Was sind Sie für ein Typ? Persönlichkeitstests auf dem Prüfstand

gehirn„Sie sind sicher auch ein roter Typ!“ „Ich kann einfach nicht mit dem zusammenarbeiten, der ist grün und ich bin ein blauer Typ.“ So unterhalten sich Mitarbeiter, die einen Persönlichkeitstest ausgefüllt haben, der sich Struktogramm nennt. Die Farben stehen für eine postulierte Dominanz von Hirnteilen:

  • grün = Stammhirn
  • rot = Zwischenhirn
  • blau = Großhirn

Diese Typologie ist sehr einfach, und wir ahnen es schon: Zu einfach, um die Komplexität von Menschen angemessen zu beschreiben.

Der Markt für Persönlichkeits-Tests ist groß. Beliebte Instrumente sind:

  • Struktogramm (Biostrukturanalyse)
  • MBTI (Myers-Briggs-Typen-Indikator)
  • GPOP (Golden Profiler of Personality, eine neuere Form des MBTI)
  • DISG (Dominant, Initiativ, Stetig, Gewissenhaft)
  • Insights MDI
  • HBDI (Hermann Brain Dominance Instrument)

Doch wie sieht es aus mit der wissenschaftlichen Grundlage dieser Instrumente? Die Wurzeln des Struktogramms liegen in der Anthropologie, nicht in der wissenschaftlichen Psychologie. Ähnlich wie das Struktogramm verortet auch der HBDI unterschiedliche Denkstile in unterschiedlichen Hirnarealen, und diese Zusammenhänge sind nicht haltbar. Heute geht man davon aus, dass es hochkomplexe neurale Verknüpfungen und Muster gibt, jedoch nicht einzelne Hirnareale, die bestimmen, wer wir sind. Der MBTI wurde von auf der Grundlage der Typenlehre von C.G. Jung entwickelt. Jedoch wird angezweifelt, ob die Entwickler Jung überhaupt richtig verstanden haben, und Jung selbst gilt in der akademischen Psychologie als nicht wissenschaftlich. Eine wissenschaftliche Überprüfung des DISG steht aus. Die Stiftung Warentest stellte fest, der HBDI beruht auf einer „wissenschaftlich umstrittenen Methode“ und dem Insights MDI liegt ein „wissenschaftlich umstrittenes Modell“ zugrunde. Die Anbieter stellen das natürlich anders dar.

Was sind Gründe für die weite Verbreitung von Tests, deren wissenschaftliche Grundlage fraglich ist?

  1. Jeder sucht nach Informationen, die einem helfen, sich selbst besser zu verstehen. Hier kommen die Typen-Tests gerade recht. Ich fülle einen Fragebogen aus und schon meine ich zu wissen, wer ich bin, wie ich funktioniere (und wie andere funktionieren).
  2. Die Typologien sehen für Laien plausibel aus. Besondere Anziehungskraft scheinen Modelle zu haben, die Persönlichkeit mit Hirnstrukturen verbinden. Damit wird an etwas angekoppelt, was nicht in Frage steht (es gibt unterschiedliche Hirnareale) und ein wissenschaftlicher Hintergrund wird nahe gelegt.
  3. Die Menschen fühlen sich bestätigt. Testkandidaten kreuzen die Eigenschaften an, von denen Sie meinen, dass diese auf sie zutreffen. Das Test-Ergebnis bestätigt ihre Sicht.
  4. Der Testkandidat hat nun einen Namen für seinen Typ („Das bin ich, und jetzt weiss ich, ich bin der rote Typ“). Damit wird auch die Kommunikation über unterschiedliche Persönlichkeitstypen erleichtert.

Viele Anwender lassen sich blenden, und sind sich nicht bewußt, wie beschränkt die Aussagefähigkeit solcher Instrumente tatsächlich ist, und welche Probleme mit dem Einsatz derselben verbunden sein können. Ich empfehle für den Einsatz von Persönlichkeitstests:

  • Wenn möglich, verwenden Sie Tests, die eine gute Anbindung haben an den wissenschaftlichen Korpus der Psychologie.
  • Wenn möglich, verwenden Sie nicht nur Selbstbeschreibungen (Gefahr der sich selbst erfüllenden Prophezeiung, soziale Erwünschtheit), sondern ergänzen die Selbsteinschätzung mit Fremdeinschätzungen (Feedback von anderen).
  • Seien Sie sich bewußt, dass Persönlichkeitstests das Schubladendenken fördern. Damit können Menschen sehr festgelegt werden, möglicherweise gegen ihre Entwicklungswünsche.
  • Beachten Sie, dass die Theorien und Testergebnisse zu schematischem Verhalten führen können: Die Mitarbeiter sind beschäftigt damit, Personen zu kategorisieren und sind dann tendenziell weniger offen der Situation gegenüber, sie verhalten sich weniger flexibel und weniger angemessen in der Situation.
  • Beachten Sie den Anwendungskontext: Wozu werden die Testergebnissse eingesetzt? Die Anregung einer Diskussion im Team (eher unproblematisch) ist etwas anderes als die Personalselektion (eher problematisch). Für die Personalentwicklung sind Persönlichkeitstests eher nicht geeignet, da man bei dem Konzept „Persönlichkeit“ von zeitlich stabilen Eigenschaften ausgeht, während es in der Personalentwicklung um Entwicklung, also um Veränderung geht. In der Personalentwicklung sind verhaltensorientierte Instrumente geeignet. Diese bilden veränderbares Verhalten ab, können Entwicklungswünsche konkretisieren und können zur Veränderungsmessung eingesetzt werden.

Diese Empfehlungen richten sich an diejenigen, die über einen Testeinsatz entscheiden. Aber auch jeder einzelne Testanwender kann daraus seine Schlüsse ziehen.

„Na, welcher Typ sind Sie?“

28 Antworten auf „Was sind Sie für ein Typ? Persönlichkeitstests auf dem Prüfstand“

  1. Zitat:
    „Eine wissenschaftliche Überprüfung des DISG steht aus.“

    Kommentar:
    In unseren Modellen stecken mehr als 40 Jahre wissenschaftliche Forschung von Prof. Dr. Geier und seinem Team. Darüber hinaus legen wir großen Wert darauf, dass jedes Modell regelmäßig statistisch überprüft wird. Das persolog Persönlichkeits-Modell mit den Verhaltensdimensionen D, I, S und G wird zum Beispiel seit 1994 kontinuierlich auf seine Reliabilität und Validität überprüft. Als Anbieter von Persönlichkeitstests führen wir dafür separate, repräsentative Studien durch, begleitet von der Universität Koblenz/Landau.

    Wissenschaftliche Analysen und Berichte finden Sie hier:
    http://www.persolog.de/web/de/ueber-uns/qualittsmanagement/index.htm

  2. Verstehen Sie mein Zitat als eine Zusammenfassung dessen, was in der Wikipedia steht: „Die Autoren des DISG-Persönlichkeitsprofils erheben zwar für das Verfahren Anspruch auf wissenschaftliche Seriosität, haben es bislang jedoch nicht der Überprüfung durch unabhängige Experten unterzogen. Recherchen in deutschsprachigen und Internationalen Fachdatenbanken wie PSYNDEX oder SSCI haben zumindest bis Februar 2007 keine Publikationen in Fachzeitschriften mit Peer-Review-System ergeben.“

    Kurz gesagt, und das gilt für alle Persönlichkeitstests: Kommerzieller Erfolg sagt noch nichts über die Wissenschaftlichkeit.

    Aus meiner Sicht ist beim DISG-Profil besonders positiv hervorzuheben, dass Korrelationen mit den Facetten des NEO-PI-R ausführlich berichtet werden. Das ist durchaus eine Anbindung an den rationalen Korpus der Psychologie. Und ich habe das so bei den anderen genannten Persönlichkeitstests noch nicht gesehen. Das zu diskutieren geht jetzt sehr in die Tiefe und über die Absichten dieses Blogs hinaus. Es jedoch zu wünschen, dass diejenigen, die über Testeinsätze entscheiden, sich damit auseinander setzen.

    Sicher können Persönlichkeitstests in der Praxis sinnvoll und zielgerichtet eingesetzt werden. Ich kritisiere es jedoch, wenn die oben genannten „Gründe für die weite Verbreitung“ eine größere Rolle spielen als die Ziele und Möglichkeiten im Anwendungskontext.

  3. Guten Tag Herr Petersen, ich habe mit Interesse Ihren Artikel gelesen und teile Ihre Kritik, obwohl wir intensiver Anbieter des HBDI-Modells sind. Wir haben uns zusammen mit der Helmut-Schmidt-Universität, Prof. Geissler und seiner Mitarbeiterin Frau Dr. Metz alle Modelle die Sie hier auch erwähnen genau angeschaut und uns im Abgleich z.b. mit den Big Five oder den Neo-FFi für HBDI entschieden, da die Menschen hier niedrigschwellig mit dem Thema der Selbstreflektion in Kontakt kommen. Dazu zu und nur dazu dienen diese Modell, wobei die Wortwahl von HBDI entgegen der anderen Modelle keine Ableitungen auf einen Typus Mensch oder ein Schubladen-Denken zuläßt.In den anwednungsableitung ist das HBDI dem DISG auch bei weitem überlegen, ebenso bei der Gesatltung des Fragebogens. Ich teile aber Ihre Kritik, dass diese Modelle in der falschen Hand auch zu völlig falschen Ergbnissen kommen. Solange die Anbieter dieser Modelle jedem Interessenten einen Zertifizierungs-Workshop verkaufen und der sog. Zertifizierte danach als Trainer oder neudeutsch Coach damit arbeiten kann , sehe Ich es als wichtig an, mit Kritik die Anbieter dazu zu bewegen, hier mehr Qualität im Geschäftsmodell zu erarbeiten. In unseren Seminaren werden die Modelle in Ihren Ableitungen, also z.b. Teamentwicklungsprozesse nur von Dipl. Psychologen angewendet. Damit besteht nicht die Gefar einer lainehaften oder eindimensionalen Anwendung. Aus unseren Erfahrungen herraus haben diee Modelle aber einen hohen Nutzen im Bezug auf Einstiegsszenarien in verfahren Situationen.

  4. Hallo Herr Sindelar, danke für Ihren Kommentar.

    Wir stimmen darin überein: 1. Anbieter sind gefordert, qualitativ hochwertige Instrumente bereitzustellen und verantwortungsbewußt weiterzugeben. Damit sind wir bei 2. Persönlichkeitstests sollen von Dipl.-Psychologen angewendet werden. 3. Entscheider über den Einsatz von Persönlichkeitstests müssen den Anwendungskontext beachten.

    Auch wenn hochwertige Instrumente zur Verfügung stehen, muss der Entscheider verstehen, was gemessen wird, worauf sich die berichtete Validität bezieht, etc. Da die Anbieter ihre Instrumente als eierlegende Wollmilchsau anpreisen (für Personalentwicklung, Teamentwicklung, Personalauswahl, Kommunikationstraining, Coaching, Verkaufstraining, Veränderungsprozesse etc.), liegt hierin die besondere Verantwortung derjenigen, die über Tests und deren Anwendungszwecke entscheiden.

    Mir ist bewußt, dass hier mehrere Instrumente in einen Topf geworfen wurden – ich möchte mich nicht für oder gegen einzelne Instrumente aussprechen, denn auch das ist eine Frage des Anwendungskontextes.

    Persönlichkeitstests können sinnvoll eingesetzt werden und (bei eher geringen Kosten) hohen Nutzen bieten. Jedoch ist die Wertschöpfung kein Automatismus, sondern an Bedingungen geknüpft, und stellt Anforderungen an die beteiligten Stellen.

  5. Ich selbst habe den MBTI vor etwa 6 Jahren kennen gelernt. Damals in einem Führungskräfteseminar eher am Rande – das hat aber ausgereicht um mehr darüber wissen zu wollen. Das lesen eines Fachbuches darüber brachte mich weiter/tiefer in diese Methode hinein, und ich habe mir nicht nur „meinen“ Typen durchgelesen. Somit hat mich der MBTI positiv begleitet, mich und andere besser zu verstehen. Vor allem gegenüber Dritten bin ich dahingehend ein Stückweit toleranter geworden.

    Und auf die Frage „Na, welcher Typ sind Sie?“ zu antworten: vor 6 Jahren ein ISTJ mit Präferenz zu E 🙂

  6. Immerhin hätten Sie hier aber angeben sollen, woher Sie die Einsichten dieses Artikels herbekommen haben: Nämlich von der FTD vom 21. September auf S. A2… Sorry, aber diese Kopie ist einfach nur peinlich!!!

  7. Hallo Herr Grosser, den genannten Artikel hatte ich (als FTD-Abonnent) gelesen. Auch der FTD-Artikel kritisiert die mangelnde wissenschaftliche Anerkennung von Persönlichkeitstests – das ist eine Gemeinsamkeit, die Sie sicher auch woanders finden. Dabei bleibt es dann aber auch. Hier finden Sie eine differenziertere Darstellung der Akzeptanz für Persönlichkeitstests und vor allem finden Sie hier Empfehlungen für die Anwendung von Persönlichkeitstests. Dieser Punkt ist mir wichtig – ich möchte nicht nur kritisieren, sondern konstruktive Empfehlungen geben (das leistete der FTD-Artikel nicht).

  8. Ich habe mehrere Persönlichkeitsanalysen ausprobiert. U. a. das DISG-Profil, diverse Techniken aus dem NLP-Bereich oder auch den Test, ob man mehr links- oder rechtshirnig ist, also eher zu Linkshänder oder Rechtshänder neigt beispielsweise. Verhaltens- und Persönlichkeitsforschung ist ein interessantes Feld. Jedenfalls komme alle, auch die Wahrnehmungstypologien, zu dem Schluss, dass alle Menschen „Mischtypen“ sind. Das trifft besonders auf die Farb-Analysen zu. Es wird zu einseitig beurteilt. Menschenkenntnis setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Mir sind solche Tests oft zu einseitig.

  9. Hallo, Herr Petersen,
    nachdem ich Ihren Beitrag gelesen hatte, war mein erster Gedanke: „Ach, schon wieder einer der bei Frau Schwertfeger und Wikipedia abschreibt, statt sich etwas ernsthafter mit den Grundlagen der kritisierten Verfahren zu beschäftigen“.

    Es stehen doch weiss Gott genügend Informationsquellen zur Verfügung, um abwertende Äusserungen zu überprüfen, bevor Sie sie veröffentlichen.

    Ich will hier nur auf das HBDI eingehen, das ich Anfang der 80ger Jahre in Deutschland eingeführt habe.

    Sie schreiben z.B. „Die Stiftung Warentest stellte fest, der HBDI beruht auf einer wissenschaftlich umstrittenen Methode“ und übernehmen damit kritiklos eine Behauptung, ohne selber nachzuprüfen, ob das stimmt. Haben Sie sich jemals mit den Grundlagen beschäftigt oder sich gefragt, woher die Stiftung Warentest diese Behauptung nimmt (der Artikel gibt darüber keine Auskunft bzw. nennt keine Namen)?

    Ausserdem schreiben Sie: „Ähnlich wie das Struktogramm verortet auch der HBDI unterschiedliche Denkstile in unterschiedlichen Hirnarealen, und diese Zusammenhänge sind nicht haltbar. Heute geht man davon aus, dass es hochkomplexe neurale Verknüpfungen und Muster gibt, jedoch nicht einzelne Hirnareale, die bestimmen, wer wir sind.“ Auch das stimmt für das HBDI nicht.

    Natürlich haben wir die Hirnforschung der letzten 30 Jahre sehr aufmerksam verfolgt und gehen auf die komplexen Vorgänge in unseren Zertifizierungsseminaren ein. Das Modell von Ned Herrmann ist (und war immer) eine Metapher für Vorgänge im Gehirn, keine Abbildung von Gehirnvorgängen.

    Ihre Empfehlungen sind sicher zu beherzigen – und werden von uns bei der Ausbildung von Trainern und der Anwendung des Instrumentes (es ist kein Test!) beachtet. Thomas Sindelar hat ja dankenswerterweise schon einiges dazu gesagt. Es gäbe noch viel zu ergänzen, z.B. über den Ablauf der Zertifizierung, die Weitergabe der Ergebnisse (die nur an den Teilnehmer selber ausgehändigt werden, nicht an Dritte, z.B. Führungskraft oder Personalfunktion) oder die Interpretation der Auswertung, die peinlich darauf achtet, dass eine Schubladisierung vermieden wird.

    Darf ich sie, zumindest für das HBDI, bitten, sich beim Schmied (Herrmann International in Weilheim) zu informieren und nicht bei den Schmiedchen Schwertfeger, Stiftung Warentest oder Wikipedia? Bei allein 16.800 deutschen Einträgen, die Google für HBDI findet, können wir nicht darauf achten, dass alle Informationen im Netz richtig dargestellt sind.

    Dankbar bin ich Ihnen dafür, dass Sie die Diskussion angestossen haben!

    Mit freundlichen Grüßen

    Roland Spinola

  10. Hallo Herr Spinola,

    danke für Ihren Kommentar. Leider reduzieren Sie meinen Beitrag auf die Kritik an den genannten Instrumenten, das war jedoch nur der kleinere Teil meines Beitrags. Ich wende mich eher gegen die unreflektierte und unkritische Anwendung dieser Instrumente, als gegen die Instrumente an sich.

    Wenn Sie fordern, ich solle mich für alle genannten Instrumente noch viel weitergehend informieren (natürlich nicht bei unabhängigen Institutionen, sondern bei den Anbietern dieser Instrumente – versteht sich), und ich käme dieser Forderung nach, dann wäre ich dabei, ein Buch zu schreiben. Und selbst wenn ich ein Buch zu diesem Thema schreiben würde, so könnte ich immer noch zu anderen Schlussfolgerungen gelangen als Ihnen lieb ist.

    Im übrigen ist es immer noch so, dass Herrmann International von der „Unterteilung des Gehirns in vier unterschiedliche Quadranten“ (Zitat von der Website) spricht. Wohlgemerkt, es ist von einer „Unterteilung des Gehirns“ die Rede. Als handle es sich um lokalisierbare Hardware-Bestandteile. Warum hält Herrmann International an dieser Aussage fest? Ich darf vermuten, dass sich diese Behauptung zwar nicht im wissenschaftlichen Sinne, aber im Marketing recht gut bewährt hat. Oder?

    Wenn sowohl Anbieter als auch Nutzer von Instrumenten sich mehr mit den hier diskutierten Problemen und Fragen auseinander setzen, dann habe ich erreicht, was ich wollte.

  11. Ergänzung: diverse Vergleichsstudien zwischen MBTI und NEO-FFI (Big Five) sind positiv ausgefallen und haben eine hohe Korrelation festgestellt. Es kann dem MBTI also durchaus auch eine gewisse Wissenschaftlichkeit gutgeschrieben werden.
    Gelesen auf http://www.typentest.de/ in der Rubrik „Big Five“.

  12. Mit Bestürzung verfolge ich diese akademische und unglaublich verkürzte Debatte um das Struktogramm: Rolf W. Schirm hat die Biostrukturanalyse als einheitliches Modell zur Beschreibung von Stimmigkeiten/Unstimmigkeiten der Signalstruktur von Wahrnehmungen und ihrer Beeinflussung einerseits und des Verhältnisses von Wahrnehmendem und Wahrgenommenem andrerseits entwickelt. Wer die Biostrukturanalyse (täglich) einsetzt, erfährt: „It works“. Ob es nun um Produktdesign oder Führungsverhalten oder Teambuilding geht: „It works“. Vorgestern schilderten mir Ärzte, um wieviel leichter die Kommunikation mit Patienten fällt, wenn sie sich an deren Biostruktur orientiert.
    Freilich kann man Modelle beliebig differenzieren, nur werden sie dann untauglich für den Spontaneinsatz im Alltag. Die Biostrukturanalyse hält optimal die Balance zwischen Differenziertheit und Praktikabilität.

  13. Sie sind offensichtlich (und bekanntermaßen) ein Fan des Struktogramms. Und wenn das so ist, dann werden Sie sich wohl kaum durch diese Debatte verunsichern lassen. Ich jedoch bleibe weiterhin kritisch, eben auch weil einige Instrumente so sehr als der Weisheit letzter Schluss und als eierlegende Wollmilchsau angepriesen werden.

    Ich bin übrigens sehr für Praktikabilität. Es geht mir mitnichten um eine „akademische“ Diskussion. Ich habe im Beitrag und in meinen Kommentaren immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig der Anwendungskontext ist. Gegen die angemessene, zielgerichtete und ökonomische Verwendung von Persönlichkeitsfragebögen habe ich nichts einzuwenden. Ich wünschte allerdings, die Anbieter hätten etwas weniger missionarischen Eifer und die Anwender etwas mehr reflektiertes Anwendungsbewusstsein.

  14. Sehr interessanter Artikel! Ich blick allerdings nicht genau durch bei den ganzen Fachbegriffen. Aber darüber kann man ja hinweg sehen. Ich habe diese Seite über Google gefunden.

  15. Dieser Input bringt einfach und klar genau meinen Standpunkt dar. In einigen Teamentwicklungen wende ich den MBTI an, um Unterschiede und komplementäre Ergänzungen in der Präferenz von Verhaltensweisen anschaulich darstellen zu können. Durch eine refelktirende Diskussion unter Teammitgliedern kann das Verständis füreinander gestärkt werden und das Team kann die Chancen eruieren, die in komplementärer Ergänzung liegt.
    Ansonsten „kämpfe“ ich als verantwortliche Personalentwicklung im Kaderbereich eines Konzerns gegen die häufige Verwendung von Typologien wie Struktogramm, GPoP etc. Es kommt sofort zu Hypostasierungen. Die Zuschreibungen hindern eher Verständis, als dass es gefördert wird.
    Dass solche Verfahren „Nero-mässige“ unterlegt wird, klingt natürlich gut. Kaum jemand würde heute noch mit Körpersäften nach Hippokrates argumentieren – schwarze Galle und Schleim klingt in Managementkreisen nicht so toll wie Kortex, Insula und Amygdala.
    Wenn schon Neuro, dann lieber i. S. von Damasio, der den Zusammenhang von Denken und Fühlen aufzeigt – aber halt nicht so einfach.
    Es bleibt das Anliegen aller Interessierten, einander – auf einfache weise – zu verstehen. Ein einfacher Ansatz ist m. E., wenn wir jenseits aller Typologie und Zuschreibung in jedem Augenblick unsere Empathie dahingehend „schulen“, dass wir auf die Bedürfnisse und Motivation der Partner – Kunden, Mitarbeiter, Chefs, private Beziehungspersonen – zu verstehen suchen.
    Danke für den Artikel. Werde diesen gerne weiterverwenden.

  16. Ich habe letzthin am ersten Structogram-Kurs teilgenommen. Demnach mit ich also ein Blaudominanter. OK. Ich habe sogar einige Wesenszüge entdeckt, die passsen. Interessant: Ich kenne den Kursleiter aus dem privaten Umfeld und der konnte nicht glauben, dass ich eben ein eher blauer bin. Aha. Offenbar bin ich privat rot und geschäftlich blau.

    Ich habe nun versucht, etwas mehr über die Hintergründe und vor allem die angebliche Wissenschaftlichkeit herauszufinden. Leider erfolglos. Es gibt zwar einige Informationen über McLean, aber keinerlei Informationen über die angeblich wissenschaftliche Forschung von Rolf W. Schirm. Über ihn findet man nichts ausser die Bücher, die nun als Structogram-Trainings angeboten werden. Ich habe auch nach längerem Suchen keinerlei wissenschaftliche oder anthropologische Texte gefunden, welche von irgend jemandem mit Bezug auf Rolf W. Schirm, die Biostrukturanalyse oder McLean verfasst worden wären. Ausser natürlich zahllose Websites mit Verweisen auf die Wissenschaftlichkeit von Structogram-Trainern. Sehr eingängig gemacht, aber eben nicht unabhängig.

    – Kein Artikel über McLean erwähnt Rolf W. Schirm oder die Biostrukturanalyse.
    – Es gibt keine englischen Websites zum Thema Structogram, der Begriff scheint im angelsächsischen Raum nicht zu existieren, obwohl die Schreibweise darauf hindeuten könnte.
    – Es gibt keine unabhängigen Websites, welche die Biostrukturanalyse, Rolf W. Schirm oder das Structogram erwähnen.

    Alles in allem lässt mich das doch sehr an der angeblichen Wissenschaftlichkeit zweifeln. Und wenn schon wissenschaftlich, durch Beobachtung oder Erfahrung: Wo ist sind die entsprechenden Untersuchungen, die Kontrollgruppen, die Vergleiche usw.? Hier werden wir ohne Material im Regen gelassen und habe keine Möglichkeit, irgend etwas zu prüfen.

    Also: Kann mir irgend jemand einen oder mehrere Fachartikel nennen, welcher die Biostrukturanalyse oder die „Forschung“ von Rolf W. Schirm zum Thema hat und nicht von einem Structogram-Senior-Master-Trainer verfasst wurde? (Senior-Master-Trainer: Was ist das überhaupt für eine selten komische Aneinanderreihung von Superlativen Titeln?). Über nähere Informationen bin ich sehr froh, muss ich doch meine geschäftliche Blaudominanz irgendwie mit Material füttern!

    Nur zur Info: Das klingt jetzt hier zynisch. Das ist es auch. Ich versuche wirklich, dem ganzen eine Chance zu geben, aber so wenig zw. keiner unabhängigen Bestätigung fällt mir das einfach sehr schwer. Ich tendiere dazu, dass Ganze als eine Geldmaschine zu sehen, die sich aufgrund von jahrelanger Erfahrung einfach zu verkaufen weiss indem sie das erzählt, was allgemein so passen könnte. Das ganze Zeug von den Hirnen und der Wissenschaftlichkeit brauchts dazu aber gar nicht, es wäre sehr viel ehrlicher.

  17. Vielen Dank für den anregenden Blog und die spannende Diskussion. Von Hause aus ‚Philosoph‘ habe ich aus der ethischen Perspektive stets einige Bedenken bei den Persönlichkeitsmodellen.
    Indem die Persönlichkeitsmodelle Menschen nach ihren Handlungen einteilen, treffen sie auch stets moralische Urteile über diese Menschen. Der hierbei verwendete Maßstab zur Beurteilung setzt aber bereits ein bestimmtes Menschenbild voraus, worüber diese Modelle sich nicht bewusst sind bzw. welches nicht als Prämisse betont wird (bspw. ‚der Mensch der westlichen Zivilisation‘ etc.). Wenn der Anspruch ein wissenschaftlicher ist, dann wird versucht, allgemeingültige Aussagen über die Natur(en) des Menschen zu treffen. Als ethische Gefahr sehe ich hierbei, dass ein „Letzt-Begriff“ des Menschen geschaffen wird, der den Menschen an sich in Kategorien festlegt und der dem Individuum, indem es ihn in allgemeine Typen einordnet, seine individuellen Orientierungsmöglichkeiten nimmt: die Handlungsmöglichkeiten des Menschen werden so von vornherein festgelegt, und der Mensch wird zum feststehenden Gegenstand der Wissenschaft. Umso stärker ist die ethische Gefahr, wenn davon gesprochen wird, dass der Mensch an sich (kulturunabhängig) durch seine Genetik, durch seine materiellen Anlagen (in Gehirnstrukturen etc.) ontologisch disponiert sei, dass er letztlich keine Verantwortung für sein Handeln hat: Ich kann mein Handeln einfach dadurch rechtfertigen, dass ich ein bestimmter Typus sei. Eine solche „Einstellung“ macht uns letztlich weniger flexibel.
    Eine weitere Gefahr liegt im Urteilen über den anderen: Wenn ich den anderen Menschen in meine, vermeintlich wissenschaftlich-allgemeingültigen, Begriffe einordne, wenn ich ihn in diesen Begriffen be- und verurteile, dann tue ich ihm nach Emmanuel Levinas stets Gewalt an. Der andere wird fremden Begriffen unterworfen, mit welchen er sich selbst womöglich nicht identifizieren will oder kann. Doch wird versucht, dass auch er sich der Allgemeingültigkeit dieser klugen Theorie unterwirft. Es wird letztlich die herrschende Moral auf Kosten des Einzelnen konsolidiert.
    Meine Kritik bezieht sich aber nur dahingehend, wenn ein neutraler wissenschaftlicher Anspruch in Bezug auf den Gegenstand der Natur(en) des Menschen angestrebt wird: Im Versuch, die Wahrheit über den Menschen zu erfahren, greifen diese Modelle stets zu kurz; sie können dem einzelnen sogar Schaden zufügen, indem sie seine Handlungsmöglichkeiten einschränken, wenn sie ihn allgemeinen Begriffen unterwerfen oder ihn in seinen Dispositionen festlegen. Doch in Hinsicht auf den Anspruch, Hilfsmittel im praktischen Umgang für schnelle moralische Orientierung zu liefern, sind dies sehr erfolgreiche Modelle. Durch die Abkürzung auf bestimmte Typen liefern sie vor allem Halt und Übersicht in zunehmend unübersichtlichen Lebenssituationen. Erinnernd an Nietzsche: Je weniger ein Mensch allgemeine Hilfskonstruktionen nötig hat, umso stärker, freier und flexibler ist ein Geist.

  18. Guten Tag Herr Petersen

    Ich bin Mitarbeiterin in einem grossen Team,
    dh. wir sind fast 20 Leute und mein Ziel meines Projektes
    ist es, die Zusammenarbeit innerhalb des Teams zu verbessern anhand einer Persönlichkeitsanalyse.

    Welche gedenken Sie, würde am Besten sein?

    Ich selber kenne bis jetzt nur das Structogramm
    von einem 1-tägigem Seminar.

    Besten Dank im Voraus für Ihr Feedback.

  19. Keine Ahnung welcher Typ ich sein soll, man wollte mir kürzlich für teuer Geld so eine Analyse andrehen, aber ich bleibe lieber bei meiner Version von gesundem Menschenverstand.

    Danke für eine angenehm andere Sicht der Dinge!

  20. Validitaet fuer den DISG existiert nicht. Ich halte die Einlassung, dass die Validitaet fuer den DISG regelmaessig geprueft wird fuer Unsinn. Es ist sogar eine Luege. Validitaet (im Sinne einer Kriteriumsvaliditaet) wuerde ja ueberpruefen, ob der Test etwas „vorhersagt“, also z.B. Berufserfolg. Diese Untersuchungen gibt es fuer den DISG, genauso wie fuer Insights nicht.

  21. @Boris von der Linde
    Es gibt verschiedene Arten der Validität. Studien zur Kriterumsvalidität des DISG sind mir zwar auch nicht bekannt. Die Konstruktvalidität jedoch wird ausführlich überprüft (siehe Studien den Big Five). Was ich mich persönlich frage: Macht es überhaupt Sinn, die Kriteriumsvalidität des DISG zu untersuchen? Wo wird der DISG eingesetzt? Jedenfalls nicht um irgendetwas vorherzusagen, sondern um eine Person zu typologisieren. Ich kann mir nicht vorstellen dass gewisse Typologien verschiedene Kriterien vorhersagen sollen. Das ist ja schon sehr schwierig bei richtig Wissenschaftlichen Modellen. Das am besten untersuchteste Modell in der Persönlichkeitspsychologie ist wohl das Big Five Modell. In einer Metaanalyse konnte u.a. aufgezeigt werden, dass Gewissenhaftigkeit (die übrigens auch im DISG enthalten ist) den Berufserfolg recht gut vorhersagen kann (relativ…).

    Für mich steht also die Kriteriumsvalidität eher im Hintergrund, da DISG und andere Verfahren nicht für das erstellt wurde.

    Ich persönlich bin allen kommerziellen „Tools“ sehr kritisch eingestellt, weshalb ich mir hier als neutral bezeichne. Wenn ich mich aber entscheiden müsse, würde ich DISG wählen. Nicht weil es super ist, sondern weil es im Vergleich mit den anderen hier erwähnten Verfahren z.T. mit Abstand am besten geeignet ist.

  22. Mit den ganzen Studien ist das so eine Sache. Zum einen braucht man sehr große Stichproben und die Menschen müssen strenggenommen innerhalb relativ überschaubarer Zeitabstände mindestens zweimal befragt werden . Dies ist für die meisten Anbieter schwierig und meist nur von Universitäten oder Lehreinrichtungen zu realisieren.

    Wenn allerdings eine große Anzahl Menschen von einem Verfahren nützliche Tipps zum eigenen Verhalten und dem von anderen bekommt, wie das z.B. beim original DiSG der Fall ist, braucht der Test nicht bis ins letzte wissenschaftlich validiert zu sein, da er unter Praxisbedingungen z.B. für Menschen im Verkauf sehr gute Ergebnisse liefert.

  23. Das sehe ich auch so: „Wenn allerdings eine große Anzahl Menschen von einem Verfahren nützliche Tipps zum eigenen Verhalten und dem von anderen bekommt“ und ich ergänze: Und wenn die Anwender diese Informationen und deren Bedeutung verstehen und einordnen können. Dann hat der Test seine Berechtigung und liefert einen Mehrwert. Tests können insofern recht ökonomisch verwendet werden (relativ geringer Aufwand bei hohem Erkenntnisgewinn, korrekte und vor allem zur Zielsetzung passende Anwendung vorausgesetzt).

    Ein Problem sehe ich darin, dass eine Wissenschaftlichkeit vorgespielt wird, die aus Sicht der Wissenschaft gar nicht gegeben ist. Und weiter, dass Tests vor allem verkauft werden wollen, ohne Rücksicht darauf, ob so ein Test im Anwendungskontext zielführend ist.

    Wobei der zweite Punkt aus meiner Sicht schwerer wiegt. Anwender sollten sich unbedingt im Klaren sein, was der Sinnn und Zweck der Anwendung ist, worin die Möglichkeiten und wo die Grenzen (oder sogar Gefahren) liegen, wie Ergebnisse und Ziele im Zusammenhang stehen, und wie die Ergebnisse dahingehend interpretiert werden.

    Tests können einen Mehrwert liefern. Ich wende mich nicht gegen die Anwendung von Tests, ich wende mich gegen irreführendes Marketing von Tests und gegen die unprofessionelle Anwendung von Tests.

  24. „Wenn möglich, verwenden Sie Tests, die eine gute Anbindung haben an den wissenschaftlichen Korpus der Psychologie.“

    Welche bleiben denn dann noch zu nennen?

  25. Das mit dem Schubladendenken kann ich nur bestätigen. Meine Mitbewohnerin hat mal so nen Test gemacht und war danach mega fixiert auf Ihren Persönlichkeitstyp und hat ihr Leben danach ausgerichtet.

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