Ach Amerika, was können wir alles von Dir lernen? Zum Beispiel wie Du aus einem Turnschuh mit einem Materialwert von 8 € mittels Marketing 140 € erzielst und wie Du mit der Idee mp3 wirklich Geld verdienst. Und jetzt dürfen wir wieder lernen, wie wir konfrontatives Feedback einsetzen, um Karrieren positiv zu gestalten.
Aber der Reihe nach: Kim Scott war Mitarbeiterin von der google Topmanagerin Sheryl Sandberg, die mit ihrem Buch „Lean in“ reüssierte. Kim Scott hatte einen Vortrag bei den CEOs von google, in dem sie über ihre Erfolge berichtete. Larry Page und Eric Schmidt waren außer sich vor Freude (Selbstauskunft: Kim Scott) und fragten, welche Ressourcen, liebe Kim, können wir dir noch geben, damit der Erfolg mit deinem Projekt einfach so weitergeht.
Kim war stolz und glücklich nach dem Meeting, dem auch Sheryl Sandberg beiwohnte. Sheryl gab ihr Feedback. Zunächst zu den tollen Ergebnissen, dann auch etwas, was Kim verbessern könne: „Du benutzt sehr viel ähs während deinem Vortrag.“ Puh, das war zunächst eine Erleichterung für Kim. Sie spielte das Feedback herunter. Was sind die paar ähs gegenüber dem ausschweifenden Lob von Larry und Eric.
Als Sandberg sah, dass ihr Feedback nicht bei ihrer Mitarbeiterin ankam, schaltete sie einen Gang höher und sagte: „Wenn jedes dritte Wort von dir ähm ist, dann klingt das dumm.“
Bumm, das hat gesessen. Jetzt war die Aufmerksamkeit da und Kim hatte etwas zu knabbern. Und wenn man den Geschichten aus dem Silicon Valley glauben darf, liefen eine Heerschar an Sprachtrainerin und Kommunikationspsychologen bei Kim Scott auf und halfen ihr, dass sie heute die Vorträge so einwadfrei ohne „Äh“-Unterbrechung durchziehen kann, wie wir es unten im Video sehen dürfen.
Diese Art von Feedback nennt Kim Scott nun Radical Candor (Radikale Aufrichtigkeit). Wichtig ist, dass a) eine direkte Konfrontation stattfindet und b) eine persönliche Anteilnahme des Feedbackgebers für die Weiterentwicklung des Feedbacknehmers vorhanden ist.
Aus diesen Prämissen entsteht sogleich ein 4-Felder Schema:
Die anderen Felder lassen sich wie folgt erklären.
Hohe Direkte Konfrontation und wenig Persönliche Anteilnahme führt zur Unausstehlichen Aggression. Der vermeintliche Feedbackgeber ist auf Krawall gebürstet und verletzend, ein offener Aggressor.
Wenig Direkte Konfrontation und wenig Persönliche Anteilnahme führt zur Manipulativen Unaufrichtigkeit. Hier haben wir jemanden, der hintenherum, verdeckt der anderen Person Schaden zufügt. Beispielsweise werden relevante Informationen nicht weitergeben oder es wird in Abwesenheit schlecht über die Person gesprochen. Solche Verhaltensweisen verursachen sogenannte „kalte Konflikte“.
Wenig Direkte Konfrontation und hohe Persönliche Anteilnahme führt zur Schädlichen Empathie. Hier ist dem vermeintlichen Feedbackgeber ein anderer Mensch wichtig, aber der Feedbackgeber hat nicht den Mut, die Person zu konfrontieren, aus Angst, er könnte sie verletzen. So erfährt die Person nicht, in welchen Verhaltensweisen sie sich weiterentwickeln kann, und fährt womöglich mit ihrem beschränkten Repertoire an Verhaltensweisen irgendwann einmal gegen die Wand.
Der Königsweg – laut Scott – ist hohe „Direkte Konfrontation“ und hohe „Persönliche Anteilnahme“: Die Radikale Aufrichtigkeit.
Doch sehen und staunen Sie selbst: