaltes, ignorantes, kurzsichtiges Psychowrack.

Hm, ganz schön schlimm, heutzutage Chef zu sein und Menschen zu führen, wenn das das Ende aller Karriereträume ist. Und was kann man dagegen tun? Ich glaube die Gegenmittel, um nicht ein UMKPEIBAKIK Psychowrack zu werden, sind hinlänglich bekannt, allein an der tatsächlichen Umsetzung fehlt es: Wertschätzung, konstruktives Feedback und Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Die Erfahrung, die ich in unseren Seminaren mit Führungskräften mache, ist, dass diejenigen, die ein gesund ausgeprägtes Selbstwertgefühl haben, um auch Feedback anzunehmen und in ihr Verhalten zu integrieren und nicht nach der Bestätigung ihrer selbst suchen, besser von ihren Mitarbeitern im Kommunikationsverhalten eingeschätzt werden.

Aber liebe Mitarbeiter mit schlechten Chefs, habt etwas Nachsicht mit Ihnen. Prof. Dr. Heike Bruch Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement von der Universität St. Gallen rät in dem genannten SZ Wissen Artikel:

„Gute Mitarbeiter haben Verständnis dafür, warum der Chef Fehler macht oder bestimmte Fehler hat. Sie müssen von unten führen. Das Wirksamste ist eine gute Vorbereitung der Argumente, Vorschläge muss man mit Fakten abstützen können. Und es geht zusätzlich darum, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Durch Loyalität lässt sich das Vertrauen des Chefs gewinnen. Das verschafft Einfluss.“

Als kleinen Tipp zum Kennen lernen eines hervorragenden Beispieles eines narzisstischen und entscheidungsschwachen Chefs in Worthülsen und Business-Klischee Gestotter gibt Steve Carell in der Serie „The Office – an American Workplace“. So und jetzt wieder zurück an die Arbeit und Fehler machen, liebe Chefs.

Psychopathen bei der Arbeit

menschenschinder.jpgNach den Arschlöchern kommen nun die Psychopathen. Im Buch „Menschenschinder oder Manager – Psychopathen bei der Arbeit“ schildern die Autoren Paul Babiak (Organisationspsychologe) und Robert D. Hare (Psychologie-Professor und FBI-Berater), wie Psychopathen in Nadelstreifen uns das Leben zur Hölle machen. Die Psychopathen finden wir nicht nur in der Anstalt, sie sind mitten unter uns. Sie lügen, manipulieren, und betrügen. Neben ihrem antisozialen Verhalten fallen Psychopathen auf durch ein übersteigertes Gefühl der eigenen Bedeutung, Anspruchsdenken, Oberflächlichkeit, fehlende Lernfähigkeit, und eine mangelnde Selbstkontrolle. Sie haben keine Hemmungen, da Ihnen ein Gewissen und Empathie (Einfühlungsvermögen bzw. die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen) fehlen.

Wie kommt ein Psychopath überhaupt in eine Führungsposition? Das Problem liegt darin, dass Personalchefs psychopathische Verhaltensweisen häufig mit Durchsetzungsfähigkeit und Führungsstärke verwechseln. Hinzu kommt, dass Organisationen heute ständigen Veränderungen unterworfen sind: Personalabbau, Reorganisation, Merger etc. In diesem dynamischen Umfeld fällt es verhaltensgestörten Chefs leichter, ihre Spiele zu spielen.

Die Autoren schildern viele Fallbeispiele, diese sind aber leider manchmal fragwürdig (da Kriminalfälle und nicht aus der „normalen“ Arbeitswelt) und die Storyline ist zudem noch langweilig erzählt.

Es ist klar, dass Angestellte und vor allem Manager mit einer psychopathischen Störung immense Schäden im Unternehmen anrichten. Als Gegenmaßnahmen empfehle ich Unternehmen, genau hinzusehen und nicht dem ersten Eindruck nachzugeben, denn der kann genauso täuschen wie die Psychopathen. Falls Psychopathen schon im Chefsessel sitzen, rate ich zur Nulltoleranzstrategie (Zero Tolerance). „Null Toleranz“ bedeutet, dass man auch nicht gravierendes sozialschädliches Verhalten bekämpft, dadurch kann man viele schwerere Vergehen vermeiden. Zum Beispiel in New York konnten mit „Zero Tolerance“ beachtliche Erfolge erzielt werden. Diese Strategie (oder besser dieses Paradigma) lässt sich auch in Unternehmen anwenden. Es muss ganz klar signalisiert werden, dass sozialschädliches Verhalten nicht geduldet wird.

Mitarbeitern empfehle ich zunächst, nicht gleich hinter jedem schlechtem Verhalten einen Psychopathen zu sehen. Echte Psychopathen zeigen dauerhaft abnormes Verhalten in vielen Kategorien zugleich. Auf gar keinen Fall sollte man jemanden als „Psychopath“ bezeichnen. „Jeder Versuch, solche Menschen zu ‚psychoanalysieren’ oder zu ändern, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt“. Die Krankheitseinsicht fehlt einfach. Die Autoren Babiak & Hare haben einen Leitfaden aufgestellt, wie mit Psychopathen bei der Arbeit umgegangen werden kann. Generell gilt: Sich so weit wie möglich dem Einfluss der psychopathischen Person entziehen.

Charisma und Führung

D. Quinn Mills, Professor an der Harvard Business School, spricht über charismatische Führung (das Video dauert knapp 2 Minuten):

Mills stellt zunächst fest, dass Charisma oft mit Führung einhergeht, so dass viele Menschen Führung und Charisma vermischen. Es sind jedoch unterschiedliche Konzepte. Charisma ist eine Eigenschaft, die von anderen zugeschrieben wird – eine Wahrnehmung als attraktive Persönlichkeit, die man bewundert oder der man gerne folgt. Viele charismatische Persönlichkeiten sind allerdings schlechte Führer. Sie sind zum Beispiel oft nicht loyal dem Unternehmen gegenüber und verhalten sich Mitarbeitern gegenüber nicht unterstützend. Umgekehrt kommt es oft vor, dass Menschen, die gar nicht charismatisch wahrgenommen wurden, durch eine Führungsposition Charisma entwickeln.

In einem früheren Beitrag habe ich eine Reihe von Interpretationen zusammengetragen, was unter Charisma verstanden wird.

Der Mensch ist faul. Oder?

the-human-side.jpg1960 beschrieb Douglas McGregor in seinem Buch „The Human Side of Enterprise“ zwei unterschiedliche Menschenbilder im Management. McGregor ging davon aus, dass jede Management-Entscheidung auf einer Reihe von Annahmen über die menschliche Natur beruht. Er stellt Theorie X und Theorie Y einander gegenüber (X-Y-Theorie).

Drill Instructor (pd)Das eine Menschenbild, die Theorie X, macht folgende Annahmen: Der Mensch ist von Natur aus passiv und faul. Deshalb müssen Menschen kontrolliert und angetrieben werden. Autorität und eine harte Hand sind gefragt. Menschen möchten Verantwortung vermeiden und streben vor allem nach Sicherheit.

Das andere Menschenbild, die Theorie Y, macht diese Annahmen: Arbeit ist für Menschen eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung und eine Quelle der Zufriedenheit. Menschen brauchen daher Freiräume, um eigene Initiative zu entwickeln. Menschen sind von sich aus kreativ und engagiert – Unternehmen und Management sollten sich diese Motivation entfalten lassen.

McGregors Führungstheorie ist vereinfachend und im dargestellten Dualismus (Führungsstil X = schlecht, Führungsstil Y = gut) zu allgemein formuliert. Spätere Führungstheorien haben den Dualismus überwunden, und sind komplexer. Dennoch findet sich der Ansatz von McGregor in der betriebswirtschaftlichen Literatur zu Management und Führung häufig dargestellt. Immerhin lässt sich mit dem Ansatz von McGregor aufgrund seiner Einfachheit schnell vermitteln, wie wichtig Menschenbilder in Führungs-Zusammenhängen sind.

Zwei Aspekte erscheinen mir hier besonders interessant. Da ist erstens der konstruktivistische Aspekt. Ein Menschenbild ist keine Tatsache, sondern ein Gedankenkonstrukt, etwas in unserem Kopf. Das könnte denen, die an die Rationalität im Management glauben, schon zu denken geben. Wie Gedanken unser Verhalten beeinflussen und unsere Realität gestalten…

Der zweite Aspekt ist der Systemaspekt. Wir haben ein dyadisches System von Führungskraft und Mitarbeiter. Ein Manager mit Theorie X behandelt seine Mitarbeiter wie unmündige Kinder, die anzuleiten und zu kontrollieren sind. Mitarbeiter sind faul -> ich muss kontrollieren und antreiben -> Mitarbeiter reagieren nur auf Druck -> voilà, Mitarbeiter brauchen Druck! Auf die Dauer wird er also genau die Mitarbeiter bekommen, die seinem Menschenbild entsprechen, und er fühlt sich bestätigt in seinen Annahmen. Umgekehrt wird ein Manager mit Theorie Y seinen Mitarbeitern Freiräume geben. Mitarbeiter wollen sich in der Arbeit selbst verwirklichen -> ich gebe Ihnen Handlungsspielraum -> die Mitarbeiter lernen, diesen Spielraum zu nutzen -> voilà, Mitarbeiter agieren verantwortlich und kreativ! Es ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung (Pygmalion-Effekt).