You can’t google the solutions to people’s feelings

“You can’t google the solutions to people’s feelings” singt uns Michael Skinner aka The Streets auf seiner neuen und letzten Platte “Computer and Blues” und bringt es mal wieder auf den Punkt. Der Pub-Poet (laut.de) verdichtet die Wahrheit in einen Satz und wir dürfen unsere Gedanken dran und darum hängen.

Die google-Wikipedia „Ich-weiß-alles-dank-meines-externen-Organ-Smart-Phone“-Mentalität hat in den Köpfen der Menschen Einzug gehalten. Alle Probleme werden weggegoogelt. Wissen wird quergeflogen dank Wikipedia aufgenommen. Das in Kurzatmigkeit vorgetragene stakkatohaft wiederholende „Ok“ klingt wie „Ich bin ein Schwamm, ich nehme alles in Hundertstel von Sekunden auf, entertain me“. Doch wie werden die tiefersitzenden Gedankengänge trainiert, die Zusammenhänge herstellen und neue originäre kreativen Ideen, neues Denken oder gar daraus abgeleitete neue  Verhaltensweisen entwickelt, wenn alles sofort gegoogelt wird?

Dieses Denken bereitet den Grund für die Akzeptanz von zig Tausenden Büchern auf dem Buchmarkt, die uns versprechen innerhalb einer Zeitangabe, etwas ganz Tolles zu erreichen: „In 7 Tagen zum Nichtraucher“ – „In 24 Stunden zum Börsencrack“ – „An einem Tag zum Maschinenschlosser“ oder „In 20 Minuten zum gleichmütigen, ausgeglichenen Stoiker“.

Harald Hordych hat vor einiger Zeit in der Wochenend-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung den überaus unterhaltsamen Artikel „Total verkorkst“ geschrieben. Hier beschreibt er folgenden Selbstversuch: Er liest das Buch „Weinkenner in 60 Minuten“ genau 60 Minuten lang (schafft allerdings nur 75 von 103 Seiten) und lässt anschließend seine Kenntnisse von einer anerkannten Sommelier überprüfen. Er fällt durch die quälende Prüfung und bekommt eine sechs. Kennerschaft und gar Meisterschaft sind nicht in 60 Minuten zu erreichen. Dazu benötigen wir weit mehr als einen gutstrukturierten Wikipedia-Artikel. Wir brauchen Enthusiasmus oder die Bereitschaft, etwas an unserer Gedankenwelt zu ändern.

Für den Umgang mit den Gefühlen anderer Leute, wie wir sie auch in Konfliktsituationen am Arbeitsplatz vorfinden, brauchen wir sogar die Bereitschaft uns auf neue Verhaltensweisen einzulassen. Das ist nicht immer einfach und vor allem nicht in 60 Minuten zu machen. Häufig müssen wir unser eigenes eingefahrenes Selbstbild, das uns so liebgeworden ist, hinterfragen und aufbrechen.

Das ist natürlich viel anstrengender und krisengeschüttelter als ein Buch in einer Stunde zu lesen. Gute Verhaltensseminare schaffen es, in einem geschützten Raum, die emotionalen Konfliktsituationen zu hinterfragen und die geeigneten Verhaltens- und Denkweisen zu identifizieren und einzutrainieren. Das dazu benötigte Bewusstsein entsteht aus der Interaktion von Anweisung und Selbsterkenntnis oder wie Michael Skinner im oben zitierten Lied singt:

Sometimes you have to find out for yourself.
Sometimes you need to be told.

Eine Antwort auf „You can’t google the solutions to people’s feelings“

  1. Sehr geehrter Herr Kummermehr,
    habe gerade durch Zufall Ihren Beitrag (You can´t google the solutions….) gelesen. Sie liegen damit im Grunde richtig. Ob nun aber mein Büchlein „Weinkenner in 60 Minuten“ als Beleg herhalten muss? Der Titel und die Zeitangabe sind ja eher humorvoll zu sehen. Niemand wird zu einem „Kenner“ von irgendwas in einer Stunde. Aber das dürfte auch dem kleinsten Kind klar sein. Das die SZ daran eine ganze Seite „aufhängt“ war wunderbar und hat mir eine Extra-Auflage eingebracht!! Und jetzt gibt es das Buch auch noch als Audio CD….! Und Tausende Menschen bilden sich zu „Halbwissenden“ über Wein! Es gibt von mir auch noch ein „Feinschmecker in 60 Minuten“ und ….. bitte festhalten…. „Deutschland – Das Buch“ (gemeinsam mit Johannes Thiele). Ein hochgelobtes, aber verdichtetes Buch (www.deutschland-das-buch.de). Verdichtung ist eine Kunst. Titelfindung auch. Zusammen ergibt das dann ein Lesevergnügen! Zumindest für viele! Alles Beste wünscht Ihnen Ihr G. Lueckel

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