„Authentizität und Phantasie sind in dieser Stadt enge Gefährten“ schreibt die Washington Post über die zurzeit geschlossene Hauptstadt der USA. Genial, oder? Höre ich über Authentizität oder authentische Führung, so fallen mir Integrität, Einfluss, Impact, Transformation und all das ein. Und dann in der Stadt, in der die Führung zu Hause ist, genau da – und jetzt verlassen wir uns nur auf die kleine Quelle der Washington Post – genau da ist das Authentische verknüpft mit der Phantasie.
Der Wunsch wohnt ja inne, wenn ich authentisch bin, dann bin ich nah an einem Idealbild, ich meistere die Dinge souverän, bin charmant, finde in den richtigen Momenten die richtigen Worte. Wenn das nicht funktioniert und die Realität lehrt uns, Freund da gibt es Grenzen, blüht die Phantasie. Horvath würde seufzen: „Ich bin eigentlich ganz anders, aber ich komme nur so selten dazu.”
Wer gar nicht mehr dazu kommt, jemand Integres, Echtes, Respektables zu sein, aber mit einer emotionalen Kampagne nach der anderen nach Respect und Fair Play schreit sind die internationalen Fußballverbände. Wäre die FIFA ein Mensch dann wäre er ein träger, fetter, alter Mann, der zu viel isst und trinkt, der schreit, er sei so authentisch, und dann muss er doch wegen multipler psychischer Krankheiten mit starken Medikamenten behandelt werden. Wenn ich nicht das bin, was ich die ganze Zeit vorgebe zu sein, dann verschiebt sich die Seele übel, mein lieber Herr FIFA.
Und natürlich ist es langweilig, die FIFA zu kritisieren; in jedem Artikel, den man über sie liest quellen die Wörter „Korruption” und „Ausverkauf des Fußballs” aus den Rändern der Zeitung über. Aber wer sich der Verantwortung entziehen will, wenn Menschen im 21. Jahrhundert beim Bau der Fußballstadien für eine FIFA Veranstaltung wie Sklaven behandelt werden und dabei zahlreiche Todesfälle zu bedauern sind, der dürfte nie wieder Slogans wie „My game is Fair play“ oder „Say no to racism“ in den Mund nehmen.
Wirklich krank die Verdrehung von Wirklichkeit und Marketingkampagnen. Will der DFB raus aus der Slogan- und Floskel-Falle und authentische Führung beweisen, würde er – auch zur Sicherung des wertorientierten Fußballs – sagen, „ach wisst ihr was FIFA, uns ist es egal, ob die WM im Sommer oder Winter stattfindet, bei so einer Schande wollen wir gar nicht mitmachen.“
Aber wahrscheinlich sind auch hier Authentizität und Phantasie enge Gefährten.