„Haben Sie das Zeug zur Nummer eins?“ fragten manager magazin und XING großspurig-provozierend. Der Test soll verraten, „was Manager heute können müssen“ und wie es mit den eigenen Schlüsselqualifikationen steht. Über 140.000 Personen antworteten und bekamen (auf Wunsch) eine individuelle Auswertung dieses Tests. Die Gesamtergebnisse werden in der aktuellen Oktober-Ausgabe des manager magazin berichtet.
Headhunter von Russell Reynolds Associates haben festgelegt, welche Kompetenzen von den Führungskräften abgefragt werden und wie diese zu einem Profil verdichtet werden. Die Testfragen zielen auf die Kompetenzen:
- strategisch-konzeptionelle Kompetenz
- Führungskompetenz
- Umsetzungskompetenz und Zielorientierung
- Umgang mit Vielfalt / Diversity
- Umgang mit Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Komplexität
- Umgang mit Volatilität
Bemerkenswert erscheint mir, dass der Umgang mit Unsicherheit sich gleich in zwei Dimensionen widerspiegelt („Umgang mit Unsicherheit, Unübersichtlichkeit und Komplexität“ / „Umgang mit Volatilität“). Ich sehe da durchaus einen Trend. Als weiteren Trend mache ich aus, dass der Umgang mit Diversity (Vielfalt der Menschen) einen höheren Stellenwert erlangt. Bisher ist das eher ein Konzept, mit dem Personaler sich beschäftigen – in Zukunft ist es eine wichtige Führungskompetenz von Managern. Ich stelle fest: „Wir haben verstanden“. Die Zeit der eindimensionalen Chefs ist mittlerweile auch aus Sicht der Headhunter und Ihrer Beauftrager abgelaufen. Gefragt sind Führungskräfte, die mehrere Talente haben und sich in unterschiedlichen Situationen bewähren: Persönlichkeiten mit Soft Skills.
Einige Ergebnisse dieser Studie:
- Führungskräfte erreichen deutlich mehr Punkte als Nichtführungskräfte. Das wird vom manager magazin so interpretiert, dass die Chefs zu Recht Chef sind. Aber meiner Ansicht nach sind einige Fragen nur von Führungskräften sinnvoll zu beantworten, und solche Fragen können schon zu Unterschieden führen.
- Je höher das Gehalt, desto höher die Punktergebnisse im Test (wobei ab 100.000 EUR die Unterschiede minimal werden).
- Erfahrene Führungskräfte schneiden besser ab als Jungchefs. Allerdings nicht in den „neuen“ Kompetenzen „Diversity“ und Umgang mit Unsicherheit, da liegen die Altergruppen gleichauf.
- Führungskräfte aus Branchen, die mit komplexen Rahmenbedingungen zu tun haben, schneiden deutlich besser ab. Vorne liegen z.B. NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen), die Konsumgüter-Branche und die Autoindustrie. Auf den hinteren Plätzen finden sich Handel, Öffentliche Verwaltung, Bau.
Aufgrund meiner eigenen Auswertung kann ich folgenden Hinweise geben: Die Darstellung der Dimensionen ist transparent und scheint Sinn zu machen (die sog. Augenscheinvalidität). Als Gesamtzusammenfassung bekommt man noch ein Label aufgedrückt, etwa ob man ein „Sanierer“, „Visionär“ oder „Stratege“ ist. Dieses Label ist meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen, denn es trifft in meiner Auswertung nur bedingt zu (nicht weil ich mich anders sehe, sondern weil der Informationsverlust in dieser Komprimierung beträchtlich ist und Widersprüche zu den Einzelfragen auftreten). Es ist der Versuch, einen Typus in einem Wort zu beschreiben, und nicht mehr. Für Ihre eigene Interpretation lege ich Ihnen an Herz, sich vor allem die einzelnen Dimensionen anzusehen (und das Label zu vergessen).
Wer den Cheftest verpasst hat, kann den Test immer noch machen unter www.manager-magazin.de/cheftest