Eine sehr schöne Szene der Filmgeschichte stammt aus dem Film Der Stadtneurotiker vom Jahr 1977. Alvy Singer alias Woody Allen wartet in der Kinoschlange mit Diane Keaton. Hinter ihm ein Besserwisser-Schwall eines Dozenten der Columbia University über den Philosophen Marshall McLuhan. Davon genervt, kommt Singer in einen Disput mit dem Mann in der Schlange:
Man in Theatre Line: It just so happens I teach a class at Columbia called „TV, Media and Culture.“ So I think my insights into Mr. McLuhan, well, have a great deal of validity!
Alvy Singer: Oh, do ya? Well, that’s funny, because I happen to have Mr. McLuhan right here, so, so, yeah, just let me… [pulls McLuhan out from behind a nearby poster]… Come over here for a second… tell him!
Marshall McLuhan: I heard what you were saying! You know nothing of my work!…How you got to teach a course in anything is totally amazing!
Alvy Singer: Boy, if life were only like this!
33 Jahre später ist das Leben ein wenig so. Wir können zwar nicht echte Personen herbeizaubern, die als Zeugen für unsere Meinungen und Aussagen auftreten, aber das Smartphone und sämtliche Apps werden als Mittel gegen Besserwisserei eingesetzt. Sämtliche Stammtischstreitigkeiten werden jetzt jäh beendet: „Wenn ich Dir es sage, die Schande von Gijón endete 0 zu 0!“ – „Hm, ok Du bringst das mit einem unglaublichen Verve vor, so dass man Dir schon glauben könnte, aber lass erst mal sehen, was Wikipanion dazu sagt […] Ah, da steht, dass Horst Hrubesch den einzigen Treffer in der 11. Minute erzielte und Deutschland mit 1 zu 0 gewann…“
Ist das „Gewusst-wie-ich-suchen-muss“ im Smartphone ein eigener Skill oder macht uns die intuitive Führung durch die Minicomputer alles so leicht, dass Menschen hier keine unterschiedliche Fähigkeit entwickeln. Ist es dann das Ausmaß des Interesses an unnützen und nutzvollen Wissen, dass das ausgelagerte Gedächtnis mehr oder weniger beansprucht? Wird unser outgesourcestes Gedächtnis veröden?
Ein Skill wird bleiben. Wie setze ich die stets verfügbaren Informationen zusammen und entwickle daraus neue Gedanken. Es sei denn der Gedanke ist schon irgendwo geposted. Gleich mal nachschauen…
Das Gehirn kann man auch für komplexere Dinge gebrauchen, als es zur Speicherung von Faktenwissen zu verwenden. Die Mathematik und Informatik verkamen ja auch nicht durch die Einführung des Taschenrechners oder hochentwickelter Programmiersprachen.
Grossartige Szene mit dem einzigartigen Woody Allen. Ich habe mich auch schon mehrfach ertappt, wie ich die Besserwisser kurzerhand mit Hilfe meines iPhone ausgeknipst und zum Schweigen gebracht habe. Ich bin froh drum, um den fundierten smalltalk, so überlegen die Leute (ich schliesse mich durchaus ein) vorher, was sie so von sich geben…