Obama beweist erneut seine Schlagfertigkeit:
„I got the sucker!“
Obama beweist erneut seine Schlagfertigkeit:
„I got the sucker!“
Barack Obama wurde vom TIME Magazin als „Person des Jahres 2008“ ausgezeichnet. Das ist nun wenig überraschend. Aber führen wir uns noch einmal vor Augen, wie unwahrscheinlich es schien, dass Obama zum Präsidenten der USA gewählt wird. Das TIME Magazin begründet die Wahl folgendermaßen:
„In einer der verrücktesten Wahlen der US-Geschichte hat er fehlende Erfahrung, einen komischen Namen, zwei Kandidaten, die politische Institutionen sind, und die Kluft zwischen den Rassen überwunden, um der 44. Präsident der Vereinigten Staaten zu werden.“
TIME Magazine
Obama hat das zum großen Teil seinen herausragenden kommunikatorischen Fähigkeiten zu verdanken. Als Beispiel sehen Sie hier die Rede von Obama am 24.7.2008 in Berlin:
Mit deutscher Übersetzung, Dauer 28:52
[Link entfernt – das Video steht leider im ARD YouTube Channel nicht mehr zur Verfügung]
Auf Englisch, Dauer 25:40
Nehmen wir an, Sie sind Führungskraft und wollen eine Rede halten. Hier sind einige Punkte, von denen wir anhand dieser Rede für die eigene Rhetorik lernen können (frei von rhetorischen Fachbegriffen!):
Ein für mich besonders auffälliges Merkmal dieser Rede besteht in der Herausstellung von Gemeinsamkeiten. Das ist eine machtvolle Art und Weise, eine tragfähige Basis zu schaffen für eigene Anliegen.
Sie können viel damit gewinnen, aber bitte verstehen Sie das nicht als eine Sammlung rein technischer rhetorischer Kniffe – sagen Sie nur das, was Sie ehrlich meinen und tun Sie nur das, womit Sie sich wohl fühlen. Obama wirkt bei allem sehr authentisch, bei ihm ist das echt und wahrhaftig. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Anerkennnung und Erfolg mit eigenen Reden!
Fasziniert blickten wir auf den Wahlkampf und die Wahl in den USA. Barack Obama euphorisiert die Menschen mit dem Versprechen der Veränderung (Change) und gibt ihnen Hoffnung (Hope) auf eine bessere Zukunft (Progress). Im Vergleich wirken deutsche Politiker langweilig.
Keiner unserer zeitgenösssichen Politiker kann es mit Obama aufnehmen, wie unterschiedliche Obama-Checks zeigen (z.B. MOPO, FTD). Was zeichnet Obama aus? Die FTD bewertet die Kriterien Charisma, Glaubwürdigkeit, Rhetorik, Change-Faktor. Die MOPO bewertet ganz ähnlich Charisma, Glaubwürdigkeit, Sprachgewalt, Visionen, Coolness (letzteres soll die Ausstrahluing auf die Jugend abbilden).
Einige Ergebnisse des Obama-Ckecks der FTD vom 11. November (möglich waren 5 Sterne pro Kriterium):
Charisma | Glaubwürdigkeit | Rhetorik | Change-Faktor | |
---|---|---|---|---|
Angela Merkel | 2 | 4 | 2 | 1 |
Frank Walter Steinmeier | 2 | 4 | 2 | 3 |
Franz Müntefering | 4 | 2 | 5 | 3 |
Oskar Lafontaine | 4 | 1 | 4 | 5 |
Guido Westerwelle | 2 | 2 | 5 | 2 |
Roland Koch | 1 | 1 | 5 | 0 |
Den MOPO-Check (mit anderer Zusammensetzung der bewerteten Politiker) gewinnen: Klaus Wowereit, Cem Özdemir, Christian Wulff. Diese haben auch die höchsten Charisma-Werte erhalten.
Können wir bald einen deutschen Obama erleben? Ich halte das für unwahrscheinlich: 1. Das Wahlvolk fürchtet sich vor Veränderung. Veränderung und Fortschritt werden hier nicht als Versprechen, sondern als Bedrohung wahrgenommen (die letzte erwähnenswerte Veränderung, die Agenda 2010, wurde gnadenlos von den Wählern bestraft). 2. Wer selbst Politiker ist, scheint keine Veranlassung zu sehen, etwas mehr Schwung in die Politik zu bringen: „Sie können Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen selbst mit langweiligen Spitzenfiguren bekommen“ (Joschka Fischer kürzlich im Deutschlandfunk). 3. Und dann war da noch der Hitler. Der war ja auch charismatisch. Und hat ja damals auch die Leute begeistert. Dieser Vergleich ist unfair, denn Charisma sagt noch nichts aus über Inhalte oder Werte. Aber der Wink mit dem „Hitler“ kann immer noch einschüchtern.
Mein Fazit: Politik ist nie rein rational, sondern immer auch sehr emotional, sowohl in den USA als auch in Deutschland. Aber in Deutschland scheinen negative Emotionen zu überwiegen – Krisengerede, Wut und Angst. In den USA überwiegen positive Emotionen – man blickt, trotz allem, optimistisch in die Zukunft.
Barack Obama ist der nächste Präsident der Vereinigten Staaten. Wie hat er das geschafft? Er ist Afro-Amerikaner, und bis kurz vor der Wahl hieß es immer noch, Amerika sei noch nicht reif genug für einen schwarzen Präsidenten. Er stammt aus eher bescheidenen Verhältnissen, nicht aus dem Establishment, was eigentlich als Voraussetzung für das Präsidentenamt galt. Wie konnte Obama so viele der als politisch desinteressiert geltenden Amerikaner zur Wahl bewegen?
Die gestrige Sendung* „Hart aber fair“ (Extra: Welcome, Mr. President) suchte nach Antworten. Unter anderem wurden in einem Beitrag zwei Grundsatzreden gegenüber gestellt (bzw. zusammengeschnitten): Die Grundsatzrede von Frank Walter Steinmeier (von der Redaktion als repräsentativ gedacht für die deutsche Politik), und die Grundsatzrede von Barack Obama. Die Unterschiede sind auffällig. 1. Die Rhetorik: Steinmeier nüchtern, Obama visionär. 2. Die Emotionen: Die SPD-Delegierten applaudieren verhalten, die Obama-Anhänger jubeln, mit Freudenträne im Knopfloch.
„Was können wir von Amerika lernen?“ fragte Moderator Frank Plasberg, und gab gleich selbst die Antwort: „Begeisterung können wir lernen“.
Man könnte meinen, hierzulande gibt es durch die Bank nur einen rhetorischen Stil: Das Überzeugen. Immer sachlich, immer argumentativ. Das ist auch oft der passende Stil, aber in vielen Situationen funktioniert das nicht, und man kommt nur mit anderen Kommunikationsstilen weiter – oder schneller zum Ziel. Die SPD hatte in der 70ern sogar mal ein Programm in’s Leben gerufen, das die Politik sachlicher machen sollte. Die haben es später aufgegeben. Argumente können durchaus überzeugend sein, aber Argumente mobilisieren nicht. Die Menschen wollen nämlich wissen, wo die Reise hingeht, schon bevor sie sich mit Argumenten auseinander setzen. Wie sieht der Zielzustand aus? Welche Vision wird geboten? Um überhaupt den Stein in’s Rollen zu bringen, braucht es erstmal eine Vision, die die Menschen mobilisiert.
Obama kann begeistern. Und das bedeutet nicht, dass er ein ganz besonders emotionaler Typ ist. Im Gegenteil, er wird als sehr rational, analytisch und beherrscht beschrieben. Dieser Stil wurde ihm zu Beginn des Wahlkampfes sogar zum Vorwurf gemacht, hat sich dann aber als Stärke erwiesen. Er ist also eher ein kühler Kopf, er wirkt authentisch, er wirkt charismatisch, und er beherrscht die Kommunikation des Begeisterns. Das ist das Profil eines Siegers.
* Abrufbar im WebTV Archiv von hartaberfair (Extra: Welcome, Mr. President)
Gerade entdeckt – über weitere Erfolgsfaktoren schreibt Roland Kopp-Wichmann: Was männliche Führungskräfte von Obama lernen können