Change Management ist in aller Munde. Wir unterhalten uns mit dem Experten für Change-Prozesse, Diplom-Psychologe und Management-Coach Bernhard Schulwitz. Bernhard Schulwitz berät Führungskräfte und Leistungssportler zu Themen wie „Motivation“ „Veränderung“ und „mentale Stärke“. Außerdem arbeitet er nach seinem „persönlichen Change“ seit 2014 auch als Psychotherapeut und behandelt Manager und andere Personen mit Anpassungs- und Angststörungen, somatoformen und anderen psychischen Erkrankungen erfolgreich; seit 2016 in der Privatklinik Via-Mentis in Düsseldorf.
Herr Schulwitz, wie definieren Sie Change?
Change ist die in jedem Menschen vorhandene Fähigkeit, sein Potenzial auszuschöpfen, sich auf Veränderungen im Außen und im Innen einzustellen und seine persönlichen Ziele als Mensch sowie auch berufliche oder sportliche Ziele zu erreichen; zum Beispiel „Olympiasieger im Fechten“ zu werden oder „Vorstand in einem Dax-Unternehmen“.
Das hört sich nach „alles ist möglich“ an.
Das ist es auch; nur meistens sind die Ziele anders ausgelegt. Die meisten Menschen wollen ein normales glückliches Leben führen mit Familie, Urlaub und Zufriedenheit.
Wie kommt jetzt Change ins Spiel?
Change ist normal, gehört einfach zum Leben dazu und kann – insbesondere bei grundlegenden Veränderungsprozessen – ich sage lieber „Weiter-Entwicklungsprozessen“ verschiedene Ursachen haben. „Veränderungen im Außen“ und „das falsche Leben“, so kann man es nennen, sind die häufigsten Ursachen.
Erläutern Sie dies bitte genauer.
Veränderungen werden häufig dadurch ausgelöst, dass Faktoren, die vorher verlässlich waren, wegbrechen; zum Beispiel: „Umzug des Arbeitgebers von Köln nach Ungarn“ oder „der Hauptkunde orientiert sich anderweitig“. Andere Gründe sind:
„Neue Technologien, die bisherige Produkte wertlos machen“, „Veränderungen in der Umwelt“, „politische Ereignisse“ oder „die Stammkneipe an der Ecke macht zu“. Dies alles und die Zusammenhänge kann man in der Zeitung lesen.
In der Regel sind diese Ereignisse aber nur die Auslöser, die Menschen dazu bringen, sich mit den eigenen Lebenszielen und Werten ernsthaft auseinander zu setzen. Denn dass Rahmenbedingungen sich ändern und man darauf vorbereitet sein muss, ist altbekannt und nichts neues.
Das spannende liegt in der Auseinandersetzung mit sich selbst.
Wie meinen Sie das?
Die Frage, was ist für mein Leben wichtig, ist für jeden Menschen – bewusst oder unbewusst – elementar und die Beantwortung kann schwierig oder auch einfach sein. Auf jeden Fall wird Stärke und Energie freigesetzt, wenn Antworten da sind. Eigene Ressourcen werden entdeckt, bedeutsame Lebensereignisse oder wichtige Menschen.
Die Lösungen sind immer da; sie zu sehen und den Mut zu haben, sein Handeln daran zu orientieren; das ist die Aufgabe.
Die Lösungen sind immer da. Was heisst das?
Für jedes Problem gibt es mindestens eine Lösung. Der Fokus sollte darauf gerichtet werden, diese zu finden. Nur ein kleines Beispiel: nach meinem Studium habe ich versucht, meinem damaligen Ziel „Personalentwickler zu werden“ näher zu kommen, war anfangs aber nicht erfolgreich mit meinen Bewerbungen. Die gedankliche Auseinandersetzung, mit dem was verändert werden musste, war hilfreich, reichte aber noch nicht aus, den Traumjob zu finden. Auf einer Wanderung in Südtirol kam die Lösung. Das Bild, die Idee war schon in meinem Inneren. Es zu sehen, zu fassen und zu benennen, das war die Kunst. Danach die Idee umzusetzen, war vergleichsweise einfach.
In der Psychologie heisst dieses Phänomen „priming“. In unserem Gehirn gibt es Wissen, Erfahrungen und Ressourcen. Dies alles ist abgespeichert, manchmal aber nicht miteinander verbunden und so nicht abrufbar.
Durch gezielte mentale Prozesse kann die Fähigkeit, dieses Wissen abzurufen, verbessert werden und man ist in schwierigen Situationen schneller, leistungsfähiger und besser. Spitzensportler trainieren dies gezielt. Die Fähigkeit, sein Potenzial abzurufen, wenn es darauf ankommt. So schießt Christiano Ronaldo mehr als 100 Tore in der Champions League oder gewinnt Roger Federer als 35-jähriger das Grand Slam Finale in Australien. Man spricht von „antizipieren“; richtiger ist: es ist schon viele Male vorgedacht – der Fokus geht auf die eigenen Stärken, die Polung ist positiv und auf Handeln ausgerichtet. So sind Chancen und richtige Handlungsweisen leichter erkennbar oder – im sportlichen Bereich – entscheidende Bewegungsabläufe im richtigen Moment ausführbar. Lernen kann das jeder; jede Führungskraft, jeder Verkäufer, jeder der etwas für sich erreichen möchte.
Vielen Dank Herr Schulwitz.