Verlust aufs Gewinnen

Vor einiger Zeit lief im Fernsehen ein Spot einer Genossenschaftsbank mit dem Trainer Jürgen Klopp. In diesem – mit dem Arbeitstitel  „Die Lust auf Gewinnen tobt in mir“ – erklärt er uns seine Motivation.

Ich glaube nicht daran, dass die Angst vorm Verlieren dich eher zu einem Sieger macht als die Lust auf Gewinnen und die Lust auf Gewinnen ist das um was es geht

Da fasst er in einem Satz eine fundierte psychologische Erkenntnis zusammen. Das Persönlichkeitskonstrukt Leistungsmotivation kennt zwei Tendenzen: Die Furcht vor Misserfolg und die Hoffnung auf Erfolg. Solche, die Leistung bringen, weil sie sich über eine bestandene Prüfung oder ein gewonnenes Spiel freuen, haben tatsächlich mehr Erfolg als diejenigen, die lernen und sich anstrengen, weil sie Furcht vor Misserfolg haben und den negativen Konsequenzen (z. B. Scham)  entgehen wollen.

Ein weiteres Zitat aus dem Filmchen „Die Lust auf Gewinnen tobt in mir“  lautet:

Ich bin sehr ehrgeizig schon, aber eben nicht so, dass ich bei der ganzen Geschichte vergesse, was es eigentlich ist. […] Ich kann nicht außer Acht lassen, dass es am Ende doch nur ein Spiel ist.[…] Wenn es so Ernst wird, dass du gar keine Freude mehr daran empfindest, dann sieht es nachher nicht mehr aus wie ein Spiel, dann ist es Arbeit, dann ist es schlecht, dann kannst du es auch nicht gebrauchen.

Wer die Bilder vom letzten Samstag beim Spiel gegen Gladbach gesehen hat, wird es schwer haben, diese Selbstauskunft zu bestätigen. Ein Wutanfall, uncharmanter Umgang mit Reportern, angeblich einen Ordner angepöbelt. Das Verlieren tobt auch. Und tatsächlich hat die Welt recht, wenn sie schreibt, dass Emotionen wichtig sind und dass wir deshalb etwas zu schreiben und zu schimpfen haben. Und tatsächlich wäre der Fußball um einiges langweiliger, wenn jedes Interview glattgebügelt und nichtssagend daher kommt, wie es in letzter Zeit bei Profifußballern kritisiert wurde. Aber hier ist Besserungsbedarf.

Kahneman, Knesch und Thaler haben in Experimenten nachgewiesen, dass wir eine Verlustaversion haben. Stellen Sie sich vor, Sie spekulieren mit Währungen. Steigt ein Invest um den Betrag X, dann freuen Sie sich nicht so stark, wie Sie sich ärgern, wenn das gleiche Invest um den Betrag X sinkt. Wir neigen dazu, uns eher zu ärgern als zu freuen.

Das soll für Jürgen Klopp heißen, dass wenn die Lust aufs Gewinnen so tobt, dass er doch bitte das Toben aufs Gewinnen beschränken soll. Eine ausgeprägte Verlustaversion führt ja dazu, dass…

… du gar keine Freude mehr daran empfindest, dann sieht es nachher nicht mehr aus wie ein Spiel, dann ist es Arbeit, dann ist es schlecht, dann kannst du es auch nicht gebrauchen.

Umgang mit Klaus Kinski

Von Zeit zu Zeit werde ich in Seminaren gefragt, wie man mit einem Choleriker umgehen soll. Ein wahrer Choleriker from Hell ist Klaus Kinski: egomanisch, laut, ohne mitmenschliche Züge, irrational und durchgeknallt. Toll, dass es über ihn genügend Anschauungsmaterial gibt, um daraus zu lernen.

Wie wahnsinnige Choleriker agieren führt uns der Schauspieler auf eindrucksvolle Weise in dem nachfolgenden Film vor. Ebenfalls eindrucksvoll beschreibt der Regisseur Werner Herzog, wie er es mit Hilfe einer sogenannten paradoxen Intervention schaffte, Kinski zunächst für einen Moment wieder zu beruhigen.  Besondere Menschen bedürfen besonderer Interventionen.

Eine ganz besondere Intervention boten die Statisten des Films Herzog an, die wir ausdrücklich nicht empfehlen beim Umgang mit einem Choleriker. Aber hören Sie und sehen Sie selbst.

Das Wörtchen „weil“

XING Mitglied werdenGestern bekam ich über das soziale Netzwerk XING eine Kontaktanfrage von einer mir unbekannten Person. Soweit nichts Ungewöhnliches. Doch der Text machte mich etwas stutzig:

ich freue mich, wenn Sie mich in Ihr Netzwerk aufnehmen, weil ich Sie sehr gerne zu meinen Kontakten zählen würde.

Fällt Ihnen etwas auf? Die Begründung ist tautologisch (dasselbe sagend). Ausgedrückter Wunsch und Begründung für den Wunsch sind identisch. Wir sollten uns über XING verknüpfen, weil wir dann über XING verknüpft sind.

Das erinnert mich an das Experiment von Langer et al. (1978, geschildert auch in dem Buch „Die Psychologie des Überzeugens“ von Cialdini, ich habe zu den darin geschilderten Einflussnahme-Strategien bereits einen Blogbeitrag geschrieben: „Die psychologischen Tricks der Werbung„). In dem Experiment kommt sehr schön unsere Neigung zum Ausdruck, Begründungen zu erwarten und auf Begründungen zu reagieren. Wenn wir etwas tun sollen, dann möchten wir gerne einen Grund dafür haben. Wenn wir eine Bitte an andere richten, dann sind wir erfolgreicher, wenn wir die Bitte begründen.

Die Sozialpsychologin Ellen Langer und ihre Mitarbeiter haben haben in ihrem Experiment 3 Varianten getestet, um in einer Schlange vor dem Fotokopierer einer Uni vorgelassen zu werden. Variante 1: „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen, weil ich es sehr eilig habe.“ Die Erfolgsquote lag bei 94%. Variante 2: „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen?“ Die Erfolgsquote lag bei 60%, also deutlich unter der von Variante 1. Begründungen wirken, das war bereits vorher bekannt.

Das Experiment hatte jedoch noch eine weitere Variante. Variante 3: „Entschuldigung, ich habe 5 Seiten. Können Sie mich bitte vorlassen, weil ich Kopien machen muss.“ Was meinen Sie, wie hoch lag die Erfolgsquote? Wenn ich im Einflussnahme-Training die Teilnehmer frage, liegen die Schätzungen in aller Regel unter Variante zwei, also bei weniger als 60%, oft sehr viel weniger, manchmal nahe null.

Überraschenderweise lag die Erfolgsquote von Variante 3 (tautologische Begründung) jedoch bei 93%. Es kommt demnach also gar nicht auf eine stichhaltige Begründung an, sondern wir reagieren eher mechanisch auf das Wort „weil„. Wenn wir analytisch und kritisch die Aussagen ansehen, dann fällt uns auf, dass derjenige, der um den Gefallen bittet, keine neuen Informationen liefert und nur das Offensichtliche bestätigt. Aber wenn die Aufmerksamkeit nicht geweckt ist, reagieren wir automatisch.

Diesen Mechanismus scheint sich der Kontaktanfrage-Schreiber zunutze machen zu wollen. Bräsig, dumpf, anderweitig beschäftigt vor dem PC sitzend, nur noch das „weil“ wahrnehmend, was eine Begründung suggeriert, klicken wir einfach auf „Kontaktanfrage bestätigen“. Vielleicht hat der Kontaktanfrage-Schreiber sich keine Gedanken gemacht, vielleicht hat er über das Langer-Experiment gelesen, vielleicht ist das Ganze sogar ein eigenes Experiment?

Ich habe die Kontaktanfrage nicht bestätigt. Falls Sie mich in Ihr XING-Netzwerk aufnehmen möchten, gerne. Klicken Sie einfach auf das XING-Logo. Bitte mit Begründung, weil ich gerne eine Erklärung hätte. 😉

West Wing

„Uh, ah das ist politisch“ wird schmallippig gesagt und meint so viel „Hier brauch ich nichts zu machen, weil hier kann ich nichts machen!“.  Das Politische oder das, was als das Politische wahrgenommen wird, ist das Rückzugsgebiet mancher Angestellten in deutschen Unternehmen. In diesem unbestimmten Raum darf er sich in die Ohnmacht zurückziehen und sich als kleines Marionettchen fühlen und braucht auch nichts mehr zu machen außer in der Teeküche irgendwie wissend ohne etwas zu wissen dem Kollegen zuzuraunen „das ist politisch!“ Mein Nutzen davon? Ich bin zwar Opfer, aber dafür moralisch überlegen. Die Antidepressiva dürfen schon mal bestellt werden.

Bumm – Denkverbot, das ist politisch. So einfach ist das manchmal. Ich habe das Gefühl, dass die Business Sprache auch dank dem Einzug des Englischen viele Wörter benutzt, die Denkverkürzungen sind und trotzdem selbstwerterhöhend funktionieren. Tough Cookie oder Shitstorm oder wenn jemand voller Stolz sagt „Bullshit Bingo“, wissend lacht, dann ist  man selbst versucht, sofort Bingo zu rufen.

Aber wie funktioniert nun das Politische? Wir könnten zwar Oswald Neuberger’s tolles Buch lesen, aber das wäre mir jetzt zu wenig unterhaltsam. Wir könnten uns Günter Wallrafartig als ganz alter Mann verkleiden und in die FIFA einschleichen und mal schauen, was der Sepp Blatter macht. Diese Aktion wäre sicherlich ein Tough Cookie und wenn es dann rauskommt, dann kommt der Shitstorm. Also bleibt uns, um wirklich herauszufinden, wie das ominöse Politische funktioniert, DVD zu schauen und zwar das hervorragende „West Wing“.

Die Serie von Mastermind Aaron Sorkin handelt von dem fiktiven US-Präsidenten Josiah Bartlet und dessen Beraterstab. Wir sehen, wie die Entscheidungsprozesse im Weißen Haus funktionieren. Wir sehen ständig Menschen, die in Gängen und Bürolabyrinthen laufen und reden. Die Serie ist nie stumm. Stets wird gehandelt, Tauschwerte für Kongressabgeordnete entwickelt, Anwendungen von Gesetzen gedehnt, Beziehungen aufgebaut und Ziele verfolgt. Wie und wann gehen wir damit an die Presse und immer geht es Schlag auf Schlag. Ein Fest für Kommunikationsinteressierte.

Also falls Sie wirklich mal wissen wollen, wie das funktioniert mit dem Politischen, legen Sie West Wing ein und drücken Sie auf „Play all“.

WikiLeaks – Transparenz und Vertrauen

WikiLeaks beherrscht seit Wochen die Schlagzeilen: Enthüllungen, geheime Dokumente, Julian Assange, Hacker-Angriffe, Pro und Contra WikiLeaks. Ein Riesen-Hype. Es gibt Hardcore-Gegner, die WikiLeaks am liebsten verbieten wollen, die Handlungsgrundlagen entziehen möchten, oder schlimmeres (Sarah Palin rief zur Jagd auf Assange auf). Und es gibt Hardcore-Befürworter, die WikiLeaks, die absolute Transparenz fordern, welche es auch mit Mitteln des Cyberkriegs zu verteidigen gilt. Die Extrempositionen kommen mir vor wie Reflexe, die entweder auf den Erhalt des Status Quo gerichtet sind (der gestrenge Vater, der sagt „das darfst du nicht!“) oder aber antiautoritär-rebellisch sind (das aufmüpfige Kind, das etwas von der Unterhaltung der Erwachsenen aufgeschnappt hat, das jetzt herumerzählt und sich über die entstandene Aufregung freut).

Allein die Person Julian Assange lädt dazu ein, Position zu beziehen. Seine Anhänger sehen in ihm eine Art Heiland, der von finsteren Mächten verfolgt wird. Seine Gegner sehen in ihm einen Brandstifter, dem das Handwerk gelegt werden muss. Ich meine, ohne Vorurteil können wir feststellen, dass Assange mit einer genialen Idee eine ungeheure Dynamik in Gang gesetzt hat und dass er gerne im Mittelpunkt steht. Er gibt auch deshalb eine gute Projektionsfläche ab, weil er nicht frei ist von Widersprüchen: Anderen zwingt er Transparenz auf, sich selbst macht er zum Geheimnis. Er veröffentlicht gerne die Geheimnisse anderer Leute, aber beschwert sich, wenn etwas über seinen Prozess durchsickert. Oder er verweigert der New York Times die Dokumente, weil die einen kritischen Bericht über ihn geschrieben haben (die NYT hat die Dokumente dann vom Guardian bekommen). Bisher hat WikiLeaks noch keine Geheimnisse aus nicht-demokratischen Ländern veröffentlicht (Josef Joffe: „Er benutzt die offene Gesellschaft gegen sie“). Die Veröffentlichungen richten sich gegen die Macht, schaffen aber eine neue Macht, die zudem viel weniger berechenbar ist. Ob er ein Vergewaltiger ist, das haben Gerichte zu entscheiden. Ich stelle eine Hybris fest: Ursprünglich ging es WikiLeaks um Transparenz, heute scheint es Assange eher darum zu gehen, Institutionen in’s Wanken zu bringen (er wolle demnächst Dokumente von Unternehmen veröffentlichen und dann könnten „ein oder zwei“ amerikanische Banken untergehen) – es könnte aber auch typisch amerikanisches Marketing sein.

Jenseits der Extreme gibt es zum Glück besser reflektierte Positionen und fruchtbare Diskussionen. Denn wir müssen uns schon diese Fragen stellen: Dient das Veröffentlichen von geheimen Dokumenten der Demokratie oder beschädigt es sie? Inwieweit wird hier Vertraulichkeit zerstört? Diese Debatte ist wichtig. Sie betrifft die Kommunikation der Mächtigen genauso wie unser aller Kommunikation. Im Kern geht es bei der Debatte um WikiLeaks um das Verhältnis von Transparenz und Vertrauen.

Ich nehme an, wir sind uns weitgehend einig, dass sowohl Transparenz als auch Vertrauen wichtige Werte sind. Es geht um die Balance. Was sollte transparent sein, was sollte auch geheim bleiben dürfen? Sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Konfliktes oder gar Krieges oder steigt diese Wahrscheinlichkeit? Führen solche Veröffentlichungen zu mehr Offenheit oder zu mehr Paranoia? Welche Informationen sollten geteilt werden, und wo gibt es Grenzen – zum Beispiel in Bezug auf unsere Sicherheit? Selbstverständlich haben wir Gesetze, die den Datenschutz regeln. Aber die Frage nach Transparenz und Vertraulichkeit stellt sich nicht nur Geheimnisträgern, sondern uns allen. Wir alle sind immer wieder vor Entscheidungen gestellt, welche Informationen wir vertraulich behandeln und welche wir mit anderen teilen. Und wenn wir unsere Einschätzungen weitergeben, in welchen Ton wir das tun.

Der Spiegel (wie auch die Blätter New York Times, Guardian, Le Monde und El País) veröffentlichten WikiLeaks-Dokumente und begründen das damit, dass dadurch besser zu verstehen ist, wie die Welt funktioniert. Und sie können sich auf einen Präzedenzfall berufen, nämlich die Begründung für den zweiten Irakkrieg. Die Öffentlichkeit wurde falsch informiert und hätte bei höherer Transparenz den Krieg vermutlich nicht gebilligt. Die Pro-Position lautet:

Die Veröffentlichungen von Wikileaks tragen zu Erkenntnisgewinn und Aufklärung bei. Sie verändern unseren Blick auf die Welt und auf die, die sie lenken. Wir sollten dankbar dafür sein.
(Axel Kintzinger in der FTD)

Die Contra-Position lautet:

Wikileaks zerstört einen Prozess der Meiniungsbildung, ohne den weder Politik noch Alltagsleben gelingen können. Es erstickt damit einen wichtigen Teil demokratischer Kultur.
(Joachim Zepelin in der FTD).

Ulrich Greiner (DIE ZEIT) argumentiert, dass Datenschutz wichtig ist. Wir wollen nicht, dass der Staat oder x-beliebige andere Zugriff erhalten auf unsere persönlichen Daten. Gleiches gelte für Institutionen:

Diskretion schützt auch die Institutionen. Kein Rechtsstaat wäre möglich, wenn jeder Stand der Ermittlungen ruchbar würde; keine wissennschaftliche Arbeit, wenn alle Schritte zu ihrem Ergebnis vorzeitig bekannt würden; und keine gute Zeitung, wenn interne Verständigungen allesamt öffentlich würden.

Greiner plädiert für ein Verständnis unterschiedlicher Rollen, die ihren geschützten Raum brauchen:

Auf dem Spiel steht etwas anderes, nämlich eine kulturelle Errungenschaft: die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Kommunikationsformen und Sprechweisen zu unterscheiden. Der kultivierte Mensch weiß in der Regel genau, welche Worte er unter welchen Umständen zu wählen hat. In seinen vier Wänden spricht er anders als im Büro, am Stammtisch anders als in der Konferenz. Mit mangelnder Aufrichtigkeit hat das nichts zu tun, sondern mit jener Interdependenz, die entwickelte Kulturen immer ausgezeichnet hat. Nur Kinder und Narren plappern überall dasselbe. Alle anderen aber sollten wissen, dass die differenzierte Gesellschaft ein differenziertes Verhalten erfordert. Als Vater muss ich anders sprechen denn als Vorgesetzter und wieder anders als Freund, als Geschäftspartner, als Zeuge, als Kontrahent.

Ähnlich äußert sich Joachim Zepelin in der FTD und schlägt folgendes Gedankenexperiment vor:

Stellen Sie sich vor, jeder Satz, den Sie an einem Tag mit jemandem besprochen haben, würde im Internet stehen: Was Sie über Ihren Kollegen sagen, über Ihre Kinder, einen Wettbewerber oder die lieben Verwandten. Wir brauchen Raum für geschützte Überlegungen, um zu raten und zu beraten, ohne gleich die Betroffenen vor den Kopf zu stoßen.

Zuviel Transparenz zerstört Vertrauen.

Der Sinn der Offenheit besteht darin, dass die Mächtigen sich besser verhalten – und dass wir ihnen stärker vertrauen können. Anstatt sie als Feinde zu betrachten, sollten wir wissen, was sie vorhaben, und vielleicht etwas mehr Mitspracherecht dabei bekommen, was sie tun.
(Esther Dyson in der FTD, 17.12.2010)

Transparenz fördert Vertrauen.

Transparenz zerstört Vertrauen – Transparenz fördert Vertrauen. Beides ist möglich.

Es wird für uns immer eine Herausforderung bleiben, eine Balance zwischen Transparenz und Vertraulichkeit herzustellen. Ich sehe einen dritten Weg zwischen Geheimhaltung und totaler Transparenz: Respektvoll kommunizieren. Respektvoll auch gegenüber nicht anwesenden. Dafür ist ein hohes Maß an kommunikativem Geschick nötig und eine gehörige Portion Empathie. Es wird wohl fast jedem von uns schwerfallen, sich gar nicht mehr abfällig über andere zu äußern (das ist ja auch so schön selbstwerterhöhend und gemeinschaftsstärkend) – ich halte das jedoch zumindest für  eine lohnenswerte Übung für die Entwicklung der eigenen Achtsamkeit. Stellen Sie sich vor, alles was Sie sagen oder schreiben, wird im Internet veröffentlicht: Was würden diejenigen empfinden, über die Sie sich äußern?

Wenn aus Freunden Feinde werden

nachbarschaftsstreitMittwochs 20:15 läuft auf RTL die Reihe „Nachbarschaftsstreit“. Hier können wir zuschauen, wie zwei Streithähne sich fetzen und dann ein Versuch der Mediation unternommen wird. In der nunmehr zweiten Staffel  ist das Konzept geblieben, der Mediator hat gewechselt. Die Rolle des Mediators hat jetzt Rechtsanwalt Franz Obst, während in der ersten Staffel noch Ernst Andreas Kolb vermittelte. Und es gibt noch eine Änderung, RTL spricht nämlich  gar nicht mehr von „Mediation“. Mediator Franz Obst stellt sich den Konfliktparteien und dem Zuschauer als „Rechstanwalt und Streitschlichter“ (nicht Mediator). Marcus C. Brinkmann (ebenfalls Mediator) bedauert auf seinem ADR-Blog, dass RTL nicht mehr von Mediation spricht, da er dem Begriff einen höheren Bekanntheitsgrad wünscht. Er findet das Format an sich jedoch gut, da es das Konzept der Mediation bekannter macht, wenn auch auf RTL-Niveau.

In der Tat hat der Zuschauer hier die Chance, einen kleinen Einblick in das Geschehen einer Mediation zu erhalten. Natürlich wird der Konflikt nochmal vor der Kamera ausagiert, und all die bösen Details des Konfliktes werden vor dem Zuschauer ausgebreitet. Aber der Zuschauer kann eben auch erleben, dass selbst erbitterte Feinde sich wieder vertragen können, und zwar durch einen Prozess, in dem kommunikative Mittel geschickt eingesetzt werden.

Zum Beispiel war letzte Woche bei der Vermittlung zwischen den zerstrittenen Ehepaaren Buse und Hähn („Wenn aus Freunden Feinde werden“) zu erleben:

  • Wie beide Parteien ihre Position durchsetzen wollen (jeder möchte anfangs noch das Win-Loose-Spiel weiter spielen)
  • Das  Auseinanderhalten von Sachebene (Wohnen, Vertrag) und Beziehungsebene (Freundschaft, verletzte Gefühle)
  • Wie Franz Obst nicht vorschnell urteilt, sondern sich beide Seiten anhört und sich ein möglichst „ungefärbtes“ Bild der Situation macht
  • Wie Franz Obst aktiv zuhört und empathisch auf die Konfliktparteien eingeht
  • Wie auch auf symbolische, fast spielerische Weise sehr ernste Verstrickungen dargestellt und bearbeitet werden
  • Wie der Mediator die Gretchenfrage stellt „Sind Sie bereit, auf die anderen zuzugehen?“

Nicht alles entsprach der reinen Lehre der Mediation, aber man sieht als Zuschauer ja nur Ausschnitte.

Die Sendungen sind noch eine Woche nach Ausstrahlung über http://rtl-now.rtl.de/ kostenfrei in voller Länge abrufbar (danach 99 Cent).

Verhängnisvoll: Persönliche Konflikte

amerikas-alptraumDie Fernsehdoku „Amerikas Alptraum – Der 11. September 2001“ rekonstruiert die Vorgeschichte und den Ablauf der „9/11“-Anschläge. Die Dokumentation konzentriert sich dabei auf die Geschichte von John O’Neill, der vor dem Anschlag warnte und darin umkommt.

Der FBI-Ermittler John O’Neill beobachtete genau die Aktivitäten Osama Bin Ladens und der Al Qaida. O’Neill war überzeugt, dass Bin Laden extrem gefährlich ist und einen verheerenden Angriff auf die USA plant.

Der FBI-Ermittler John O’Neill reiht ein Indiz an das andere, analysiert Bin Ladens Anschläge und entschlüsselt Schritt für Schritt die Pläne des Terrornetzwerks Al Qaida. Bald wird ihm klar, dass New York das nächste Ziel der Terroristen sein könnte. Das FBI will davon nichts wissen. Frustriert kündigt John O’Neill beim FBI im Spätsommer 2001. Kurz darauf tritt er seinen neuen Job an: ausgerechnet als Sicherheitschef des World Trade Centers. John O’Neill stirbt in den einstürzenden Türmen am späten Vormittag des 11. September 2001.

(arte)

Das ist schon eine tragische Pointe, aber noch nicht der Punkt, auf den ich hinaus möchte. Ein Aspekt der Geschichte ist mir besonders aufgefallen. Es gab nur „zwei oder drei Leute in der ganzen Welt, ausserhalb von Al Qaida“ (Lawrence Wright, Terrorismus-Experte), die die Gefahr erkannten, die von Bin Laden ausging. Einer davon war O’Neill. John O’Neill sah es als seine persönliche Mission, Bin Laden unschädlich zu machen. Und es gab noch jemanden in den USA, der Bin Laden stoppen wollte: Michael Scheuer (CIA Antiterror-Einheit). Scheuer wäre der perfekte Verbündete füt O’Neill gewesen. Doch die beiden hatten ein Problem – miteinander.

Eine der Tragödien dieser Geschichte ist, dass Scheuer und O’Neill sich so gehasst haben… Sie haben nicht nur nicht kooperiert, sie verbargen Informationen voreinander. Wenn dagegen CIA und FBI zusammen gearbeitet hätten, dann wäre 9/11 wohl nicht passiert.

(Lawrence Wright, in der Dokumentation in Minute 37)

Und wie sieht es in den Unternehmen aus? Viele Teilnehmer in unseren Trainings (nicht nur zum Thema Konfliktmanagement) berichten ganz ähnliche Verhältnisse. Der eine mag den anderen nicht, fühlt sich vom anderen schlecht behandelt oder hat andere Ziele. Ein Konflikt entsteht, die Zusammenarbeitet leidet, es gibt Reibungsverluste, Probleme in den Abläufen, schlechte Ergebnisse, Mitarbeiterausfälle. Schon mal über die Folgen von Konflikten im eigenen Unternehmen nachgedacht?

Video „Amerikas Alptraum – Der 11. September 2001“ auf dem arte Videokanal online ansehen: [Link vom Autor entfernt – die Videos sind nur 7 Tage nach Ausstrahlung online abrufbar]

Weitere Ausstrahlungstermine (arte):
Samstag, 28. August 2010, 16:20
Mittwoch, 8. September 2010, 01:05

Von Teams und Alphatieren

wm-2010-by-last-hero-ccDas sportliche Großereignis Fussballweltmeisterschaft ist zuende gegangen. Der dritte Platz für das deutsche Team ist ein hervorragendes Ergebnis für diese junge Mannschaft, das ihr im Vorwege nur wenige zugetraut haben. Zwei ganz große Probleme wurden gesehen:

  1. Michael Ballack und Torsten Frings fehlen.
  2. Die relativ jungen und unerfahrenen Spieler können mit den noch weitaus höher bezahlten und erfahreneren Spielerstars aus anderen Mannschaften nicht mithalten.

Zum Punkt 1: Offensichtlich hat die Mannschaft auch ohne die Alphatiere Ballack und Frings sehr gut gespielt und als Team funktioniert. These: Das Team ist wichtiger als das Alphatier.

Zum Punkt 2: Mannschaften mit den höchstbezahlten Spielern sind früher ausgeschieden als die deutsche Mannschaft. Deutschland erzielte ein 4:1 gegen England (ok, meinetwegen ein 4:2), ein 4:0 gegen Argentinien, Italien schied in der Vorrunde aus, ebenso die französische Mannschaft, wobei diese eher durch Konflikte im Team auffiel als durch spielerisches Können. Aus dem Kreis der Favoriten (vor Beginn der Spiele) konnte einzig das spanische Team überzeugen. These: Das Team ist wichtiger als der Starspieler.

Jogi Löw hat sehr geschickt auf die Teamkarte gesetzt. „Der Erfolg seines Teams bei dieser WM beruht neben dem klaren spielerischen und taktischen Konzept auf einer Harmonie im Team, von der Arne Friedrich mit seinen 76 Länderspielen sagt, sie sei ‘so groß wie nie, seit ich dabei bin’” (FTD).

Aber spielt Teamness immer so eine große Rolle? Was ist mit Sportarten, die keine Teamsportarten sind, sondern Individualsportarten? Eine klassische Individualsportart ist der Rennsport. Die Formel 1 züchtet Alphatiere. Unterschiede sind natürlich da, aber ist es wirklich so, dass Teamness dort keine Bedeutung hat? Nein – die Fahrer fahren mit anderen Fahrern im Team und arbeiten eng mit den Technikern und anderen unterstützenden Gewerken zusammen.

Ich behaupte, dass es heute keinen Bereich gibt, in dem ausschließlich Einzelleistungen und Wettbewerb von Bedeutung sind. Auch ein Genie ist nichts ohne Unterstützung von anderen. Nicht nur jede Abteilung und jedes Projekt, auch jeder Vorstand, sogar das ganze Unternehmen muss als Team funktionieren.  These: Kooperation ist wichtiger als Wettbewerb.

Zurück zur Formel 1: Einen Eklat gab es, als in Silverstone das Red Bull Team entschied, den einzigen heilen Frontflügel neuester Art von Mark Webbers Auto abzumontieren und an Sebastian Vettels Auto zu bauen. Und das kurz nach dem Webber und Vettel in Istanbul ineinander gefahren sind – aufgrund einer irritierenden Teamanweisung.

Anders sieht es aus bei McLaren. Hamilton und Alonso hatte vor der Saison auch kaum jemand zugetraut, dass die sich vertragen. Doch nun herrscht Harmonie. Martin Whitmarsh, McLaren Teamchef (motorsport-magazin.com): “Man muss in solchen Fällen sorgfältig über seine Entscheidungen nachdenken. Das sind wettbewerbsorientierte Leute, sonst wären sie nicht da. Wenn sie meinen, etwas sei nicht fair, dann wird es Probleme geben.” These: Für Teamness ist die Führung verantwortlich.

BP Krisenkommunikation – ein Kommunikationsdesaster

bp_oil_spill_still_may_11_1240pm_eIm Golf von Mexiko sprudelt Öl in’s Meerwasser (Wikipedia: Deepwater Horizon oil spill). Das Rohöl zerstört und bedroht die Umwelt in auch im ohnehin schmutzigen Ölgeschäft bisher nicht gekanntem Ausmaß. Die am 20. April 2010 durch eine Explosion zerstörte und dann gesunkene Bohrinsel „Deepwater Horizon“ gehört Transocean, und die bei der Explosion getöteten 11 Besatzungsmitglieder waren Transocean-Mitarbeiter. Transocean ist jedoch im Auftrag von BP tätig, und die Ölquelle ist eine BP-Quelle. BP ist für die Katastrophe verantwortlich, das steht ausser Frage.

Nun ist es interessant zu sehen, wie der Weltkonzern BP damit umgeht.

1. Kommunikation auf allen Kanälen eröffnen. BP hat sogleich reagiert mit:

Die Informationshoheit gewinnen, ist das Motto. Sicher, Schweigen wäre völlig falsch. Aber eine Facebook-Seite macht noch keine gute Kommunikation. Sehen wir weiter.

2. Beschwichtigen und Verharmlosen. „Der Golf von Mexiko ist ein sehr großer Ozean“ und im Vergleich sei die  Menge an auslaufendem Öl „winzig“ (BP-Chef Tony Hayward am 14. Mai im Guardian). Aufräumarbeitern wird nach Berichten z.B der Huffington Post von BP untersagt, Schutzmasken zu tragen (als wenn das noch schlimmer wäre als die Bilder von ölverschmierten Tieren).

3. Falsche Informationen streuen. Erst hieß es, es fließen 800.000 Liter Rohöl pro Tag aus. Diese Zahl wurde später korrigiert auf 3.000.000 Liter, also mehr als das dreifache. Mittlerweise liegt die offizielle (www.deepwaterhorizonresponse.com) Schätzung zwischen 5.565.000 und 9.540.000 Liter pro Tag (die Angaben sind in Barrel, dann klingt das vielleicht etwas weniger dramatisch, aber man kann das ja leicht umrechnen in Liter – 1 Barrel sind ca. 159 Liter).

Diese Krisenkommunikation ist auch im Zusammenhang mit den Image-bildenden Maßnahmen der letzten Jahre zu sehen. BP hat sich im Jahr 2000 ein neues Logo gegeben (die grüne Sonne) und versucht, sich als „grünes Unternehmen“ und Vorreiter für regenerative Energien darzustellen. BP sollte für „Beyond Petroleum“ stehen (früher „British Petroleum“). Die Kampagne hat 4 Mrd. US-Dollar gekostet (ARD) und ist mittlerweile eingestellt. Tatsächlich sind ca. 90% des BP-Geschäftes Öl; und es sind auch in jüngster Zeit Katastrophen passiert: Bei einer Explosion in einer BP Raffinerie in Texas starben 15 Arbeiter (2005). BP musste eine marode Ölpipeline in Alaska vom Netz nehmen, nachdem ca. 5.000 Barrel Rohöl ausgelaufen waren (2006).

Leider bekomme ich den Eindruck, BP gibt weitaus mehr Geld aus für PR (Public Relations) als für die Sicherheit. BP scheint zu glauben, dass auch das schlimmste Ereignis durch Kommunikation noch in den Auswirkungen begrenzt werden kann. Wir hören aber nicht nur, was jemand sagt, wir sehen auch, was jemand tut, und ob Reden und Handeln im Einklang stehen.

Übrigens:

  1. Der Börsenwert von BP hat sich seit der Explosion um 74 Mrd. Dollar verringert.
  2. BP verkauft in Deutschland seine Kraftstoffe über Aral („Alles super“). Informationen über die Katastrophe im Golf von Mexiko sind dort nicht zu finden.
  3. Die anderen Ölkonzerne sind auch nicht viel besser: Nach jüngsten Untersuchungen sind die Katastophenpläne der Unternehmen so ähnlich, dass sie praktisch austauschbar sind (es finden sich sogar dieselben Fehler).

Support Spagat

laptopMeine Eingruppierung unter IT-Servicemitarbeitern ist „User mit gefährlichen Halbwissen“ – so jedenfalls einmal eine IT-Servicemitarbeiter Teilnehmergruppe in einem Seminar zu „Interner Kundenzufriedenheit“. Wenn Computer oder entsprechendes Zubehör für unsere Firma angeschafft werden, dann verlasse ich mich auf meinen Kollegen. Er hat alle Testergebnisse „at his fingertips“ und kennt jede Funktionen von Rechnern und Programmen.

Seit Anfang letzten Jahres arbeiten wir mit DELL Laptops. Und tatsächlich, sie sind toll, schnell, stabil und zuverlässig. Als eines der Kriterien für den Kauf nannte mein Kollege den ausgezeichneten Service von DELL. Und bevor dieser Beitrag wie schlechte Schleichwerbung wirkt, geht er auch schon weiter. Irgendwann einmal im vergangenen Jahr ist ein kleines halbvolles Glas Wasser über meine Tatstatur gehuscht. Pflichtbewusst rief ich bei dem DELL Support an. Seitdem bin ich in den Dateien des DELL Supports als „Water Spillage“ (Wasser verschütten) Fall gekennzeichnet.

Ich hätte den Laptop zu einer Diagnose zu nicht unerheblichen Kosten einschicken sollen, um meinen Service nicht zu verlieren. Da der Laptop aber bald wieder einwandfrei von sich aus funktionierte, habe ich darauf verzichtet.

Bei sämtlichen späteren Anrufen zu der Supportabteilung wurde mir in den verschiedensten deutschen Dialekten nach Bekanntgabe meiner Servicetag gesagt: „Oh ich sehe gerade, das ist ein Spillage Fall!“ Also kein Support, da ja nicht auszuschließen ist, ob mein aktuelles Problem mit den Wassertröpfchen zu tun hat, die noch in meiner Tastatur oszillieren und oxidieren.

Beim meinem letzten Anruf ging es darum, dass sich das CD-Laufwerk an der Seite des Laptops nicht öffnen ließ. „Ah, da können wir nichts machen. Sie sind Spillage. Ist klar. Das billigste wird sein, Sie kaufen einfach ein neues Laufwerk.“

Einige Tage später rief ich die Verkaufsabteilung von DELL an und gab die Bestellung auf: „Ein Laufwerk bitte!“. Der nette Mann fragte mich, ob er sonst noch etwas für mich tun könnte. Ich fragte, ob man ausschließen kann, dass das Nichtöffnen am Laufwerk liegt und nicht an irgendwelchen Einstellungen (was weiß denn ich mit meinem Halbwissen). Und er rief die Supportseite bei sich auf und ging mit mir die Punkte durch, wie man einen solchen Schaden lokalisiert und was man sonst noch tun könne. Schließlich fand er eine Notfallauswurfvorrichtung. Diese ist ein kleines Löchlein, gleich neben dem eigentlichen Auswurfknopf. Man solle da mal mit einem Draht rein.

Ok, das mache ich; bitte warten Sie dann noch mit der Bestellung. Und siehe da. Draht rein – zack die Schublade geht auf. Mensch danke, Herr DELL-Mann. Bestellung bitte stornieren. Jetzt funktioniert auch wieder der normale Knopf.

Was ist die Quintessenz dieser Geschichte? Bin ich jetzt ein zufriedener Kunde, weil DELL mir geholfen hat? Bin ich ein verärgerter Kunde, weil der Support mir nichts von dem Notfallauswurf erzählte und mir empfahl wegen einer leicht zu behebenden Marginalie ein neues Laufwerk zu kaufen? Ist der DELL-Verkäufer ein guter DELL Mitarbeiter, weil er mich zufrieden gestellt hat oder ein schlechter, weil sicherer Umsatz verloren gegangen ist und er die schlechte Arbeit der Support Hotline entlarvte? Was ist für ihn in diesem Spagat Kundenzufriedenheit und Umsatz nur das richtige Verhalten?

Coaching mit Bernhard Schulwitz

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Nachdem Bernhard Schulwitz uns kürzlich ein Interview als Fachberater des Jahres gegeben hat, bauen wir gerne erneut auf seine Kompetenz. Und rücken das Thema Coaching in den Fokus. Als Trainer und Berater hat er etwa 30-40 Coaching-Termine pro Jahr. Wie schafft er es im Vier-Augen-Gespräch, Klienten verhaltensbewusster und vor allem leistungsstärker zu machen?
Wie müssen wir uns ein Coaching-Gespräch vorstellen? Wie startet es und wie ist es strukturiert?

Zunächst zu Ihrer Frage nach dem Beginn des Gespräches: Der ist – naturgemäß – immer ein wenig anders, hängt von den Fragestellungen und der persönlichen Situation des Coachees ab. Gemeinsamkeiten gibt es häufig bei dessen „inneren Fragen“: „Kann der Coach mir in meiner persönlichen Entwicklung wirklich helfen? Wie kann dies geschehen? Was muss geschehen, damit wir möglichst schnell bei den entscheidenden Themen und – vor Allem – bei Lösungen sind?“ – es gilt, hierauf möglichst schnell weiterführende Antworten zu geben.
Insofern ist in jedem Fall entscheidend, schnell ein „Band“ zwischen Coachee und Coach zu knüpfen. Dieses ist die Grundlage für alle weiteren Schritte. Je eher der Coachee Vertrauen in die Kompetenz und die Persönlichkeit des Coachs hat, desto schneller sind die Themen auf dem Tisch, die den Coachee wirklich weiter bringen. Übrigens gilt dies für beide Seiten: Auch der Coach muss seinem Gegenüber vertrauen.

Können Sie das ein wenig genauer erläutern?

Nun, meine Interventionen während des Gespräches beinhalten häufig Feedback an mein Gegenüber; etwa zum Auftreten, zur Art, sich auszudrücken; manchmal spreche ich auch die Körpersprache an. Es gilt, die Schwingungen, die von meinem Gegenüber ausgehen, zu erfassen und besprechbar zu machen. Wenn man an sich arbeiten möchte, muss man die Wirkung, die von einem ausgeht, kennen. Sowohl das positive als auch das irritierende, das was verbessert werden sollte.
Bei allem, was mir auffällt, frage ich mich allerdings: „Kann mein Gegenüber etwas damit anfangen? Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, diesen Aspekt ins Feld zu führen? Oder ist es vielleicht noch zu früh?“
Es ist wichtig, das Feedback als bewusste Intervention einzusetzen. Zudem stelle ich mir die Fragen: „Wie sieht es mit der Offenheit des Anderen aus? Ist die Reflexionsbereitschaft schon da?“
Die einfache Formel lautet hier: Je selbstbewusster der Coachee, desto schneller kann der Coach vorgehen.

Wann sprechen Sie als Coach von einem erfolgreichen Gespräch?

Erfolgreich bin ich dann, wenn die Bereitschaft und Einsicht für Änderung da ist. Und wenn sich dies im Coachee schließlich manifestiert.

Das klingt kompliziert …

Sobald sich Erkenntnis einstellt, ist schon ein Meilenstein erreicht. Der Coachee probiert sein neues Wissen aus, sieht, welche Wirkung von ihm ausgeht bzw. von ihm ausgehen kann.
Ein Beispiel: Eine von mir gecoachte Führungskraft argumentiert ernsthaft und ausschweifend. Sie merkt nicht, dass sie mich (bzw. im Ernstfall ihre Mitarbeiter) schon längst „abgehängt“ hat. Wenn ich dann interveniere: „Herr XY, was wollten Sie mir gerade mitteilen? In 2 kurzen Sätzen bitte!“, dann kann es passieren, dass wir beide lachen und das Lernfeld klar ist. Mein Ziel ist es, einen „Aha-Effekt“ auszulösen. Dann das richtige Verhalten einzunehmen, ist gar nicht so schwer. Im Gegenteil, es ist sogar relativ einfach. Manchmal bedarf es eben nur eines gezielten „Kicks“.

Welche Methoden oder Instrumente nutzen Sie?

Für den Beginn des Coachings nutze ich einen Fragebogen zur Ausgangssituation und Zielfestlegung. Bei Bedarf gibt es dann verschiedene weitere Tools, etwa den GPoP (einen Persönlichkeitsfragebogen) oder das Set „Leadership Architect“ von LOMINGER. Je nach Lerntyp sind diese Tools unterschiedlich hilfreich.
Das Hauptinstrument des Coachings bin ich selbst. Denn die Wirkung, die mein Coachee mir gegenüber entfaltet, wird er auch in anderen Situationen mit anderen Personen entfalten. Und die werden ihm ein Feedback entweder gar nicht, indirekt oder verspätet geben – mit nicht immer positiven Folgen.
Irritation, Unterbrechungen und natürlich auch Wertschätzung – das sind wesentliche Komponenten im Coaching. Ziel ist es, die Wahrnehmung des Coachees auf sich selbst zu lenken. Dabei helfe ich meinem Gegenüber.
Weiterhin nutze ich gerne Techniken wie Humor und eine spezielle Form der Provokation.

Provokation?

Sie haben richtig gehört. Es geht um Aufmerksamkeit, Offenheit und Aha-Erlebnisse. Grundlage hierfür ist Wertschätzung und das uneingeschränkte Vertrauen des Coachees, dass es nur um ihn und um seine persönliche Weiterentwicklung geht. Wenn etwas in akzentuierter Art auf den Punkt gebracht wird, fördert dies die Aufmerksamkeit.
Allerdings ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt für diese Art der Intervention zu finden. Ich kann mich noch gut an eine Situation erinnern, in der ich aufgrund der Reaktion des Coachees bemerkt habe, dass es noch zu früh für diese Art der Konfrontation war. Unsere Beziehung war noch nicht gefestigt genug. Der Coachee war verunsichert; da musste ich die Gretchenfrage stellen: „Machen wir weiter?“ Ich wollte wissen: „Vertrauen Sie mir noch oder nicht mehr? Wenn ja, sind wir mitten im Coaching!“

Und?

Was glauben Sie (lacht)?- Wir arbeiten immer noch zusammen. Die gemeinsam erlebte Situation und die Reaktion meines Gegenübers konnte direkt ausgewertet werden. Sie diente seiner weiteren Professionalisierung. Ja, in der Tat – wenn wichtige Erkenntnisse sich einstellen und davon Stärkung und Erfolg ausgeht, bin ich mit dem Ergebnis meiner Arbeit sehr zufrieden (lacht erneut)!

Sprechen Sie mit Ihrer Mannschaft – es ist gut für Ihre Karriere

Ein einmaliger Vorgang in der Bundesliga! Da steigt Jörn Andersen mit Mainz05 aus der 2. in die 1. Liga auf. Ganz Mainz singt und lacht gemeinsam mit dem Jörn, der tanzt auf dem Dach der Trainerbank. Alle klatschen ihm zu, das DSF spricht von der Krönung und jetzt, wo er endlich mal Bundesligatrainer werden kann – 3 Tage vor Saisonbeginn -, da wird er entlassen. Und was ist die Begründung? Kommunikation!

Herr Andersen wollte nicht mit den Spielern sprechen. Weder einzeln noch in der Gruppenansprache. Das Team fand das blöd, schielte auf die A-Jugend von Mainz05. Es sah, dass da die Jungs Spaß haben und alle miteinander reden und da schrien die neugebackenen Bundesligaspieler: „Das wollen wir auch!“ Und jetzt ist der erst seit einem Jahr im Verein tätige Thoma Tuchel vom A-Jugend Trainer zum Cheftrainer befördert worden. Wie will er die Mannschaft führen? Mit einem „kommunikativen Führungsstil!“.

Merke: Ohne Kommunikation keine „1. Liga-Führungsverantwortung!“

Schillers Softskills

schillerMehr als ein Hauch – fast schon eine Böe – Großstadt weht durch die Metropolregion Rhein-Neckar. Die unglückliche Zeitgleichheit des Festivals des deutschen Films im rechtsrheinischen Ludwigshafen und die 15. Schillertage im linksrheinischen Mannheim macht den Wirbel hierzu. Während dort Hannelore Elstner den Preis für Spielkunst empfängt, witzelt Calixto Bieito durchs Publikumsgespräch.

Eine der Veranstaltungen der Schillertage war die beeindruckende Installation „Softskill – Das Jobcenter als moralische Anstalt betrachtet“ von Ulf Aminde. Auch wenn Aminde hier eher die kafkaesken Abläufe in Job-Centern darstellt, allein der Titel bringt mich auf die Idee Schiller zu verbinden mit Weiterbildung und Persönlichkeitsentwicklung. Gleichzeitig hat ein geschätzter Kollege sein Konfliktseminar nach Aristoteles ausgerichtet. Sämtliche im Seminar angewandten Werkzeuge zur Konflikterkennung und -verarbeitung hat er auf Aristoteles zurückgeführt; sei es die bewusste Wahrnehmung, die Fragetechnik, der Dialog oder mit welcher Tugend die Emotionen zu kontrollieren sind.

Da liegt das Gedankenspiel, wie Schiller ein Weiterbildungsseminar aufgezogen hätte, nahe. Als Homo Ludens („Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt!“) hätte das Seminar wohl einen hohen Anteil an Rollenspielen. Schiller hätte eine ganze Reihe von Beispielen der Manipulation in seinem Repertoire und könnte deren negativen Folgen anschaulich darstellen. Eine Reihe von Sinnsprüchen und Zitaten würde er einstreuen, um den Lernfortschritt der Teilnehmer zu beschleunigen („Zu überzeugen fällt keinem Überzeugten schwer). Zum Thema Führung weiß er viel und er zeigt den Teilnehmern Beispiele aus der Geschichte: gerechter Machteinsatz und Einfluss einerseits, Intrige und Demagogie andererseits.

Und wie wäre das Feedback der Teilnehmer? Sie wären wohl begeistert, allerdings gäbe es Passagen in seinen Vorträgen, da sei er sehr emotional gewesen und er konnte seines Furors nicht immer Herr werden. „Zu viel Sturm und Drang“, so schrieb ein Teilnehmer in den Feedbackbogen. „Kein Problem“ dachte sich da der Dichter. Ich melde mich bei Aristoteles an. Der führt bald das Seminar „Tugend – wie kontrolliere ich meine Emotionen!“ durch.

Das Challenger Unglück – und was das mit Kommunikation zu tun hat

challenger_explosion-240pxpd.jpgHeute vor 25 Jahren, am 28. Januar 1986: Die Raumfähre Challenger (Mission 51-L) explodiert beim Start, alle 7 Besatzungsmitglieder sterben. Es war der bis dahin schwerste Unfall in der Raumfahrtgeschichte der USA. Die Challenger-Katastrophe führte für 2 Jahre zur Einstellung des Shuttle-Programms der NASA.

Was genau passierte, ist in der NASA Missionsbeschreibung nachzulesen: 73 Sekunden nach dem Start von Cape Canaveral explodierte die Fähre. Vor der Explosion gab es einen Flammenaustritt an der Seite eines Boosters.

Eine Untersuchungskommission wurde damit beauftragt, die Ursachen für das Unglück zu ermitteln. Die Kommission konnte folgende Ursache sehr überzeugend belegen: Ein Dichtungsring der Feststoffraketen, ein sogenannter O-Ring, hat versagt. Das Material des Dichtungsrings (Kunstgummi) war aufgrund der Kälte beim Start (Nachtfrost) zu wenig elastisch. Soweit die technische Seite der Geschichte – ein Dichtungsring war zu wenig elastisch. Kleine Ursache – große Wirkung.

Das Challenger-Unglück ist ein interessantes Fallbeispiel für eine Katastrophe, für die letztlich nicht die Ursache in der Technik zu suchen ist, sondern in der Kommunikation. Wie konnte es also zu so einer Katastrophe kommen, und was hat das mit Kommunikation zu tun?

feynman-kuemmertsie.jpgDas Mitglied der Untersuchungskommission Richard P. Feynman, (Physiker, Autor, Nobelpreisträger) berichtet in einem seiner Bücher aus seiner Sicht über die Tätigkeit und die Erkenntnisse der Kommission.

Vor dem Start gab es einige Diskussionen. Ingenieure des Herstellers der Raketen, Morton Thiokol Inc., hatten starke Befürchtungen wegen dem Versagen der Dichtungsringe, speziell bei Kälte, und brachten diese dem NASA-Management gegenüber zum Ausdruck. In einer Sitzung der Kommission meldet sich ein Ingenieur von Morton Thiokol zu Wort. „Seine Kollegen von Morton Thiokol und er seinen zum Schluß gelangt, … dass das Dichtungsproblem etwas mit niedrigen Temperaturen zu tun habe. Sie seien außerordentlich besorgt gewesen und hätten der NASA in der Nacht vor dem Start … dringend davon abgeraten … zu starten.“ Das NASA Management habe entsetzt reagiert. Das Beweismaterial sei „unvollständig“, man habe auch bei erfolgreichen Flügen Verschleisserscheinungen beobachtet, die Ingenieure sollten das Thema aus Management-Sicht betrachten usw. So wurde Druck aufgebaut, das Veto gegen den Start zurückzuziehen, und schließlich gaben die Leute von Thiokol nach (Feynman, „Kümmert Sie, was andere Leute denken?“, S. 137, S. 171).

Die Kommissionsmitglieder trauten Ihren Ohren kaum. Schockierend war damals und ist es auch heute noch: Es war durchaus bekannt, dass der Dichtungsring ein Risiko darstellt, und zwar insbesondere bei niedrigen Temperaturen. Der Start wurde dennoch freigegeben. Das ist wie russisches Roulette. Es kann gut gehen, aber auch nicht; und selbst wenn es gut geht, ist das keine Garantie dafür, dass es ein weiteres Mal gut geht.

Das ist auch ein Fall von Gruppendenken. Gruppendenken (Groupthink) bezeichnet das Phänomen, dass eine Gruppe von eigentlich kompetenten Personen schlechte oder realitätsferne Entscheidungen trifft, indem sich die Mitglieder der Gruppe einer allgemeinen Gruppenmeinung anpassen. Hinzu kamen eingeschliffene Verhaltensweisen in der NASA-Kultur, wie die „Normalisierung“ von Auffälligkeiten (Abweichungen, die eigentlich außerhalb der Toleranz lagen, wurden einfach für „normal“ erklärt).

Risiko“ ist für Organisationen kein objektiver Tatbestand, sondern ein sozial ausgehandeltes Konstrukt (nebenbei: Ich denke da auch an die Ursachen der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise – bestehende Risiken wurden lange Zeit verdrängt).

challenger_flight_51-l_crew-250pxpd.jpgNur selten hat unangemessenes Kommunikationsverhalten derart dramatische Auswirkungen. Bei dem Challenger-Unglück haben wir glücklicherweise einen Fall, der intensiv untersucht wurde. Das ist bei den tagtäglichen unternehmerischen Entscheidungen natürlich nur sehr selten der Fall. Aber wir alle kennen Situationen, in denen Fakten geleugnet wurden, Druck ausgeübt wurde, nicht zugehört wurde und auch Situationen, in denen ein guter Standpunkt vorschnell aufgegeben wurde. Die Kosten schlechter Kommunikation und schlechter Entscheidungen sind schwer zu erfassen, sind aber zweifelsohne extrem hoch. Das sagen uns eigene Erfahrungen und der gesunde Menschenverstand. Umgekehrt gilt: Bessere Kommunikation spart Nerven und Kosten (und rettet manchmal Leben). Bessere Kommunikation macht die Welt zu einem besseren Ort. Ich möchte dazu anregen, in Zukunft ein klein wenig bewusster zu kommunizieren.

In Gedenken an die Besatzungsmitglieder Francis R. Scobee, Michael J. Smith, Judith A. Resnik, Ellison S. Onizuka, Ronald E. McNair, Gregory B. Jarvis, Sharon Christa McAuliffe.

Der Obama-Crash-Kurs in Rhetorik

Barack Obama wurde vom TIME Magazin als „Person des Jahres 2008“ ausgezeichnet. Das ist nun wenig überraschend. Aber führen wir uns noch einmal vor Augen, wie unwahrscheinlich es schien, dass Obama zum Präsidenten der USA gewählt wird. Das TIME Magazin begründet die Wahl folgendermaßen:

„In einer der verrücktesten Wahlen der US-Geschichte hat er fehlende Erfahrung, einen komischen Namen, zwei Kandidaten, die politische Institutionen sind, und die Kluft zwischen den Rassen überwunden, um der 44. Präsident der Vereinigten Staaten zu werden.“

TIME Magazine

Obama hat das zum großen Teil seinen herausragenden kommunikatorischen Fähigkeiten zu verdanken. Als Beispiel sehen Sie hier die Rede von Obama am 24.7.2008 in Berlin:

Mit deutscher Übersetzung, Dauer 28:52
[Link entfernt – das Video steht leider im ARD YouTube Channel nicht mehr zur Verfügung]

Auf Englisch, Dauer 25:40

Nehmen wir an, Sie sind Führungskraft und wollen eine Rede halten. Hier sind einige Punkte, von denen wir anhand dieser Rede für die eigene Rhetorik lernen können (frei von rhetorischen Fachbegriffen!):

  • Seien Sie sich bewußt, in welcher Rolle Sie sprechen. Obama stellt klar, dass er nicht als Wahlkämpfer auftritt (daher auch in der gesamten Rede kein „Yes, we can!“), sondern als „Mitbürger“.
  • Stellen Sie nicht gleich sich selbst in den Mittelpunkt, sondern danken Sie erstmal anderen („Ich danke … allen Deutschen … der Bundeskanzlerin … euch allen …“). Das signalisiert eigene Bescheidenheit und Anerkennung für die Beiträge anderer.
  • Zeigen Sie (sparsam eingesetzten) Humor („ich bin mir bewußt, dass ich nicht so aussehe wie der Amerikaner, der zuletzt hier gesprochen hat“).
  • Verwenden Sie eine bildhafte Sprache. Obama macht das ganz hervorragend; er sagt z.B. nicht „Vor 60 Jahren begann unsere Partnerschaft“, sondern er sagt „Diese Partnerschaft hat vor 60 Jahren begonnen – an dem Tage, an dem das erste amerikanische Flugzeug die Landepiste von Tempelhof berührte“. Bilder emotionalisieren und bleiben länger haften.
  • Erzählen Sie eine Geschichte (neudeutsch: Storytelling). „Und da begann die Luftbrücke … alles sprach gegen den Erfolg der Maßnahme … und an einem Tag im Herbst kamen hunderttausende …“. Spannende Geschichten werden immer gerne gehört.
  • Zeigen Sie sich geschichtsbewußt. Auf Unternehmen übertragen bedeutet das: Seien Sie sich bewußt, was die Wurzeln des Unternehmens sind und worin Kontinuität besteht. Sie können auch an ein ganz konkretes Ereignis anknüpfen, so wie Obama an die Rede Ernst Reuters anknüpft: „Völker der Welt, schaut auf Berlin!“
  • Setzen Sie punktuell eine rhetorische Wiederholung ein: Obama appelliert mehrfach an die „Völker der Welt“, um Rhythmus in die Rede zu bringen und um die Aussage zu verstärken.
  • Gerade in der Krise wichtig: Geben Sie den Menschen Hoffnung (Obama sinngemäß: Wenn wir zusammen halten, können wir jedes Problem überwinden).
  • Denken Sie auch an andere. Für ein Unternehmen können das Stakeholder sein.
  • Gestehen Sie eigene Schwächen ein („Ich weiß, dass mein Land nicht perfekt ist … wir haben Fehler gemacht“). Das zeugt von realistischer Einschätzung und Respekt für die Erfahrungen der Zuhörer.
  • Schließen Sie mit einem Appell. Obama sinngemäß: Es ist die Aufgabe unserer Generation, die Herausforderungen unserer Zeit erfolgreich zu meistern.

Ein für mich besonders auffälliges Merkmal dieser Rede besteht in der Herausstellung von Gemeinsamkeiten. Das ist eine machtvolle Art und Weise, eine tragfähige Basis zu schaffen für eigene Anliegen.

  • Obama stellt sich dar als „Mitbürger der Welt“.
  • Er spricht gemeinsame Werte an, etwa den „Traum von der Freiheit“.
  • Er erinnert an gemeinsame Erfahrungen, das gemeinsam Erreichte und an die lange Partnerschaft.
  • Er spricht gemeinsame Befürchtungen an (z.B. bezgl. der Sicherheit) und gemeinsame Hoffnungen (z.B. auf Frieden).
  • Er weist auf gemeinsame Herausforderungen und die gemeinsame Verantwortung hin.

Sie können viel damit gewinnen, aber bitte verstehen Sie das nicht als eine Sammlung rein technischer rhetorischer Kniffe – sagen Sie nur das, was Sie ehrlich meinen und tun Sie nur das, womit Sie sich wohl fühlen. Obama wirkt bei allem sehr authentisch, bei ihm ist das echt und wahrhaftig. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Anerkennnung und Erfolg mit eigenen Reden!