Amy Cuddy – Power Posing

Ach Herrje, Körpersprache! Das ist doch das Feld,  in dem die Überinterpretation und das Scheinwissen wie Unkraut gedeiht. Ich erinnere mich noch, wie einst Anfang der 90er Erika Berger in den gerade entwickelten frechen TV Formaten über die Körpersprache der Erotik Absurdes („Hat die Frau die Beine übereinandergeschlagen und ihr freier Fuß versteckt sich hinter der Wade des anderen Beines, dann ist sie nicht zugänglich“) pseudowissenschaftlich verpackt hat. Oder andere Schlauberger behaupteten, dass das Fassen an der Nase ein Beweis sei, dass die Person gerade lügt. Und nicht viel besser die ständige Fehlgeneralisierung der Merhabian-Studie.

Aber hier ist eine wissenschaftliche, im Vergleich unaufgeregte Herangehensweise zum Thema Körpersprache mit direkter praktischen Ableitung für Ihren Arbeitsalltag: Amy Cudy, die Sozialpsychologin aus Princeton, demonstriert in diesem erfolgreichen TED Talk die Wirkung unterschiedlicher Dominanzgebärden bei Menschen.

Das schon mal vorab: Zwei Minuten eine selbstbewussten Körperhaltung einzunehmen (z. B. verbreitern der Schultern, aufrecht, gerade Wirbelsäule) hat einen direkten Effekt auf ihr Testosteron- und Cortisolspiegel, sowie auf Ihr Risikoverhalten.

Doch sehen und staunen sie selbst.

Nonverbale Kommunikation lernen

Mask by Gerald Petersen (cc)In vorangegangenen Beiträgen habe ich gezeigt, dass die 55-38-7-Regel zwar ein Missverständnis ist (Mythos: 93% der Kommunikation ist nonverbal), dass auf der anderen Seite aber nonverbales Verhalten sehr wichtig ist für eine stimmige Kommunikation (Kongruenz in der Kommunikation).

Oft wird jedoch vereinfacht und verallgemeinert, und so ist das, was vermittelt wird und was bei den meisten hängen bleibt, nicht etwa „Kongruenz ist wichtig“, sondern „Körpersprache ist viel wichtiger als die verbale Aussage“ (wir erinnern uns: 93%). Viele Menschen fragen sich da, ob denn nicht Körpersprache erlernt werden kann. Dann wäre ich in der Lage, andere Menschen unterschwellig besser zu beeinflussen – zum Beispiel, sicherer zu wirken als ich tatsächlich bin, klüger zu wirken als ich tatsächlich bin, sexier zu wirken usw. Ich setze einfach eine Maske auf, je nach Bedarf. Und wo ein Bedarf ist, da gibt es auch ein Angebot. Viele Bücher und Seminare bieten an, dabei zu helfen, Körpersprache ganz bewusst einzusetzen, um sich selbst besser darzustellen.

Kann man Körpersprache lernen? Ich denke, so pauschal lässt sich das nicht beantworten. Ich warne jedoch vor denjenigen, die diese Frage vorschnell und uneingeschränkt mit „ja“ beantworten. Ich möchte hier zu einer realistischen Einschätzung beitragen. Unter dem Stichwort „Nonverbale Kommunikation“ heißt es in der Wikipedia:

Bei näherer Betrachtung und bewusster Wahrnehmung wird deutlich, dass nonverbale Kommunikation und Körpersprache zum überwiegenden Teil nicht steuerbar und oft auch nicht unmittelbar nachvollziehbar sind.

Die Teile der Körpersprache, die der Mensch hingegen im Rahmen sozialer Rollen zu kontrollieren versucht, kommen beim Gegenüber deswegen häufig als inkongruent an, weil sie „unbewusst“ als unstimmig zur verbalen Aussage aufgedeckt werden. … Diese Fähigkeit hat den Menschen bis zur Entwicklung des Großhirns evolutionär sinnvoll begleitet. Versuche, diese Abläufe kognitiv zu überlagern, stellen eine enorme Anforderung an die Konzentration dar und sind nur mit jahrelangem Training möglich.

Sie haben also die Wahl: Entweder Möglichkeit 1 – jahrelanges Training, obwohl Sie nicht als Schauspieler Ihr Geld verdienen, und das mit zweifelhaftem Erfolg. Denn Sie sind immer damit beschäftigt, Ihre eigentliche Regung zu unterdrücken und eine andere Regung zu produzieren – das kostet Aufmerksamkeit, die Ihnen woanders fehlt. Für einen Schauspieler ist die Situation eine andere: Für einen Schauspieler ist das Darstellung bereits der eigentliche Job, also bereits das Ergebnis, während es für Sie ja ein Mittel zum Zweck sein soll. Wenn es schon nicht einfach ist, zu schauspielern, so ist es noch viel anspruchsvoller, zu schauspielern und gleichzeitig eigene Ziele zu verfolgen.

Hinzu kommt, dass körpersprachliche Signale nicht eindeutig sind (auch wenn viele das so behaupten). Zum Beispiel, verschränkte Arme sind nicht immer ein Zeichen für Abwehr. Ich kann auch einfach nur ganz entspannt sein und meine Arme verschränken. Körpersprachliche Signale sind nicht gleichzusetzen mit Vokabeln, die für ganz bestimmte Bedeutungen stehen.

Oder Möglichkeit 2 – Sie ersparen sich diesen Krampf, und kommunizieren authentisch, d.h. „echt“, ohne sich zu verstellen. Auch das mag nicht ohne Training gehen, aber zumindest befinden Sie sich damit auf dem Weg zu sich selbst, und nicht auf einem Weg von sich selbst weg.

Ich meine: Wenn Sie an Ihrer Körpersprachen arbeiten, dann können Sie auf diesem Gebiet einiges erreichen, solange Sie sich im Einklang mit sich selbst befinden. Wenn Sie Ihr Anliegen richtig finden, dann kann Ihnen das eine oder andere bewusst eingesetzte körpersprachliche Verhalten dabei helfen, Ihre Botschaft erfolgreich zu vermitteln. Zum Beispiel, wenn Sie von einer Sache überzeugt sind, dann zeigen Sie es mit sicherem Auftreten! Und wenn Sie von einer Idee begeistert sind, dann zeigen Sie es mit lebendiger Gestik! Aber versuchen Sie bitte nicht, andere zu begeistern, wenn Sie selbst keine Spur Begeisterung empfinden. Wir Menschen sind nämlich sehr sensibel für nicht-kongruente Kommunikation!

Kongruenz in der Kommunikation

Im vorangegangenen Beitrag habe ich eine verbreitete Behauptung zur Wichtigkeit von nonverbalem Verhalten als Mythos entlarvt. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass Körpersprache unwichtig ist. Sie ist jedoch nicht in der Weise wichtig, wie es manche darstellen (als pauschale 55-38-7-Regel).

Albert Mehrabian hat mit seinen Studien zur nonverbalen Kommunikation einen ganz wichtigen Sachverhalt der zwischenmenschlichen Kommunikation aufgezeigt: Wenn Körpersprache, Ton und Inhalt nicht übereinstimmen, so geht die inhaltliche Botschaft weitgehend verloren. Das gilt vor allem für emotional gefärbte Botschaften.

Wir können festhalten: Für eine effektive Kommunikation insbesondere über emotionale Themen sollen die drei Anteile an der Information (Gesichtsausdruck / Körpersprache, Stimme, verbale Aussage) übereinstimmen. Man spricht hier von Kongruenz (Übereinstimmung): Worte, Tonfall und Körpersprache passen zueinander.

Wenn die Informationen auf unterschiedlichen Kanälen nicht kongruent sind, dann irritiert das den anderen. Zum Beispiel, jemand sagt „Die neue Aufgabe gefällt mit gut“ und macht dabei ein Gesicht wie 10 Tage Regenwetter. Oder jemand sagt zu Ihnen „Zwischen uns ist alles in bester Ordnung“, und die Gesichtszüge verkrampfen. Wenn es solche widersprüchliche Botschaften gibt, was glauben Sie nun, was bedeutender für unsere Interpretation ist, die verbale Aussage oder die nonverbale Aussage? Richtig, die nonverbale Botschaft gibt den Ausschlag. Wir werden uns auf die verbale Aussage nicht verlassen.