Der Mannheimer Stadtteil Waldhof war einst Fußballdeutschland bekannt wegen der kompromisslosen Vorstopperschule der Marke Förster, Kohler oder Wörns. Heute spielt der SV Waldhof in der Oberliga und Vorstopper heißen jetzt bestenfalls Innenverteidiger. Trotzdem ist der rustikale Stadtteil, in dem es Straßennamen wie „Zäher Wille“, „Große Ausdauer“ oder „Starke Hoffnung“ gibt, dank der Könige des E-Mail-Weiterleitens wieder in aller Munde (jedenfalls beim Nachahmen des Dialektes).
Frau Zehnbauer, wohnhaft in der oberen Riedstraße, rief vor drei Jahren bei der Polizei an, um eine Ruhestörung ihres Nachbarn Herr Ellenberger zu melden. Auf noch unbekannte Weise ist dieser Anruf nun im Internet gelandet und erfreut sich größter Beliebtheit.
Nun liest man, dass von verantwortlicher Seite mit dem Polizisten ein klärendes Gespräch geführt wurde. Es stellt sich die Frage: Warum? Aus kommunikativer Sicht macht der Polizist fast alles richtig.
Er entschärft die Situation mit paradoxen Interventionen („Hawwe‘ Se die Zäh hause, odda was?“) und selbst als Frau Zehnbauer mit ionescohaften Monty Python Absurdität antwortet „Ich hab schlechde Empfoang!“, reagiert unser Polizist ganz richtig mit aktiven Zuhören und wiederholt: „Schlechter Empfang“. So passt er sich auch dem einschlägigen Vokabular der Frau Zehnbauer an, wenn er nach dem Namen des Nachbarn fragt und er lockert die temperamentvolle Situation mit Humor auf („Appartement!“). Auch in der emotionalsten Passage, wenn Frau Zehnbauer ankündigt dem Nachbarn „in sei dreckiges Maul“ zu boxen, bleibt er die Ruhe selbst und antwortet: „Kää Problem, hajo, mir kumme dann!“ und bringt das Gespräch wieder auf eine sachliche Ebene, in dem er es mit einer offenen Frage steuert.
Der einzige Grund aus kommunikativer Sicht, warum ein klärendes Gespräch mit ihm stattfinden sollte, ist, dass man auch zu seinen Worten stehen muss. Angeblich kam an diesem Abend kein Polizist mehr vorbei.