Hier Dein Feedback, Du Schwein!

schwein-small.jpg Ein Lastwagenfahrer wurde von seinem Chef 3 Tage bei der Arbeit begleitet. Der Chef war wohl von dem Fahrstil des Fahrers alles andere als begeistert. Also meldet er sein Empfinden zurück und sagte dem Fahrer, er fahre wie ein Schwein. Es muss eins zum anderen gekommen sein und der Fahrer wurde krank, so dessen Aussage wieder, aufgrund der „Schikanen“ des Chefs. Der Fahrer zog jetzt vor die Gerichte, weil er sich als Mobbing-Opfer fühlte.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg entschied wie die vorherigen Instanzen auch, dass die Kritik noch zulässig war und in diesem Falle kein Mobbing vorlag. Interessant ist dabei der „juristische Fachbegriff“ „Kritik“ der Arbeitsrechtler. Wir nennen es Feedback.

Richtig Feedback geben ist ja auch ein typischer Bestandteil der Kommunikationstrainings. Und was lernt man da? Beispielsweise die griffige Formel der 3-W: Wahrnehmung, Wirkung und Wunsch. Die Wahrnehmung ist die Beschreibung dessen, was der Feedback-Geber selbst erlebt hat. Dann soll er beschreiben, welche Wirkung es auf ihn hat („das nervt mich“) und der Wunsch ist der konstruktive Bestandteil, was soll beibehalten bzw. verändert werden.

Für unseren Fuhrunternehmer von oben, hieße das, dass ein Feedback nach den Regeln so ausgesehen hätte: „Ich nehme wahr, dass das Auto stets schnell beschleunigt und scharf abgebremst wird und darüber hinaus nehme ich ein „Grummeln“ in meinem Magen wahr. Das wirkt auf mich so, dass ich mich frage, wo haben Sie denn Ihren Führerschein her, ich wünschte mir, dass Sie gleichmäßig beschleunigen, vorausschauend fahren und sich dabei an die Straßenverkehrsordnung halten.“

Ui, und da wären wir bei einem ganz anderem Problem von kommunikativen Verhalten. Authentisch muss es sein. Es hilft halt nichts im Arbeitsalltag (und erst recht nicht in einem Fuhrunternehmen, von dem man annehmen kann, dass es auch schon mal deftig und derb zugehen kann), nette Regeln aufzusagen, so dass man sich doch eher der Gefahr aussetzt wie ein weltfremder Esoteriker oder gar wie Rainer Langhans zu wirken. Vielmehr muss der Feedbackgeber mit seiner Sprache sprechen und seinem Umfeld natürlich angemessen. Für den vorliegenden Fall hätte wohl eine formuliert in einer Bitte weit mehr gebracht: „Bitte Fahren Sie vorausschauend und gemäß der Straßenverkehrsordnung!“

Arschloch-Alarm

Der Arschloch-FaktorRobert Sutton von der Stanford University hat einen Schlag von Vorgesetzten beschrieben, die er schlicht und einfach „Arschlöcher“ nennt. Sein Buch heißt “Der Arschloch-Faktor. Vom geschickten Umgang mit Aufschneidern, Intriganten und Despoten im Unternehmen” („The No Asshole Rule: Building a Civilized Workplace and Surviving One That Isn’t“). Eine hervorragende Zusammenfassung findet sich hier (in Englisch). Ein Auszug auf Deutsch findet sich hier.

Warum „Arschloch“? Warum diese drastische Sprache? Der Autor erklärt auf seinem Blog, warum: Der Begriff ist authentisch (das erste, was ihm einfällt, wenn er eines sieht), verständlich (jeder weiß, was gemeint ist), und angemessen:

„I believe that – in terms of both descriptive and emotional accuracy – other words are simply inferior for describing how persistently demeaning people act and, especially, the feelings they unleash in their victims.“

Wo er Recht hat, hat er Recht. Erst letzte Woche Freitag erschien ein Beitrag in der FTD-Beilage „Business Education“, in welchem unter dem Titel „Mit Leidenschaft fies“ die unheilvollen Auswirkungen der Arschlöcher im Unternehmen beschrieben wurden (steht für Abonnenten kostenfrei zum Download bereit).

Wer gehört nun zur Spezies Arschloch? Sutton listet ein „dreckiges Dutzend“ Erkennungsmerkmale:

1. persönliche Beleidigungen
2. Verletzung der Privatsphäre
3. unaufgeforderter körperlicher Kontakt
4. verbale und nonverbale Drohgebärden und Einschüchterungen
5. als sarkastische Witze und Hänseleien getarnte Beleidigungen
6. E-Mail-Hassattacken
7. Angriffe auf den Status des Opfers
8. öffentliche Demütigungen, auf Statusminderung abzielende Rituale
9. rüdes Unterbrechen
10. janusköpfige Attacken
11. bewusstes Anstarren
12. Leute wie Luft behandeln

Wenn man ein Arschloch ist, so Sutton, kann man das ändern, wenn man will. Sutton gibt Hinweise, wie das eigene Verhalten modifiziert werden kann. Das Arschloch ist keine feststehende Persönlichkeitsstruktur, sondern ein Verhaltensmuster (und wohl jeder hat sich schon mal anderen gegenüber schlecht aufgeführt). Es gibt also keine Entschuldigung mehr für Arschlöcher nach dem Motto „so bin ich eben“.

Die meisten Arschlöcher werden sich aber nicht ändern. Und jeder kennt solche Arschlöcher, also was kann man tun? Hier die Überlebensregeln:

  • Reframing: Die Dinge anders sehen (Umdeuten)
  • Auf das Beste hoffen, das Schimmste erwarten (Aushalten)
  • Indifferenz und emotionale Distanz entwickeln („mir egal“)
  • Kleine Erfolge suchen (Dinge, die unter eigener Kontrolle stehen)
  • Den Kontakt begrenzen (weniger Angriffsmöglichkeiten bieten)
  • Refugien der Sicherheit, Unterstützung und geistigen Gesundheit schaffen (positive Kontakte suchen und aufbauen)
  • Die richtigen kleinen Schlachten schlagen und gewinnen (sanfte Umerziehung)

Und zum guten Schluss: Die Arschloch-Umgebung verlassen.

„Indifferenz und emotionale Distanz entwickeln“ klingt für mich wie Innere Kündigung, aber wir sollten bedenken, hier geht es um feindselige Umgebungen und Arschlöcher, die die Macht haben. Da ist es eben wichtig, die eigene Gesundheit zu schützen.

Dennoch, die von Sutton empfohlenen Verhaltensweisen sind ziemlich defensiv (Umdeutung, Rückzug). Ich sehe auf der kommunikativen Ebene mehr Möglichkeiten, z.B. Grenzen aufzeigen. Der passende Stil dafür wäre das Durchsetzen (Hinweise dazu in diesem Beitrag). Das mag mehr Mut erfordern und ich sage nicht, dass das einfach ist, aber ein selbstbewusstes klares Wort (ohne Gegenaggression) kann hier Wunder wirken.

Wenn Sie kein Arschloch sind: Gehen Sie Arschlöchern aus dem Weg.
Wenn Sie ein Arschloch sind: Zu erkennen, dass man ein Arschloch ist, ist der 1. Schritt!