Gesichtsausdruck, Emotionen und Botox

Wenn wir fröhlich sind, schnellen unsere Mundwinkel nach oben. Wir lächeln. Das ist klar. Aber auch anders herum wird eine Verbindung draus. Wenn wir die Mundwinkel nach oben heben, dann werden wir fröhlich.

Der Sozialpsychologe Fritz Strack hat 1988 an der Universität Mannheim folgendes Experiment durchgeführt. Probanden mussten einen Bleistift quer in den Mund nehmen, dadurch wurden die Mundwinkel nach oben geschoben. Jetzt mussten sie eine Reihe von Cartoons nach Lustigkeit bewerten und siehe da, die Probanden mit den nach oben gezwungenen Mundwinkel fanden diese lustiger als die, die keinen Bleistift im Mund hatten.

Levenson und Ekman führten eine Reihe von Experimenten durch, die diese Wechselbeziehung von Gesichtsausdruck und Gefühlen auch auf physiologischer Ebene bestätigten. Probanden wurden detailliert angewiesen unterschiedliche Gesichtsausdrücke zu formen (Mundwinkel nach oben oder die Nase bei offenem Mund zu rümpfen). Ihnen wurde nicht gesagt, sie sollen Freude oder Ekel mit dem Gesicht ausdrücken. Siehe da, durch das Ändern des Gesichtsausdruckes, änderten sich auch physiologische Indikatoren bei den Probanden, wie zum Beispiel Herzfrequenz oder Leitfähigkeit der Haut (physiologische Muster, die mit den entsprechenden Emotionen korrelieren). Probanden, die ihre Schultern hochziehen mussten, die Mundwinkel bei offenem Mund nach unten ziehen und die Augen weit öffnen sollten, hatten eine erhöhte Herzfrequenz und verkürzte Intervalle des Atmens. Sie berichteten auch von höher erlebter Angst.

Je deutlicher die Gesichtsausdrücke geformt wurden, desto höher waren die physiologischen Indikatoren und desto stärker wurde das Gefühl erlebt. Die Gesichtsmuskeln melden dem Gehirn ihre Lage mit, worauf das Gehirn diese mit in die Kalkulation des Empfindens aufnimmt.

Unser aktuelles Empfinden und die Fähigkeit, Empfinden zu spüren, ist das Resultat eines Riesenkonzerts, mit ganz vielen Instrumenten. Unser Gehirn, der Dirigent, schafft aus allen diesen Einflüssen einen Klang. Neuste Erkenntnisse zeigen, dass Menschen, die mit Botox behandelt wurden, Emotionen in Gesichtsausdrücke anderer Menschen schlechter lesen konnten als Menschen ohne Botox Behandlung. Die Erklärung: Botox lähmt die Muskeln, ein Nachformen der Emotion ist weniger möglich, weniger Muskelaktivität führt zu niedrigeren physiologischen Indikatoren, dies wiederum zu weniger Empfinden und so macht Botox unseren Lebensklang stumpfer.

You can’t google the solutions to people’s feelings

“You can’t google the solutions to people’s feelings” singt uns Michael Skinner aka The Streets auf seiner neuen und letzten Platte “Computer and Blues” und bringt es mal wieder auf den Punkt. Der Pub-Poet (laut.de) verdichtet die Wahrheit in einen Satz und wir dürfen unsere Gedanken dran und darum hängen.

Die google-Wikipedia „Ich-weiß-alles-dank-meines-externen-Organ-Smart-Phone“-Mentalität hat in den Köpfen der Menschen Einzug gehalten. Alle Probleme werden weggegoogelt. Wissen wird quergeflogen dank Wikipedia aufgenommen. Das in Kurzatmigkeit vorgetragene stakkatohaft wiederholende „Ok“ klingt wie „Ich bin ein Schwamm, ich nehme alles in Hundertstel von Sekunden auf, entertain me“. Doch wie werden die tiefersitzenden Gedankengänge trainiert, die Zusammenhänge herstellen und neue originäre kreativen Ideen, neues Denken oder gar daraus abgeleitete neue  Verhaltensweisen entwickelt, wenn alles sofort gegoogelt wird?

Dieses Denken bereitet den Grund für die Akzeptanz von zig Tausenden Büchern auf dem Buchmarkt, die uns versprechen innerhalb einer Zeitangabe, etwas ganz Tolles zu erreichen: „In 7 Tagen zum Nichtraucher“ – „In 24 Stunden zum Börsencrack“ – „An einem Tag zum Maschinenschlosser“ oder „In 20 Minuten zum gleichmütigen, ausgeglichenen Stoiker“.

Harald Hordych hat vor einiger Zeit in der Wochenend-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung den überaus unterhaltsamen Artikel „Total verkorkst“ geschrieben. Hier beschreibt er folgenden Selbstversuch: Er liest das Buch „Weinkenner in 60 Minuten“ genau 60 Minuten lang (schafft allerdings nur 75 von 103 Seiten) und lässt anschließend seine Kenntnisse von einer anerkannten Sommelier überprüfen. Er fällt durch die quälende Prüfung und bekommt eine sechs. Kennerschaft und gar Meisterschaft sind nicht in 60 Minuten zu erreichen. Dazu benötigen wir weit mehr als einen gutstrukturierten Wikipedia-Artikel. Wir brauchen Enthusiasmus oder die Bereitschaft, etwas an unserer Gedankenwelt zu ändern.

Für den Umgang mit den Gefühlen anderer Leute, wie wir sie auch in Konfliktsituationen am Arbeitsplatz vorfinden, brauchen wir sogar die Bereitschaft uns auf neue Verhaltensweisen einzulassen. Das ist nicht immer einfach und vor allem nicht in 60 Minuten zu machen. Häufig müssen wir unser eigenes eingefahrenes Selbstbild, das uns so liebgeworden ist, hinterfragen und aufbrechen.

Das ist natürlich viel anstrengender und krisengeschüttelter als ein Buch in einer Stunde zu lesen. Gute Verhaltensseminare schaffen es, in einem geschützten Raum, die emotionalen Konfliktsituationen zu hinterfragen und die geeigneten Verhaltens- und Denkweisen zu identifizieren und einzutrainieren. Das dazu benötigte Bewusstsein entsteht aus der Interaktion von Anweisung und Selbsterkenntnis oder wie Michael Skinner im oben zitierten Lied singt:

Sometimes you have to find out for yourself.
Sometimes you need to be told.

Kopfsache Change

Change! Bewegung im KopfChange! – Bewegung im Kopf“ von Constantin Sander (Coach und Marketingberater) beschäftigt sich mit der Frage, wie man sich selbst verändern kann. Es geht hier um Persönlichkeitsentwicklung (nicht oder nur ganz am Rande um Organisationsentwicklung) und da gilt: „Ihr Gehirn wird so, wie Sie es benutzen“.

Es gibt ein großes Angebot an Ratgeberliteratur und Hilfestellungen für Menschen, die sich verändern wollen. Was unternehmen wir nicht alles, um dem Stress zu entkommen oder um unserem idealen Selbst ein Stück näher zu kommen? Aber vieles hilft dabei nur wenig, zum Beispiel:

  • Kausaldenken und lineares Denken sind auf komplexe Systeme nicht anwendbar.
  • Positives Denken ist oberflächlich und kann keine Probleme lösen.
  • Die Dressierung des inneren Schweinehundes führt meistens nicht weiter, da problematische Anteile bekämpft werden („weg von“), bevor Ziele definiert wurden („hin zu“).
  • Ein Motivationstraining ist oft nur sehr kurzfristig wirksam, denn ein nachhaltig wirksamer Impuls kann nur von innen kommen.
  • Zeitmanagement ist oft keine Lösung. Das Gefühl, in der Tretmühle zu stecken, bleibt.

So funktioniert das nicht. Unser Gehirn folgt gerne ausgetretenen Pfaden und wir müssen unsere Natur verstehen und berücksichtigen, wenn wir unsere Persönlichkeit weiterentwickeln wollen.

Constantin Sander beschreibt eine ganze Reihe von wirksameren Modellen und Prinzipien der Veränderung. Die meisten Erkenntnisse in diesem Buch stammmen aus dem Fundus des Neurolinguistischen Programmierens (NLP). Die Schule des NLP hat viele psychologische Erkenntnisse unter dem Gesichtspunkt der Persönlichkeitsentwicklung zusammengetragen und popularisiert. Dieses Wissen wird angereichert durch neurobiologische Befunde und systemische  Überlegungen.

Wenn wir uns auf die Reise begeben, uns selbst zu verändern, dann sollten wir zum Beispiel diese Punkte berücksichtigen:

  • Wir müssen anerkennen, dass unsere mentale Repräsentation der Wirklichkeit nicht die Wirklichkeit ist, sondern andauernd von unserem Gehirn konstruiert wird: Die Landkarte ist nicht das Gebiet.
  • Komplexe Systeme erfordern systemisches Denken. Das bedeutet beispielsweise, dass wir Komplexität erfassen, aber auch reduzieren müssen.
  • Wir lernen nicht durch die Ansammlung von Wissen, sondern durch Erfahrung (deshalb kann ein Buch nicht ein Training ersetzen).
  • Wir sind grundsätzlich zur Einfühlung fähig (Empathie) und auf Kooperation angewiesen. Wir sind keine rationalen Nutzenmaximierer (homo eoconomicus), sondern Gemeinschaftswesen.
  • Wir müssen unsere Emotionen in den Veränderungsprozess einbeziehen. „Gefühle sind wichtig“ (Gerald Hüther). Wie fühlt sich das an? Ist es stimmig?
  • Wir brauchen Ziele, die uns motivieren. Das erfordert eine Klärung der eigenen Werte und Antriebe. Unliebsame Muster zu bekämpfen ist fruchtlos, solange nicht etwas Neues, Besseres an deren Stelle tritt. Achten Sie darauf, Ziele gut zu formulieren!
  • Am Anfang stehen Entscheidungen. Entscheidungen erfordern Kriterien. Auf welcher Basis entscheide ich?
  • Die besten Motivatoren sind nicht Geld und Boni, sondern positive Erfahrungen.
  • Erkennen Sie Ihre persönlichen Ressourcen (Stärken) und nutzen Sie diese!
  • Wenn Sie wissen, was Sie wollen, probieren Sie es aus (im Kopf)!

Sie sind immer auch „Change Manager in eigener Sache“. Constantin Sander beschreibt viele Ansätze, wie Sie Ihren persönlichen Change Prozess erfolgreich und nachhaltig gestalten können. Unser Gehirn ist auf Lernen ausgelegt, nutzen wir es entsprechend!

Beim Verhandeln Menschen und Probleme trennen

Missklänge, Misstrauen, Schuldzuweisungen, Ärger, persönliche Angriffe, beleidigt sein, Frustration, gefühlter Mangel an Wertschätzung. Wir können nicht aus unserer Haut, wir haben Gefühle und reagieren emotional. “Business ist nichts anderes als ein Knäuel menschlicher Beziehungen” (Lee Iacocca). Das kann sehr positiv sein, sehr leicht kommt uns der menschliche Faktor jedoch in die Quere. Es ist klar, dass Verhandlungen, die mit negativen Gefühlen für die Beteiligten einhergehen, schwierig sind und schneller scheitern.

Eines der Grundprinzipien des sachbezogenen Verhandelns nach dem Harvard-Konzept lautet: Menschen und Probleme getrennt voneinander behandeln! Das heißt nicht etwa, die menschlichen Regungen und Gefühle auszublenden, sondern Sie eben getrennt von den sachlichen Erörterungen zu halten. Es ist sogar sehr wichtig, sich der Gefühle, die im Spiel sind, bewusst zu werden. Dazu gehört Empathie – die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen (Wie kommt das bei ihm an? Wie fühlt sie sich jetzt?). Das ist wichtig, weil die Beziehung wichtig ist. In der Tat ist die Aufrechterhaltung der Beziehung oft noch viel wichtiger (und auch insgesamt profitabler) als ein bestimmtes Verhandlungsergebnis.

Für das Verhalten in Verhandlungen bedeutet das: Opfern Sie nicht Ihre Interessen, um sich auf einer menschlichen Ebene „einzukaufen“. Versuchen Sie z.B. nicht, einen menschlichen Konflikt dadurch zu entschärfen, indem Sie Zugeständnisse machen. Sondern adressieren Sie die menschlichen Aspekte, bevor Sie auf sachlicher Ebene weiter machen. Zum Beispiel, erlauben Sie der anderen Partei, Dampf abzulassen, ohne das als persönlichen Angriff zu verstehen. Akzeptieren Sie, dass Sie Emotionen haben und dass die Gegenseite Emotionen hat. Sprechen Sie Emotionen an. Prüfen Sie Ihr Verständnis des Gesagten, indem Sie es mit eigenen Worten wiederholen. Appellieren Sie an Ihre Verhandlungspartner, eine gemeinsame Übereinkunft zu suchen.

Bei Verhandlungen gibt es immer unterschiedliche Interessen (sonst ist es keine Verhandlung). Es gibt aber immer auch gemeinsame Interessen, sonst wären die Verhandlungsparteien nicht zusammen gekommen. Achten Sie darauf, trotz unterschiedlicher Interessen das Problem anzugehen, und nicht die Menschen!

Die Beiträge dieser Serie im Überblick:

Verhandeln oder feilschen?
Hart verhandeln oder weich verhandeln?
Sachbezogenes Verhandeln
Beim Verhandeln Menschen und Probleme trennen
Beim Verhandeln auf Bedürfnisse konzentrieren
Beim Verhandeln objektive Kriterien anwenden
Kritik am Harvard-Konzept