An die Wand geworfen

An die Wand geworfenIch halte das neue Buch von Gerriet Danz und Tim Wilberg in den Händen und lese „An die Wand geworfen: Die lustigsten Powerpoint-Präsentationen von Angela Merkel bis zum Weihnachtsmann.

Zwei Gedanken schießen gleichzeitig durch meinen  Kopf:

1.    Humor und Kommunikations-Trainer ist doch so anstrengend wie Humor und Arzt und wie Humor und Physiker und wie Humor und Comedian.
2.    Gott sei Dank, nicht das X. Ratgeberbuch zum Präsentieren

Also lese ich das Buch, um die spontanen Gedanken zu verifizieren.

Zu 1. Klar ist das lustig, wenn Trapattonis legendäre Rede „Flasche leer“ als Powerpoint Präsentation dargestellt wird  oder eine 8-jährige ihrem Vater mit Slides klarmacht, warum sie zwei Kugeln Eis will. Aber viel spannender ist es, die Vor- und Nachteile von  Powerpoint zu erkennen, wenn bekannte Szenarien,  Reden und Ereignisse in die Präsentationssoftware-Sprache übersetzt werden. Wie hätte Einstein die Relativitätstheorie 1915 seinen Zuschauern mit Powerpoint präsentiert oder Jesus im Jahre 31 die Bergpredigt.

Zu 2. Tatsächlich kein neues Ratgeber-Präsentationsbuch, in dem etwas über Schriftgröße, Anzahl der Wörter auf einer Slide und aussagekräftige Bilder steht. Und tatsächlich gibt es bei Amazon unter der Rubrik Bücher 113 Treffer zu dem Begriff „Präsentationstechniken“. Erkenntnisse gibt es in dem Buch „An die Wand geworfen“ aufgrund anschaulicher Beispiele beschwingt durch eine einfache, aber geniale Grundidee: Wie sähe die Powerpoint Präsentation von bekannten Szenarien aus. Ein schöner Weg zu lernen.

Dazu noch das Beste Vorwort seit Jahren. Lebendig, vergnüglich  und aussagestark. So wie das gesamte Buch.

Interview mit Gerriet Danz

gerriet_portrait1Das Buch Neu Präsentieren haben wir hier bereits vorgestellt. Jetzt sagt der Autor Gerriet Danz in unserem Interview selbst ein paar Takte dazu:

Herr Danz, in Ihrem Buch wenden Sie die Methoden der Werbung auf Präsentationen an. Was können die Präsentatoren damit verbessern?

In Präsentationen erlebt man oft, dass zwar in aller Ausführlichkeit informiert wird, aber nicht überzeugt. Argumente, Produkteigenschaften werden übermittelt, aber nicht verkauft. Da geht es eher um ein Thema, als um eine Botschaft. Wenn man sich auf die Werbung an sich und ihre Methoden besinnt, dann gerät man automatisch in einen anderen Modus. Man kann fast sagen, da wird ein Schalter umgelegt. Und urplötzlich wird nicht mehr nur sachlich gesendet, sondern inspiriert, motiviert, verkauft – eben: Um die Gunst des Publikums „geworben“. Der Vergleich Richtung Werbung und die Übertragung von Techniken aus Werbekampagnen sind also eine Art Navi, das Sie automatisch dorthin führt. Wie ein Werbemensch sollte sich auch ein Präsentator vorher sehr genau überlegen, wer seine Zielgruppe ist, welchen Nutzen das Publikum durch die Präsentation hat, und was das Angebot besonders und einzigartig macht.

Welche der Werbemethoden ist die, die den schnellsten positiven Effekt erzielen kann und warum?

Das kann man so generell nicht sagen – das kommt erstens auf das individuelle Ziel an, das jede Präsentation in unterschiedlicher Form hat. Und natürlich auch auf den Präsentator selbst, zu dem die eine Technik vielleicht besser passt als eine andere. Aber klar ist eines: Immer dann, wenn ein Bild in den Köpfen der Menschen produziert wird, wird dort Aufmerksamkeit erzeugt. Aus meiner Erfahrung kann ich aber sagen, dass das Erzählen von Geschichten für magische Momente und eine hohe Aufmerksamkeit im Raum sorgt. Und wenn diese Stories dann auch noch zum Beispiel mit dreidimensionalen Objekten unterstützt werden, die Sie hochhalten, dann ist das gleichermaßen ein Hingucker und Hinhörer.

Sie haben die KREATORIK© entwickelt. Können Sie uns kurz darstellen, was das ist?

Die KREATORIK© ist eine Kreativitätstechnik. Bestimmt kennen Sie das Brainstorming – das ist die wohl häufig genutzte Kreativitätstechnik von über 100 erforschten – und übrigens schon 80 Jahre alt. Bei jeder dieser Techniken geht es darum, das Hirn zu reizen, damit es querdenken kann, über den Tellerrand hinaus, um auf neue Ideen zu kommen. Beim Brainstorming funktioniert das so, dass ein Teammitglied etwas äußert, was bei mir eine Assoziationskette auslöst. Also sagen wir mal, sie haben eine Idee mit einem Blumenstrauß und das Wort „Strauß“ reizt mein Hirn zu einer Idee mit einer „Straußen“-Farm in Australien. Die KREATORIK© ist auch eine Kreativitätstechnik – allerdings ausschließlich für Präsentatoren. Das heißt, sie versetzt Sie in die Lage, kreative Präsentationsideen zu entwickeln, die sie in Ihrem Vortrag nutzen können. Der Reiz hierbei wird durch eine Fragetechnik ausgelöst. Das heißt, ich frage mich etwas oder hinterfrage etwas – und löse damit in meinem Hirn einen Antwortreflex aus und – peng – habe ich eine Idee. Das ist extrem einfach zu lernen und sehr leicht anwendbar, was mir die Teilnehmer meiner Seminare immer wieder bestätigen.

Welche Idee aus Ihrem Buch gefällt Ihnen am Besten?

In meinem Buch habe ich 30 Präsentationsideen zu den wichtigsten Businessideen aufgeschrieben – so, dass Sie sie gleich nutzen können, aber auch als Beispiele für kreatives Präsentieren. Meine Lieblingsideen haben immer mit Interaktion zu tun, ich beteilige die Menschen also am Vortrag. Denn das ist eine supersichere Sache, um ein Publikum bei Laune zu halten. Wenn es zum Beispiel um das Thema Kreativität geht, könnten Sie so vorgehen: Bitten Sie einige Zuschauer, einmal das Jackett auszuziehen. Dann bitten Sie sie, ihre Jacken wieder anzuziehen – allerdings anders als sonst. Die meisten Menschen werden zunächst in den rechten Ärmel schlüpfen, dann in den linken. Wenn man dies anders herum macht, ist das ein ganz seltsames, ungewohntes Gefühl. Der Link zum Thema ist, dass ein Innovator Dinge komplett anders machen muss, als er oder sie das bisher getan hat. Das fühlt sich vielleicht ungewohnt hat, eröffnet aber neue Wege und bildet neue Nervenbahnen im Hirn. Der Vorteil bei dieser interaktiven Form ist, dass das Publikum nicht einfach nur hört, was ich meine. Sondern es selbst erlebt – extrem überzeugend!

Was können Präsentatoren noch über das Buch hinaus in Ihren Seminaren erleben und erlernen?

Ein Buch ist ein Buch. Ein Seminar ist ein Seminar. Das Buch inspiriert, bringt sie auf neue Gedanken und kann sogar – so die Meinung vieler Leser – Glaubenssätze in Sachen Präsentieren ändern. Aber das macht sie noch nicht zu einem besseren Präsentator. In meinen Seminaren wird dies praktisch umgesetzt, ausprobiert. Jeder findet dabei seinen eigenen Weg. Nicht jede kreative Idee muss automatisch zu Ihnen passen. Weder ich bin Gottschalk, noch sind Sie Jauch. Wir beide müssen und sollten authentisch bleiben – und dabei hilft die KREATORIK als Methode und das Seminar als Trainingscamp.

Vielen Dank für Ihre Antworten.

Neu Präsentieren

Neu PräsentierenEin ganz anderes Präsentationsratgeberbuch will er schreiben der Gerriet Danz, eines das anders ist wie die zig tausend Besserwisserbücher, die uns mit Schriftgrößen auf PowerPoint Folien langweilen. Wird er seinem Anspruch mit dem beim Campus-Verlag erschienen „Neu Präsentieren“  gerecht? Absolut!

Und warum? Sein Dreh ist die Erkenntnisse und Methoden der Werbung für Präsentationen einzusetzen. Das darf er machen, da er als Kreativdirektor für eine internationale Werbeagentur gearbeitet hat. Und er macht das in einem so informativen Plauderton, dass es eine wahre Freude ist das Buch zu lesen. Das Buch spricht!

Methoden und Ideen zur sofortigen Verbesserung einer Präsentation gibt es zu Hauf. Die „Nutzen-Brücken“ ist so ein Beispiel. Nicht nur ein Argument an das nächste reihen, sondern auch den direkten Nutzen für die Zuhörer darstellen. Vier Worte reichen dafür aus: „Für Sie bedeutet das…“. Der USP-Generator ist eine andere Idee, die über das Schmunzeln hinaus echten Nutzen bietet. Für Sie bedeutet das, die Einzigartigkeit Ihrer Idee, Ihres Produktes oder Ihrer Firma direkt als Kernbotschaft bei den Zuhörern zu verankern.

Die Werbung kämpft den Kampf um Aufmerksamkeit bereits länger als die Präsentatoren dieser Welt. Sie weiß, was sie machen muss, um Botschaften so zu transportieren, dass sie erinnerbar bleiben. Gerriet Danz weiß das auch und zeigt ganz echt auf, wie wir das machen können. Lassen Sie sich von diesem Buch inspirieren. Es hat die Kraft dazu.

Gibt es etwas zu kritisieren? Ja, das muss ich wohl. Auch damit meine Meinung hier differenzierter erscheint. Die ewige Mär von der linken und rechten Gehirnhälfte hat auch Einzug in das sonst so schlaue Buch gefunden. Wenn man den Wikipediabeitrag zu dem Hemisphärenmodell übersetzt, dann heißt das, dass eine regionale Zuweisung von Funktionen zu Gehirnteilen in der plakativen Form nicht möglich ist.
Also lassen Sie sich mit Ihrem ganzen Hirn von diesem Buch verwöhnen!