2009 fand sich Michael Lindstrom auf der Liste 100 des Time Magazine – The most influential people – nebst Barack Obama, Werner Herzog und Bernie Madoff wieder. Er hatte ein Jahr zuvor das Buch „Buyology“ verfasst – warum wir kaufen, was wir kaufen – und machte Furore, weil er während unseres Kaufverhaltens in unser Gehirn geschaut hat.
Jetzt ist beim Campus Verlag sein neues Buch „Brand Sense“ erschienen. Es beschäftigt sich mit Marken, deren emotionale Wirkung und unseren Sinnen. Die Kernaussage des Buches ist: „Marken müssen über alle Sinnenskanäle kommunizieren, um in unserer so hektischen und reizüberfluteten Zeit Erfolg zu haben.“ Lindstrom nennt das sensorisches Erschließen.
Zunächst könnte man das Buch unter dem Blickwinkel lesen, dass dies eine Bewerbung oder zumindest eine Bedarfsweckung für Unternehmen ist, die noch ein hohes sensorisches Erschließungspotential haben (Herr ikea, rufen Sie doch mal beim Herrn Lindstrom an!). Aber man verdirbt sich ja selbst die Laune, wenn man dem Autoren ausschließlich Eigennutz und neue Vertriebsmöglichkeiten als Triebfeder des Buches unterstellt.
Also sollten wir es lesen, wie wenn ein guter Freund, der viel weiß, uns etwas von Marken und Sinnen erzählt. Und das macht er toll. Ein anschauliches Beispiel nach dem anderen präsentiert er dem aufmerksamen Leser. Es wimmelt nur so vor Apple, Starbucks, Mercedes-Benz, Harley Davidson und Kellogg‘s. Beispiele gefällig auf welche Art und Weise Marken in unser Gehirn kriechen und was sie hinterlassen sollen?
Beispiel Hören: Mercedes Benz hatte eine eigene Abteilung, die sich mit dem Klang des Zuschlagens der Tür beschäftigte. Der Klang sollte eine Assoziation mit „hochwertig“ erzeugen.
Beispiel Schmecken / Tasten / Hören: Kellogg‘s Cornflakes haben einen wiedererkennbaren Biss. Das „Crunchgeräusch“ soll beim Kauen direkt mit Kellogg’s assoziiert werden.
Beispiel Riechen: In Toys R Us Märkten sprühen feine Pumpen den Duft von der Spielknete Play Doh in die Atmosphäre, so dass der Verkauf angekurbelt wird.
Das alles garniert Lindstrom mit Bildungsbürgerblüten. Ethnologische Einsichten über afrikanische Stämme erläutern die Wichtigkeiten der Nase, Sokrates kommt zu Wort so wie der Biologe und Anthropologe Lyall Watson und Napoleon und so viele andere, die etwas über Sinne und Marken beitragen können.
Eine weitere Zutat des Buches sind Studien, die sich locker und leicht erzählen lassen. Der Anblick einer türkisfarbenen Tiffany-Schachtel lässt Frauen Herzen 22 Prozent schneller schlagen oder 84 % der Amerikaner assoziieren Männlichkeit mit Gilette.
Kernaussage, Beispiele und Studien fügen sich zu einem echten frühlingshaften Lese-spaß zusammen. Über welche Sinne auch immer Sie das Buch aufnehmen.