Arschloch-Alarm

Der Arschloch-FaktorRobert Sutton von der Stanford University hat einen Schlag von Vorgesetzten beschrieben, die er schlicht und einfach „Arschlöcher“ nennt. Sein Buch heißt “Der Arschloch-Faktor. Vom geschickten Umgang mit Aufschneidern, Intriganten und Despoten im Unternehmen” („The No Asshole Rule: Building a Civilized Workplace and Surviving One That Isn’t“). Eine hervorragende Zusammenfassung findet sich hier (in Englisch). Ein Auszug auf Deutsch findet sich hier.

Warum „Arschloch“? Warum diese drastische Sprache? Der Autor erklärt auf seinem Blog, warum: Der Begriff ist authentisch (das erste, was ihm einfällt, wenn er eines sieht), verständlich (jeder weiß, was gemeint ist), und angemessen:

„I believe that – in terms of both descriptive and emotional accuracy – other words are simply inferior for describing how persistently demeaning people act and, especially, the feelings they unleash in their victims.“

Wo er Recht hat, hat er Recht. Erst letzte Woche Freitag erschien ein Beitrag in der FTD-Beilage „Business Education“, in welchem unter dem Titel „Mit Leidenschaft fies“ die unheilvollen Auswirkungen der Arschlöcher im Unternehmen beschrieben wurden (steht für Abonnenten kostenfrei zum Download bereit).

Wer gehört nun zur Spezies Arschloch? Sutton listet ein „dreckiges Dutzend“ Erkennungsmerkmale:

1. persönliche Beleidigungen
2. Verletzung der Privatsphäre
3. unaufgeforderter körperlicher Kontakt
4. verbale und nonverbale Drohgebärden und Einschüchterungen
5. als sarkastische Witze und Hänseleien getarnte Beleidigungen
6. E-Mail-Hassattacken
7. Angriffe auf den Status des Opfers
8. öffentliche Demütigungen, auf Statusminderung abzielende Rituale
9. rüdes Unterbrechen
10. janusköpfige Attacken
11. bewusstes Anstarren
12. Leute wie Luft behandeln

Wenn man ein Arschloch ist, so Sutton, kann man das ändern, wenn man will. Sutton gibt Hinweise, wie das eigene Verhalten modifiziert werden kann. Das Arschloch ist keine feststehende Persönlichkeitsstruktur, sondern ein Verhaltensmuster (und wohl jeder hat sich schon mal anderen gegenüber schlecht aufgeführt). Es gibt also keine Entschuldigung mehr für Arschlöcher nach dem Motto „so bin ich eben“.

Die meisten Arschlöcher werden sich aber nicht ändern. Und jeder kennt solche Arschlöcher, also was kann man tun? Hier die Überlebensregeln:

  • Reframing: Die Dinge anders sehen (Umdeuten)
  • Auf das Beste hoffen, das Schimmste erwarten (Aushalten)
  • Indifferenz und emotionale Distanz entwickeln („mir egal“)
  • Kleine Erfolge suchen (Dinge, die unter eigener Kontrolle stehen)
  • Den Kontakt begrenzen (weniger Angriffsmöglichkeiten bieten)
  • Refugien der Sicherheit, Unterstützung und geistigen Gesundheit schaffen (positive Kontakte suchen und aufbauen)
  • Die richtigen kleinen Schlachten schlagen und gewinnen (sanfte Umerziehung)

Und zum guten Schluss: Die Arschloch-Umgebung verlassen.

„Indifferenz und emotionale Distanz entwickeln“ klingt für mich wie Innere Kündigung, aber wir sollten bedenken, hier geht es um feindselige Umgebungen und Arschlöcher, die die Macht haben. Da ist es eben wichtig, die eigene Gesundheit zu schützen.

Dennoch, die von Sutton empfohlenen Verhaltensweisen sind ziemlich defensiv (Umdeutung, Rückzug). Ich sehe auf der kommunikativen Ebene mehr Möglichkeiten, z.B. Grenzen aufzeigen. Der passende Stil dafür wäre das Durchsetzen (Hinweise dazu in diesem Beitrag). Das mag mehr Mut erfordern und ich sage nicht, dass das einfach ist, aber ein selbstbewusstes klares Wort (ohne Gegenaggression) kann hier Wunder wirken.

Wenn Sie kein Arschloch sind: Gehen Sie Arschlöchern aus dem Weg.
Wenn Sie ein Arschloch sind: Zu erkennen, dass man ein Arschloch ist, ist der 1. Schritt!

Hilfe! Skrupellose Manipulation

Verbotene RhetorikIn unseren Seminaren wird beim Aufnehmen der Erwartungen für die kommenden Tage häufig der Wunsch nach dem Lernen von „beeinflussen, ohne dass es der andere merkt“ geäußert, also der Wunsch nach dem Erlernen von Manipulation. Einher geht der machiavellistische Wunsch, auf subtile Art und Weise mehr Macht über den Gesprächspartner zu erhalten und natürlich auch, „ohne dass es der andere merkt“. Dieses Bedürfnis scheint also tatsächlich in der Arbeitswelt vorhanden zu sein und so ist es wenig erstaunlich, dass Bücher wie beispielsweise „Die Kunst der skrupellosen Manipulation“ nicht nur Verleger finden, sondern auch die Charts der Wirtschaftsbücher bevölkern.

In meinen letzten Sommerferien habe ich mir mal so ein Buch zur Brust genommen: „Verbotene Rhetorik“ von Gloria Beck. Es ist eine Art Nachschlagewerk, in dem von Abba bis Zappa von abstrus bis zynisch auf gestelzte Art und Zeise die Methodiken der Manipulation dargestellt werden, egal ob sie als Manipulierender ein Ziel haben oder ob sie Mann bzw. Frau genug sind Ihre Ansprüche und Ziele ganz ohne diese Methodiken zu äußern. Tatsächlich reicht die Liste von Aberglauben-Technik bis Vernichtungstechnik. Die Benutzung des Bindestriches zwischen Gerüchte-, Fixierungs-, oder Lügen einerseits und Technik andererseits, ist im Inhaltsverzeichnis und im ganzen Buch übrigens beliebig. Ich fühle mich bereits manipuliert.

Das Leseerlebnis war eine Achterbahnfahrt zwischen schreiend komisch und tieftraurig und endete meist in langweiligen Plattitüden und fachlicher Ärgerlichkeiten. Oberflächlichste Argumentationsketten auf Bildzeitungs-Niveau werden dargeboten. Kostprobe?

„Menschen ausnutzen bringt Vorteile und Vorteile ist doch was man will. Der Wille zur Macht ist eine Triebfeder, die in jedem ist.“

Da denkt man doch an Alfred Adlers Theorie, dass der Minderwertigkeitskomplex diesen Trieb anfeuert und ein kurzer Blick auf das Bild der Autorin gibt einem irgendwie Recht. Ein verzweifelt tougher Blick aus ihrem runden Mondgesicht heraus, das von mehreren abgebrochenen Blitzdiäten erzählt. Aha, das ist also die Zielgruppe!

Argumentative Inkonsistenz und eine Unsicherheit in der ethischen Ausrichtung, keine Abwehrmechanismen, wie man gegen die bösen Techniken vorgeht, und keine klare Unterscheidung zwischen Manipulation und Beeinflussung.

Insgesamt bekommt man den Eindruck, dass „begeisterte“ Leser und Schreiberin in einer traurigen Welt leben müssen, in der Kollegen „Opfer“ sind, die man „auf Spur bringen will“. Das ist hochneurotisch und dumm. Alle meine erfolgreichen Kollegen und beruflich erfolgreichen Bekannte sind integere Menschen, die wissen, was sie wollen, die Menschen für sich gewinnen können, die begeistern, die Ideen haben, die sie auch klar verargumentieren können.

Wichtig sind doch nun mal die Fähigkeiten zur echten Beeinflussung, wie das Überzeugen, das Durchsetzen, Brücken zu anderen zu bauen oder andere für seine Ideen zu ermutigen. Gleichzeitig ist es wichtig, langfristige Arbeitsbeziehungen auf zu bauen. Menschen, die diese Fähigkeiten in den Berufsalltag einbringen, haben es nicht nötig, sich der „verbotenen Rhetorik“ zu bedienen.

Aber sehen wir das ganze mal humorvoll. Ich werde hier an dieser Stelle die „tollen“ Techniken von Zeit zu Zeit vorstellen (also: Bitte erst hier lesen und möglicherweise Geld sparen) und werde darüber hinaus meine Gedanken dazu mitteilen.

Wie sieht’s aus: Arbeiten Sie gerne mit jemand zusammen, der skrupellos manipuliert?

Wie man unfaire Angriffe abwehrt

Argumentieren unter Stress. Wie man unfaire Angriffe abwehrtArgumentieren unter Stress. Wie man unfaire Angriffe abwehrt
von Albert Thiele

Die Frage, wie man unfaire Methoden kontert, kommt immer wieder in unseren Seminaren. Da trifft Albert Thiele mit seinem Buch einen Nerv. Aus der Kurzbeschreibung:

„Sie erfahren, wie Sie offene und verdeckte unsachliche Spielarten früh erkennen, geschickt abwehren und gleichzeitig den Dialog aufrechterhalten.“

Das finde ich gut, denn es passt sehr schön zu den Werten, denen ich mich verpflichtet fühle: Die eigenen Standpunkte wahren, gleichzeitig die Beziehung aufrecht erhalten. Auch in kniffligen Situationen. Ich hebe das hervor, denn zur Zeit haben sonst leider Bauernfänger ihre Saison, die ihren Lesern sogar empfehlen, selbst unfair und aggressiv vorzugehen.

Das Buch fokussiert relativ einseitig auf das „Argumentieren“. Um die eigene Flexibilität noch zu steigern, sollten die Fertigkeiten „Durchsetzen“ und „Brücken Bauen“ stärker in Betracht gezogen werden.