In vorangegangenen Beiträgen habe ich gezeigt, dass die 55-38-7-Regel zwar ein Missverständnis ist (Mythos: 93% der Kommunikation ist nonverbal), dass auf der anderen Seite aber nonverbales Verhalten sehr wichtig ist für eine stimmige Kommunikation (Kongruenz in der Kommunikation).
Oft wird jedoch vereinfacht und verallgemeinert, und so ist das, was vermittelt wird und was bei den meisten hängen bleibt, nicht etwa „Kongruenz ist wichtig“, sondern „Körpersprache ist viel wichtiger als die verbale Aussage“ (wir erinnern uns: 93%). Viele Menschen fragen sich da, ob denn nicht Körpersprache erlernt werden kann. Dann wäre ich in der Lage, andere Menschen unterschwellig besser zu beeinflussen – zum Beispiel, sicherer zu wirken als ich tatsächlich bin, klüger zu wirken als ich tatsächlich bin, sexier zu wirken usw. Ich setze einfach eine Maske auf, je nach Bedarf. Und wo ein Bedarf ist, da gibt es auch ein Angebot. Viele Bücher und Seminare bieten an, dabei zu helfen, Körpersprache ganz bewusst einzusetzen, um sich selbst besser darzustellen.
Kann man Körpersprache lernen? Ich denke, so pauschal lässt sich das nicht beantworten. Ich warne jedoch vor denjenigen, die diese Frage vorschnell und uneingeschränkt mit „ja“ beantworten. Ich möchte hier zu einer realistischen Einschätzung beitragen. Unter dem Stichwort „Nonverbale Kommunikation“ heißt es in der Wikipedia:
Bei näherer Betrachtung und bewusster Wahrnehmung wird deutlich, dass nonverbale Kommunikation und Körpersprache zum überwiegenden Teil nicht steuerbar und oft auch nicht unmittelbar nachvollziehbar sind.
Die Teile der Körpersprache, die der Mensch hingegen im Rahmen sozialer Rollen zu kontrollieren versucht, kommen beim Gegenüber deswegen häufig als inkongruent an, weil sie „unbewusst“ als unstimmig zur verbalen Aussage aufgedeckt werden. … Diese Fähigkeit hat den Menschen bis zur Entwicklung des Großhirns evolutionär sinnvoll begleitet. Versuche, diese Abläufe kognitiv zu überlagern, stellen eine enorme Anforderung an die Konzentration dar und sind nur mit jahrelangem Training möglich.
Sie haben also die Wahl: Entweder Möglichkeit 1 – jahrelanges Training, obwohl Sie nicht als Schauspieler Ihr Geld verdienen, und das mit zweifelhaftem Erfolg. Denn Sie sind immer damit beschäftigt, Ihre eigentliche Regung zu unterdrücken und eine andere Regung zu produzieren – das kostet Aufmerksamkeit, die Ihnen woanders fehlt. Für einen Schauspieler ist die Situation eine andere: Für einen Schauspieler ist das Darstellung bereits der eigentliche Job, also bereits das Ergebnis, während es für Sie ja ein Mittel zum Zweck sein soll. Wenn es schon nicht einfach ist, zu schauspielern, so ist es noch viel anspruchsvoller, zu schauspielern und gleichzeitig eigene Ziele zu verfolgen.
Hinzu kommt, dass körpersprachliche Signale nicht eindeutig sind (auch wenn viele das so behaupten). Zum Beispiel, verschränkte Arme sind nicht immer ein Zeichen für Abwehr. Ich kann auch einfach nur ganz entspannt sein und meine Arme verschränken. Körpersprachliche Signale sind nicht gleichzusetzen mit Vokabeln, die für ganz bestimmte Bedeutungen stehen.
Oder Möglichkeit 2 – Sie ersparen sich diesen Krampf, und kommunizieren authentisch, d.h. „echt“, ohne sich zu verstellen. Auch das mag nicht ohne Training gehen, aber zumindest befinden Sie sich damit auf dem Weg zu sich selbst, und nicht auf einem Weg von sich selbst weg.
Ich meine: Wenn Sie an Ihrer Körpersprachen arbeiten, dann können Sie auf diesem Gebiet einiges erreichen, solange Sie sich im Einklang mit sich selbst befinden. Wenn Sie Ihr Anliegen richtig finden, dann kann Ihnen das eine oder andere bewusst eingesetzte körpersprachliche Verhalten dabei helfen, Ihre Botschaft erfolgreich zu vermitteln. Zum Beispiel, wenn Sie von einer Sache überzeugt sind, dann zeigen Sie es mit sicherem Auftreten! Und wenn Sie von einer Idee begeistert sind, dann zeigen Sie es mit lebendiger Gestik! Aber versuchen Sie bitte nicht, andere zu begeistern, wenn Sie selbst keine Spur Begeisterung empfinden. Wir Menschen sind nämlich sehr sensibel für nicht-kongruente Kommunikation!
Wie gut ein Mensch nonverbale Kommunikation lernen kann, hängt sehr stark vom Kontext ab.
Ich habe einige Zeit mit der Körpersprache-Spezialistin Sabine Mühlisch gearbeitet. Meine Erfahrung ist dabei, dass es nicht darum geht, sich eine bestimmte Körpersprache anzutrainieren, sondern eher das zuzulassen, was an natürlichen Bewegungen da ist.
In diesem Sinne kann man Körpersprache lernen.
Auch ich halte nicht viel von der Möglichkeit, Körpersprache zu trainieren. Der dahinterliegende Wunsch ist ja oft, Gefühle und Unsicherheiten zu verbergen. Wo es sinnvoll sein kann, ist persönliche Angewohnheiten, die keine spezifische Gefühlsqualität haben, und oft einfach Marotten sind, zu bemerken und auszuprobieren, diese weg zu lassen.
Doch ich stimme mit Ihnen überein, dass Menschen sehr genau wahrnehmen, wenn jemand durch ein entsprechendes Training plötzlich anders sich verhält. Doch meist wollen Menschen andere Menschen sehen und nicht perfekte Menschen-Darsteller.
Irritationen bei der authentischen Vereinigung von nonverbaler Kommunikation mit Sprache, die so wichtig ist, weil wir mit Worten denken (!), gibt es vor allem deshalb, weil den meisten die fundamentalen Strukturen menschlich-unmenschlichen Handelns nicht bewußt sind. Folglich kennt kaum jemand das Verständigungshandicap, das für alle zwischenmenschlichen Probleme und Konflikte verantwortlich ist: Wir nehmen unsere Bedürfnisse intensiver wahr als die Bedürfnisse anderer, und wir bewerten unsere Leistungen höher als die anderer. Beide „Fehlleistungen“ verursachen in den meisten Partnerschaften Schieflagen und Unzufriedenheit, weil Partnerschaftskräfte nie gleich verteilt sind. Und diese Schwierigkeiten produzieren dann aufgrund dieser Verständigungsbehinderung gerne Konflikte.
Will man das Beste aus sich und aus seinen Partnern herausholen, sollte man die Ursache in den Griff bekommen, die unser Kommunikationsverhalten in den raffiniertesten Ausprägungen beeinflußt und bestimmt. Einziger „Nachteil“ für manche, die einfach viel mehr haben müssen als andere: Es wird ihnen seltener gelingen, andere über den Tisch zu ziehen. – Also eigentlich nichts, wofür es sich lohnen würde, sich und andere zu plagen.
Mehr darüber (auch einfacher) gibt es über die Internetseite http://www.verstaendigung.de
Schöne Grüße!
Also ich glaube, die Trainings sollten darin bestehen, sich zu trauen man selbst zu sein. Wie einer der Kommentatoren es auch auf den Punkt brachte ist, die Authentizität das wichtigste für eine gute Kommunikation, egal wie viel verbal oder nonverbal vermittelt wird!
Dem ist hinzuzufügen, dass authentische Körpersprache, bei der Arbeit im professionellen Coaching, sich aus der Persönlichkeit des Klienten gebiert. Ihm wird nichts „antrainiert“, sondern er entwickelt seine vorhandenen Möglichkeiten weiter. Es gibt kein Richtig und Falsch, sondern ein für die Situation „günstiges“ oder „ungünstiges“ Verhalten. Man muss ehrlich sein: jeder arbeitet gerne für seine Ziele. Von nichts kommt nichts.
Man kann nicht NICHT kommunizieren, der Körper drückt sich permanent aus. Warum, Herr JaCobi, sollte die Verfeinerung dieser wichtigen Sprache des Körpers eine Plage sein? Kommunikation macht Spass, sich auszuprobieren und Neues lernen ebenso. FS
http://www.substanz-coaching.de
Meiner Meinung nach ist die nonverbale Kommunikation ein gutes Mittel um sein Gegenüber von etwas zu überzeugen, natürkich nur unterstützend zur verbalen Kommunikation. Wenn man es allerdings nicht beherscht kann der Schuss nach hinten losgehen.