Hart verhandeln oder weich verhandeln?

Springer im Gespräch by casio (pq)Viele Menschen verhandeln „hart“ und meinen auch, das müsse so sein. Sie konzentrieren sich auf Ihre eigenen Forderungen und Ziele und sind bestrebt, diese mit allen Mitteln zu erreichen. „Wenn du einen Freund suchst, kauf dir einen Hund!“ (Gordon Gekko in Wall Street). Neuerdings nennt man diesen Stil auch „kompetitives Verhandeln“, wobei die Lehrer des kompetitiven Verhandelns letztlich zugeben, dass die Aufrechterhaltung der Beziehung sehr wichtig ist.

Hartes Verhandeln klingt nach Stärke, kann aber schwerwiegende Nachteile mit sich bringen. Die Parteien fokussieren Ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Positionen. Die Verhandlung bleibt oberflächlich und Interessen der Parteien werden nicht erkundet. Das Gerangel um Positionen führt dazu, dass sich Verhandlungspartner inflexibel verhalten und wenig kreativ sind in der Findung von guten Lösungen. Das Ergebnis ist häufig für beide Seiten schlechter als es möglich wäre.

Verhandlungen, die im harten Stil geführt werden, sind nicht nur ineffizient, sondern auch gefährlich für die Beziehung der Verhandlungspartner. Der ausgetragene Willenskampf führt leicht dazu, dass negative Emotionen geweckt werden und die Beziehung gestört wird. Nicht nur Nachbarschaftsstreit, sondern auch erhebliche finanzielle Schäden für Unternehmen können so entstehen.

Andere Menschen haben einen weichen Verhandlungsstil. Ihnen sind vielleicht die Nachteile des harten Verhandelns bewusst, vielleicht wollen sie auch einfach nicht anecken. Sie sind nett und freundlich, machen Zugeständnisse und versuchen, Konfrontationen aus dem Weg zu gehen. Die Pflege der Beziehung steht im Vordergrund.

Das ist aber auch keine Lösung, denn diese Menschen werden eine leichte Beute für die harten Verhandler und geben oft mehr weg als nötig.

Hier einige Aspekte harten und weichen Verhandelns (nach: Das Harvard-Konzept). Hart, weich, oder dazwischen? Welchen Stil würden Sie wählen?

Weich Hart
Verhandlungsteilnehmer = Freunde Verhandlungsteilnehmer = Gegner
Ziel = Übereinkunft Ziel = Sieg
Vertrauen Misstrauen
Konzessionen zur Verbesserung der Beziehung Konzessionen als Voraussetzung für die Beziehung
Entgegenkommen Beharren auf der eigenen Position
Druck nachgeben Druck ausüben

Wenn Ihnen diese beiden Wahlmöglichkeiten nicht zusagen, meinen Glückwunsch! Es geht nicht um hartes oder weiches Verhandeln, sondern um kluges Verhandeln. Die Autoren des Harvard-Konzeptes nennen das „sachbezogenes Verhandeln“.

Die Beiträge dieser Serie im Überblick:

Verhandeln oder feilschen?
Hart verhandeln oder weich verhandeln?
Sachbezogenes Verhandeln
Beim Verhandeln Menschen und Probleme trennen
Beim Verhandeln auf Bedürfnisse konzentrieren
Beim Verhandeln objektive Kriterien anwenden
Kritik am Harvard-Konzept

6 Antworten auf „Hart verhandeln oder weich verhandeln?“

  1. Kompliment zu diesem guten Artikel über hartes oder weiches Verhandeln. Als langjährige Trainerin und Coach mit Schwerpunkt psychologisch intelligente Gesprächs- und Verhandlungsführung sowie Stress- und Konfliktmanagement weiß ich um das psychologische Dilemma von harten und weichen Verhandlungen. Dass beides nicht die Lösung ist, sondern kluges, sachgerechtes Verhandeln nach Harvard, teile ich voll mit Ihnen. Aus Erfahrung kann ich auch sagen, dass sowohl ich selbst bei eigenen Verhandlungen als auch meine Seminarteilnehmer die besten Erfahrungen mit der Harvard-Methode gemacht haben. Sie ist aus meiner Sicht bisher unübertroffen und immer noch das beste Tool zur Verhandlungspsychologie das wir haben.

    Herzliche kollegiale Grüße aus Tübingen

    Angelika Heinrich

  2. Vielen Dank für den wirklich interessanten Artikel über Verhandlungsstrategien. Zum Glück muss ich in meinem Leben nicht wirklich verhandeln. Ich glaube, ich bin da nciht gut drin – weder hart noch weich 🙂

  3. schöne heile Welt…

    …leider in der Realität nicht (mehr) zutreffend. Die Erfahrung zeigt, dass die harten Verhandler am Ende doch mehr Erfolg haben.
    Die wurde erst unlängst wieder in einer Metastudie der Universitäten Münster/Lüneburg bestätigt. Die Harvard-Methode hatte sicher lange Jahre ihre verdiente Berechtigung, in sehr kompetitiven Märkten (in meinem Fall Zulieferindustrie) kommt man damit heute nicht mehr zum Ziel in Verhandlungen- leider, könnte man sagen.
    mit den besten Grüßen aus der Südpfalz
    Hubert Horbach

  4. Wenn es wirklich „harte Verhandler“ sind, im dem Sinne, dass sie das Win-Lose-Spiel spielen wollen, haben die am Ende weniger Erfolg. Ich sehe ganz häufig, das diese Verhandler (Win-Lose im Kopf) am Ende Lose-Lose-Ergebnisse erzeugen (ein schlechtes Ergebnis für beide Seiten). Denn der andere will ja genauso das Win-Lose-Spiel spielen, und das kann nicht funktionieren.

    Vielleicht sollten wir einmal klären, was „hartes Verhandeln“ bedeutet. Das Harvard-Konzept sagt: „Sei weich zu den Menschen, aber hart in der Sache!“. Also ist „hartes Verhandeln“ (in der Sache) durchaus im Sinne des Harvard-Konzeptes. Wie ich schreibe: Es geht gar nicht um „hart“ oder „weich“, sondern um kluges Verhandeln, und das bedeutet, ich weiß auch, inwiefern ich „hart“ verhandle.

    In einer Sache gebe ich Ihnen Recht: In einer Situation, die sehr eindimensional angelegt ist, können auch weniger geschickte Verhandler reüssieren. Und, je komplexer die Verhandlungssituation, desto wichtiger das Harvard-Konzept. Aber grundsätzlich ist das Harvard-Konzept in jeder Verhandlungssituation anwendbar. Auch in der Zuliefererindustrie. Oder haben die Verhandler dort noch nie über andere Dinge als den Stückpreis geredet? Was ist mit Zahlungsbedingungen, Lieferbedingungen, Folgeaufträgen, Garantieleistungen, Serviceleistungen, Abstimmung von Prozessen (JIT usw.), Mitwirkung bei Entwicklungen? In der Automobilindustrie werden Zulieferer intensiv eingebunden in die Entwicklung und die Konzerne sind sehr an Zuverlässigkeit und Qualität interessiert (nicht nur am Preis). Sobald das Festhalten an mehr oder weniger willkürlichen Positionen aufgegeben wird, könnte man schon von „Harvard-Konzept“ sprechen. Gute Verhandler machen das, und exzellente Verhandler machen das ganz bewußt.

    Das Harvard-Konzept erfordert persönlicher Stärke. Insbesondere wenn man es mit Sturköpfen (Win-Lose-Mentalität) zu tun hat. Ich gehe weiter darauf ein in dem Beitrag „Beim Verhandeln objektive Kriterien anwenden“(Stichwort Verhandlungs-Judo). Persönliche Stärke und Härte in der Sache. Aber nicht Härte im Sinne von Inflexibilität. Der trockene Ast bricht, der Bambus biegt sich und schnellt zurück.

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