Kongruenz in der Kommunikation

Im vorangegangenen Beitrag habe ich eine verbreitete Behauptung zur Wichtigkeit von nonverbalem Verhalten als Mythos entlarvt. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass Körpersprache unwichtig ist. Sie ist jedoch nicht in der Weise wichtig, wie es manche darstellen (als pauschale 55-38-7-Regel).

Albert Mehrabian hat mit seinen Studien zur nonverbalen Kommunikation einen ganz wichtigen Sachverhalt der zwischenmenschlichen Kommunikation aufgezeigt: Wenn Körpersprache, Ton und Inhalt nicht übereinstimmen, so geht die inhaltliche Botschaft weitgehend verloren. Das gilt vor allem für emotional gefärbte Botschaften.

Wir können festhalten: Für eine effektive Kommunikation insbesondere über emotionale Themen sollen die drei Anteile an der Information (Gesichtsausdruck / Körpersprache, Stimme, verbale Aussage) übereinstimmen. Man spricht hier von Kongruenz (Übereinstimmung): Worte, Tonfall und Körpersprache passen zueinander.

Wenn die Informationen auf unterschiedlichen Kanälen nicht kongruent sind, dann irritiert das den anderen. Zum Beispiel, jemand sagt „Die neue Aufgabe gefällt mit gut“ und macht dabei ein Gesicht wie 10 Tage Regenwetter. Oder jemand sagt zu Ihnen „Zwischen uns ist alles in bester Ordnung“, und die Gesichtszüge verkrampfen. Wenn es solche widersprüchliche Botschaften gibt, was glauben Sie nun, was bedeutender für unsere Interpretation ist, die verbale Aussage oder die nonverbale Aussage? Richtig, die nonverbale Botschaft gibt den Ausschlag. Wir werden uns auf die verbale Aussage nicht verlassen.

Mythos: 93% der Kommunikation ist nonverbal

Nonverbal by Lil Erna (cc)Wer hat es nicht schon einmal gehört oder gelesen? In wie vielen Seminaren und Büchern wird dies verbreitet? Es wird die Behauptung aufgestellt: Der größte Teil der Information wird nonverbal vermittelt, und zwar 93%. Nur 7% wird verbal übermittelt. Das sei durch Studien belegt.

Nun, da werde ich skeptisch. Das würde doch bedeuten, ich sehe mir einen finnischen Film im Original an und, obwohl ich kein Wort Finnisch kann, verstehe ich dennoch 93% des Gesagten. Das scheint mir nicht plausibel.

Woher kommt überhaupt diese Behauptung? Es gibt zur nonverbalen Kommunikation viele Studien, doch die wohl einflussreichste stammt von Albert Mehrabian. Mehrabian führte 1971 einige psychologische Experimente durch, die zu folgendem Ergebnis kamen:
– 55% der Information werden durch das Gesicht vermittelt.
– 38% der Information werden über die Stimme vermittelt.
– 7% der Information werden verbal vermittelt.

Diese Zahlen wurden flugs verallgemeinert und zur Regel erklärt. Die 55-38-7-Regel oder Mehrabian-Regel. Und die besagt, dass man vieles reden kann, davon zählt nur 7% und viel wichtiger ist das Nonverbale, das macht in der Kommunikation 93% aus.

Wie sahen denn diese Experimente aus? Mehrabian ließ die Teilnehmer einige Worte einschätzen nach ihrer emotionalen Wertigkeit: Positiv (z.B. „Danke“), negativ (z.B. „Schrecklich“) oder neutral (z.B. „Wirklich“). Dann wurden diese Worte in einem bestimmten Tonfall vorgelesen, entweder positiv, negativ oder neutral. In einem weiteren Experiment ließ Mehrabian die neutralen Worte einschätzen, während die Teilnehmer ein Bild mit einer positiv gestimmten, negativ gestimmten oder neutral aussehenden Person ansahen. Und daher stammen die Zahlen.

Mehrabians Studien haben gezeigt, von welchen Faktoren unsere Sympathie für andere Menschen, die wir nicht kennen, abhängt. Die Sympathie für eine andere Person (mag ich – mag ich nicht – neutral) wird sehr stark durch nonverbales Verhalten bestimmt, etwa so: Unsere Gesamtsympathie für eine Person in einer zufälligen Situation setzt sich aus 7% verbaler Sympathie, 38% stimmlicher Sympathie und 55% Sympathie für das Gesicht des anderen zusammen.

Es wird deutlich, dass die Ergebnisse als allgemeine Kommunikationsregel überinterpretiert und missverstanden wurden.

Wir reden im Alltag nicht nur so miteinander, dass wir ein einzelnes Wort sagen. Mit normaler Kommunikation hat das also wenig zu tun. Es konnte auch gezeigt werden, dass die Teilnehmer in solchen Experimenten versuchen, den Zweck der Untersuchung zu erraten und sich dementsprechend verhalten. Wenn man diesen Faktor ausschaltet, zeigen sich schon andere Ergebnisse (Trimboli & Walker, 1987).

Und vor allem, die Ergebnisse beziehen sich auf die gefühlsmäßige Einschätzung von Sympathie, und können nicht so ohne weiteres auf die gesamte Kommunikation übertragen werden. Darauf macht auch Mehrabian selbst ausdrücklich aufmerksam.

Mythos: 93% der Kommunikation ist nonverbal.
Status: Zerstört.

Was Mehrabians Studienergebnisse tatsächlich bedeuten: Kongruenz in der Kommunikation.

Man muss aufpassen, was man sagt!

Johannes Kerner hat Eva Herman aus seiner Talkshow hinausgeworfen. Die Inszenierung war ohnehin klar: Frau Herman soll sich gegen drei andere Gäste und den Moderator wehren und wird in die Ecke gedrängt. Ob der Hinauswurf geplant war, sei dahingestellt. Nach meiner Einschätzung war es ganz schlecher journalistischer Stil (ich will nicht soweit zu gehen, es „ekelhaft“ oder „Rufmord“ zu nennen, aber „unfair“ finde ich sehr treffend).

Wie auch immer, einen Kommentar von Andreas Theyssen in der FTD finde ich klasse. Theyssen hält sowohl Herman als auch Kerner für überfordert. Und dann macht er klar, wie ein kleines Wörtchen einen großen Unterschied in der Aussage machen kann:

„Ich muss einfach lernen, dass man über den Verlauf unserer Geschichte nicht reden kann, ohne in Gefahr zu geraten“, hatte sie (Herman) etwa gesagt. Sie hätte vielmehr sagen müssen: „Dass ICH nicht über den Verlauf unserer Geschichte reden kann, ohne in Gefahr zu geraten.“

Es ist das geläufige „man„. Gerne verwendet man verwende ich es, um mich hinter einer anonymen imaginierten Menge zu verstecken. Achten Sie doch einmal darauf, wann Sie „man“ sagen. Und welche Aussage sich ergibt, wenn Sie stattdessen „ich“ sagen!

Fußball-Kommunikation

070311 Artus 17 by Gerald Petersen.JPGDie Bundesliga-Saison hat begonnen. Ich gebe zu, auch wenn ich gerne ein gutes Spiel ansehe und Sympathie für norddeutsche Clubs hege, bin ich kein großer Fußball-Fan. Ich schätze, das liegt daran, dass ich als Kind nicht Star Trek sehen konnte, weil zeitgleich die Sportschau lief.

Wir kennen die Weisheiten „Der Ball ist rund“ von Sepp Herberger oder „Ich habe fertig“ von Giovanni Trappatoni. Die Fußball-Welt hat ja noch viele weitere verbale Highlights hervorgerufen. Darunter sind Treffer, aber auch Eigentore, misslungene Dribblings und Blutgrätschen. Einige meiner Favoriten:

„Wir müssen jetzt erst mal nachdenken. Nachdenken bedeutet, dass man über alles Mögliche nachdenkt.“ Hertha-Manager Dieter Hoeneß

„Wir werden mit elf Mann auflaufen.“ Rudi Völler

„Natürlich haben die beiden nicht mehr gezeigt als zu sehen war.“ Erich Ribbek

„Adriano gibt als seine Vorbilder Kaka und Jesus an. Kaka von Milan und Jesus von Nazareth.“ Beni Thurnheer

„Wir haben mit der notwendigen fairen Brutalität gespielt.“ Christian Beeck

„Jeder kann sagen, was ich will.“ Otto Rehagel

„Wenn ich über’s Wasser laufe, dann sagen meine Kritiker, nicht mal schwimmen kann er.“ Berti Vogts

„Wir werden nur noch Einzelgespräche führen, damit sich keiner verletzt.“ Frank Pagelsdorf

„Das habe ich ihm dann auch verbal gesagt.“ Mario Basler

Schiedsrichter: „Ich verwarne Ihnen.“
Willi Lippens: „Ich danke Sie.“
Schiedsrichter: Zieht die rote Karte.

„Kompliment an meine Mannschaft und meinen Dank an unsere Mediziner. Sie haben Unmenschliches geleistet.“ Berti Vogts

„Wir sind eine gut intrigierte Truppe.“ Lothar Matthäus

„Meine Mannschaft ist 15 oder 16 mal ins Abseits gerannt. Das haben wir auch die ganze Woche geübt.“ Manfred Krafft

„Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“ Jürgen Wegmann

„Zwei Minuten gespielt, noch immer hohes Tempo.“ Holger Obermann

„So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.“ Lukas Podolski (nach dem 0:2 im WM-Halbfinale gegen Italien – für diesen Spruch erhielt er die Auszeichnung „Fußballspruch des Jahres 2006“ von der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur)

Weitere Zitate hier oder hier. Was ist Ihr Lieblingszitat?

Virtuelle Kommunikation – mit missverständlichen Grüßen

E-Mail (free)E-Mails sind genial und aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Aber jeder von uns hat es erlebt, dass Mails anders aufgefasst wurden als wir es gemeint haben. Erst kürzlich habe ich erlebt, wie eine von mir humorig gemeinte Bemerkung sauer aufgenommen wurde.

Nicholas Epley, Assistant Professor an der University of Chicago Graduate School of Business, hat dieses Phänomen systematisch untersucht (veröffentlicht im Journal of Personality and Social Psychology). Seine Versuchspersonen haben eine Reihe von Mitteilungen per Telefon und per Mail übermittelt. Die eine Hälfte der Mitteilungen war in einem ernsthaften Ton formuliert und die andere Hälfte in einem sarkastischen Ton. Die Absender waren sich zu 80% sicher, dass die Adressaten ihre Nachricht richtig interpretieren. Die Ergebnisse sprechen eine andere Sprache: Die Telefon-Kommunikation wurde in 75% der Fälle richtig interpretiert, während die E-Mail-Kommunikation nur in 55% der Fälle richtig interpretiert wurde („richtig“ bedeutet hier „so wie gemeint“). Das ist kaum besser als ein Zufallsergebnis (50-50, also 50%). So können regelrechte „Flame Wars“ entstehen.

Ok, aber E-Mails sparen Zeit!? Es kommt darauf an. Ned Kock, heute bei der Texas A&M International University, ließ Paare über bestimmte Problemlösungen miteinander kommunizieren. Zehn Paare kommunizierten in der persönlichen Begegnung und zehn Paare tauschten sich per E-Mail über die Probleme aus. Ned Kock ermittelte die „Zeit der kognitiven Anstrengung“ für die Übermittlung einer bestimmten Anzahl von Ideen. Diese war beim E-Mail-Kontakt 5-15 mal länger als bei einem persönlichen Zusammentreffen. Kock schließt daraus, dass der Mensch nicht für die virtuelle Kommunikation geschaffen ist.

These: Psychologische Kommunikation wird durch Technik nicht schneller.

Auch wenn E-Mail eine wunderbare Sache ist, sollten wir uns doch bewusst sein, dass es viele Situationen gibt, in denen E-Mail die schlechtere Wahl ist. Wenn es um komplexe oder emotionale Themen oder um Zwischentöne in der Kommunikation geht, dann heißt es besser „From Mail to Phone!“.

Für mich besteht der größte Vorteil der E-Mail Kommunikation darin, zeitversetzt kommunizieren zu können. D.h. ich kann dann eine Mail schreiben, wenn ich mich mit dem Thema beschäftige, ohne dass ich jemand anderen bei seinen Tätigkeiten unterbreche. Und für mich besteht ebenfalls die Möglichkeit, E-Mails dann zu beantworten, wenn ich Zeit dazu habe. Und das ist effizient.

Mythos: Frauen reden dreimal so viel wie Männer

manner-sind-anders.jpgMänner sind vom Mars. Frauen von der Venus.“, so ein Bestseller der Ratgeberliteratur. Allein dieser Titel hat eine Reihe von Trittbrettfahrerprodukten hervorgerufen. Die amazon.de Suche „frauen venus männer mars“ ergibt 14 Titel als Ergebnis. Andere Bestseller erklären uns, „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ oder „Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen“. Das ist populär, das verkauft sich gut. Klischees werden damit weiter verstärkt. Aber wie sieht es aus, wenn einige der in solchen Büchern aufgestellten Behauptungen auf den Prüfstand gestellt werden?

Ich stelle folgende Thesen auf: Die in der Ratgeberliteratur beschworenen Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind geringer als von den Autoren dargestellt und allgemein angenommen. Die Unterschiede zwischen einzelnen Individuen sind viel größer als die zwischen den Geschlechtern. Eine neue Studie zum Kommunikationsverhalten von Männern und Frauen gibt mir Recht.

das-weibliche-gehirn.jpgEine verbreitete Annahme ist, dass Frauen viel mehr reden als Männer. Die wissenschaftliche Basis für diese Behauptung ist sehr dünn. Wahrscheinlich geht der Mythos, dass Frauen drei mal soviel reden wie Männer, auf die US-amerikanische Neurologin Louann Brizendine zurück. Sie schrieb in ihrem Buch „Das weibliche Gehirn“, Frauen verwendeten pro Tag etwa 20.000 Worte, bei Männern seien es rund 7.000.

Bisher wurden aber in keiner Studie die tatsächlichen Gespräche über eine längere Zeit aufgenommen. Einen neuen Ansatz haben Matthias R. Mehl und seine Kollegen. Das Team um den deutschen Psychologen hat zwischen 1998 und 2004 fast 400 Studenten aus den USA und Mexiko untersucht – mit einem selbst entwickelten Spezialrekorder, der die Gespräche aufzeichnet. Ergebnis der Studie (veröffentlicht in Science: „Are Women Really More Talkative Than Men?“, empfehlenswert der Artikel auf SPIEGEL ONLINE): Männer und Frauen sprechen im Durchschnitt ungefähr gleich viel, etwa 16.000 Wörter pro Tag. Es gibt große Unterschiede zwischen einzelnen Menschen (in beiden Geschlechtern gibt es Schweigsame und Vielredner), aber nicht zwischen den Geschlechtern.

Mythos: Frauen reden dreimal so viel wie Männer.
Status: Zerstört.

Vorsicht Vielredner – Ich komme ja gar nicht zu Wort!

talk: talk: by Banalities (n)Eine Frage, die im Training letzte Woche aufkam: Was tun mit Vielrednern? Nicht etwa jemand, der viel zu sagen hat, sondern jemand, der redet und redet, ohne Punkt und Komma. Und man selbst kommt nicht zu Wort. Stattdessen Reden ohne Pause, vom Hölzchen auf ’s Stöckchen, und das Ganze noch mal wiederholt, damit auch der letzte Depp versteht, was schon längst jeder verstanden hat. Was tun? Einfach dazwischen reden wäre ja unhöflich. Kann man nichts machen.

Doch. Es gibt da viele Möglichkeiten und ich empfehle ein abgestuftes Vorgehen:

1. In einem Zweiergespräch signalisieren Sie nonverbal, dass Sie nicht mehr zuhören (Desinteresse, Langeweile). Zum Beispiel durch Abschweifen des Blickes oder, in hartnäckigen Fällen, durch Beschäftigung mit Ihrem Blackberry. Der Redefluss des anderen wird dadurch gebremst und Sie können einhaken.

2. In einer Gruppe heben Sie den Arm, und zwar so, dass der Vielredner es sehen muss. Warten Sie auf ein Signal, dass ihr Anliegen erkannt wurde. Es könnte sein, dass Ihnen das Wort übergeben wird, es könnte auch sein, dass es heißt „Ja gleich“. Damit haben Sie ihr Ziel erreicht.

3. Haken Sie ein und ergreifen Sie das Wort, wenn es sein muss, mitten im Satz des Vielredners. Natürlich sollte die Unterbrechung nicht rüde sein, sondern höflich. Aber durchaus bestimmt, nicht mit leiser Piepsstimme. Sie könnten zum Beispiel sagen „Ehe ich’s vergesse, dazu fällt mir etwas Wichtiges ein, …“ oder „Sie erwähnten gerade X. Beim Thema X sollten wir beachten, …“ oder „Du nennst damit einen wichtigen Punkt. Meiner Meinung nach…“.

4. Geben Sie dem Vielredner zu verstehen, dass Sie verstanden haben. Möglicherweise meint der Vielredner, dass er soviel erklären muss, da seine Punkte sonst nicht verstanden werden. Signalisieren Sie also, dass Sie die Inhalte aufgenommen haben. „Sie haben sehr deutlich gemacht, dass…“ und dann können Sie fortfahren „Ein weiterer Aspekt dieses Themas ist…“. Eine hohe Kunst des aktiven Zuhörens ist es, dem anderen zu helfen, auf den Punkt zu kommen!

5. Wenn der Vielredner Sie unterbrechen will, stellen Sie klar: „Einen Moment bitte – ich benötige eine Minute“ oder „Lassen Sie mich bitte ausreden. Sie hatten Gelegenheit, Ihren Standpunkt darzustellen. Nun möchte ich meine Ideen vorbringen“.

Aber wie war das, ist das nicht unhöflich? Nein. Es ist vielmehr unhöflich, die ganze Zeit ununterbrochen zu reden und andere überhaupt nicht zu Wort kommen zu lassen. In solchen Fällen ist es völlig legitim, den anderen zu unterbrechen.

Und dann können Sie auch präventiv etwas tun:

6. Vereinbaren Sie Spielregeln!

7. Übertragen Sie einem Diskussionsteilnehmer die Moderatorenrolle (aber bitte nicht den Bock zum Gärtner machen!).

Keine Angst vor hohen Tieren – Höhergestellte erfolgreich beeinflussen

Auch eloquente Leute bekommen manchmal weiche Knie, wenn Sie bei Vorgesetzten oder sonstigen “hohen Tieren” ein eigenes Anliegen, z.B. einen Vorschlag oder eine Forderung, anbringen wollen. Im Prinzip gelten bei der Beeinflussung von Höhergestellten die gleichen Regeln wie bei anderen Menschen auch. Es gibt allerdings einige Dinge, auf die man ganz besonders achten sollte.

Überzeugen: Wenn Sie auf sachlicher Ebene überzeugen wollen, seien Sie direkt und genau. Vorgesetzte mögen Rumlaberei noch viel weniger als andere Menschen. Erwarten Sie nicht, dass Ihre Führungskraft schon von selbst darauf kommt, was Sie wollen. Vermeiden Sie also allgemeine Aussagen, und formulieren Sie spezifisch. Bringen Sie einen Vorschlag ein und begründen Sie diesen mit einigen wenigen guten Argumenten. Führungskräfte sind nur selten daran interessiert, jedes Detail zu kennen. Gehen Sie also nur dann in’s Detail, wenn es einen Wert hat für Ihren Gesprächspartner oder wenn Sie gefragt werden. Dagegen ist es enorm wichtig, eine klare Linie erkennen zu lassen und das Gespräch auf ihr Anliegen zu fokussieren.

Durchsetzen: Wenn Sie ein sehr wichtiges und legitimes Anliegen haben, und mit sachlogischer Argumentation (Überzeugen) haben Sie es bereits mehrfach erfolglos versucht, dann ist Durchsetzen angesagt. Bringen Sie ihr Anliegen entschlossen vor. Sie dürfen hier nicht unsicher wirken, denn das würde Ihre Führungskraft schnell merken. Machen Sie ganz klar, was ihr Anliegen ist. Ein Statement könnte beginnen mit „Ich erwarte, dass …“. Sie können Ihre Aussage erheblich verstärken, wenn Sie Konsequenzen in Aussicht stellen. Denken Sie zum Beispiel daran: Was sind Sie bereit zu geben, wenn die Führungskraft Ihren Wunsch erfüllt? Verfallen Sie während des Gespräches nicht in sachliche Diskussion (das haben Sie ja bereits versucht, die Argumente sind dem Gesprächspartner bekannt).

Oft höre ich in meinen Trainings, dass ein Durchsetzen-Stil gegenüber Höhergestellten nicht möglich sei. Es wird angenommen, dass zum Durchsetzen eine Machtposition nötig ist. Das ist falsch. Nötig ist es vielmehr, den eigenen Wunsch anzuerkennen. Wenn Sie dann feststellen, dass Sie ein wichtiges und legitimes Anliegen haben, dann können Sie dieses gegenüber Höhergestellten selbstsicher vertreten.

Manipulation, Einfluss und Selbstbestimmung

In der Beilage „Leben“ der heute erschienenen ZEIT schreibt Peter Bieri, Philosophieprofessor an der FU Berlin, in seiner monatlichen Kolumne „Wie wollen wir leben?“ über das Thema Selbstbestimmung: „Was heißt es, über unser Leben selbst zu bestimmen?“.

Einen selbstbestimmten Menschen vergleicht Bieri mit einem Schauplatz, „auf dem sich die richtige Art von Drama abspielt.“ Und weiter:

Richtig ist das Drama, wenn es nicht manipuliert wird. Niemand soll uns zu Marionetten machen. Wir wollen mit einer eigenen Stimme sprechen.
Was kann das bedeuten? Es kann nicht heißen, von den Anderen überhaupt nicht beeinflusst zu werden. Was wir denken, hat viel mit den Anderen zu tun: Wir teilen eine Sprache und eine Lebensform, wir werden unterrichtet und verlassen uns auf Autoritäten. Wir sind keine gedanklichen Inseln. Auch als Fühlende und Wünschende sind wir keine Inseln: Unsere Gefühle und Wünsche gelten oft den Anderen und hängen davon ab, was sie tun. Und wir lassen uns auch absichtlich von den Anderen verändern.
Was also unterscheidet Einfluss, den wir als Manipulation empfinden, von Einfluss, der die Selbstbestimmung nicht bedroht?

Ich sehe das folgendermaßen:

Manipulation ist durch diese Merkmale gekennzeichnet: 1. Absichtsvolles Vorgehen. Jemand möchte in seinem eigenen Sinne jemand anderen steuern, macht einen Plan und setzt ihn um. Wenn ich sage „draußen regnet es“, obwohl ich weiß, dass es draußen nicht regnet, dann ist das eine Lüge (Manipulation). Wenn ich dagegen behaupte „draußen regnet es“, weil ich glaube, dass das wahr ist, es in Wirklichkeit aber bereits aufgehört hat zu regnen, dann ist das ein Irrtum (keine Lüge). Absichtsvolles Vorgehen allein ist natürlich noch nicht ausreichend, es müssen weitere Merkmale hinzukommen. 2. Verdecktes Vorgehen. Der Andere soll nicht merken, dass er manipuliert wird. Würde er es merken, würde die Manipulation nicht mehr funktionieren. 3. Fremdbestimmung. Die Willensfreiheit bzw. Selbstbestimmung des Anderen soll umgangen werden.

Manipulation ist mit einem hohen Risiko verbunden. Wenn sie aufgedeckt wird, wird sie als negativ erlebt (selbst wenn das Ergebnis positiv ist), als unfair erlebt, und führt zu einem Vertrauensverlust. Die Beziehung wird beschädigt.

Dagegen ist die faire Einflussnahme offen, d.h. das Beeinflussungsziel ist bekannt. Es wird mit ehrlichen Mitteln gearbeitet. Die Selbstbestimmung des anderen wird respektiert. Die Beziehung bleibt intakt oder wird gestärkt.

Natürlich ist mir bewusst, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt. Ich sehe das als ein Kontinuum. Zwischen dem einen Pol „Manipulation“ (negativ) und dem anderen Pol „offene Beeinflussung“ (positiv) gibt es Abstufungen bzw. Grautöne.

Ein Mensch, der effektiv kommunizieren will und als Person ernst genommen werden will, wird auf Manipulation verzichten. Wie sehen Sie das?

Motivlage Manipulation

mani2.jpgKennen Sie blogscout? Die Seite verfügt über ein interessantes Feature. Sie erfahren unter „Letzte Aufrufe“ wie und warum die User auf Ihren Blog gekommen sind. So wird angezeigt, was von einem wissensdurstigen Menschen in google eingegeben wurde, bevor er auf das Suchergebnis geklickt hat, das dann zu ihrem Blog führt. Für unseren My-Skills Blog lesen wir überzufällig häufig Anfragen wie „Techniken, andere zu manipulieren“ oder „ohne Wissen des anderen manipulieren“. Da fragt man sich doch, woher kommt dieser Bedarf, der auch häufig in Seminaren geäußert wird?

Herbert Schmidt hat hier in diesem Blog bereits eine mögliche Erklärung gegeben:

„Ich denke mir aber, dass der Wunsch nach Manipulation dem Wunsch nach Ausgleich entspringt. Wenn ich als Mitarbeiter das Gefühl habe, dass mich mein Chef manipuliert, ist das ein Kontrollverlust, den ich habe oder befürchte. Da ist der Wunsch, das genauso zu können natürlich verständlich.“

Es wird vermutet, dass andere das bei mir machen und mit dem Wissen, wie das geht, kann ich den Angriffen standhalten. Ein weiterer Grund ist meiner Meinung nach der, dass Ziele durchgebracht werden sollen ohne in den Konflikt und die Auseinandersetzung zu gehen. Ganz im Sinne „Wasch mich, mach mich aber nicht nass!“. Und ist das nicht ein wenig „Fernsehglotzen und Konsummentalität“. Auf Knopf-Druck den anderen so zu schalten, dass er macht, was ich will. Ein bißchen, wie Leben ohne dass es der andere merkt?

Im Sinne einer Persönlichkeitsentwicklung kann das nicht sein. Als Kommunizierender muss ich, wenn ich weiß, was ich will, das auch anbringen können und vor allen Dingen dazu stehen können. Das ist meine Meinung, hier stehe ich, bitte kritisiere mich, habe eine bessere Idee oder lass mich gewähren. Wenn ich in diese Auseinandersetzung gehe, kann ich mich und meine Meinung, meine Ziele weiterentwickeln – eben auch im Austausch mit der anderen Person. All das fände nicht statt, wenn man eine Fernbedienung für die andere Person hätte, von der diese nichts weiß.

Als hinter diesem Wunsch liegendes Motiv vermute ich eine Spannung zwischen Harmoniebedürfnis einerseits und trotzdem den Wunsch Arbeits- oder persönliche Ziele erreichen zu wollen. Wenn es der andere nicht mitbekommt (wie auch immer das gehen soll), brauche ich mich mit ihm nicht auseinander zu setzen, erhalte also meine Arbeitsbeziehung (Friede, Freude, Eierkuchen) und habe aber trotzdem mein Arbeitsziel erreicht. Genau dafür gibt es aber andere Mittel und Wege. Diese sind in dem Seminar Positiv Beeinflussen dargestellt.

Grossartige Reden des 20. Jahrhunderts

JFK (pd)„Ask not what your country can do for you; ask what you can do for your country“. „I have a dream“. Jeder kennt diese berühmten Zitate. In einer täglichen Serie vom 21. April bis 4. Mai 2007 veröffentlicht Guardian Unlimited berühmte Reden des 20. Jahrhunderts. Guardian Unlimited ist ein britisches Webmedium mit den Inhalten der Zeitungen The Guardian und The Observer. Die Reden:

Winston ChurchillWe shall fight on the beaches, 4. Juni 1940
John F. KennedyAsk not what your country can do for you, 20. Januar 1961
Nelson MandelaAn ideal for which I am prepared to die, 20. April 1964
Harold MacmillanNo going back, 3. Februar 1960
Franklin Delano RooseveltThe only thing we have to fear is fear itself, 4. März 1933
Nikita KhrushchevThe cult of the individual, 25. Februar 1956
Emmeline PankhurstFreedom or death, 3. November 1913
Martin Luther King Jr.I have a dream, 28. August 1963
Charles de GaulleThe flame of French resistance, 18. Juni 1940
Margaret ThatcherThe lady’s not for turning, 10. Oktober 1980
Jawaharlal NehruA tryst with destiny, 14. August 1947
Virginia WoolfA room of one’s own, 20. Oktober 1928
Aneurin BevanWe have to act up to different standards, 5. Dezember 1956
Earl SpencerThe most hunted person of a modern age, 6. September 1997

Alle Reden sind im Wortlaut wiedergegeben und die meisten Reden können angehört werden.

In den Kommentaren wird vor allem die Rede von Martin Luther King Jr. hervorgehoben und (wenn das in dieser „Gesellschaft“ von Glanzlichtern der Rhetorik überhaupt möglich ist) an die erste Stelle gesetzt. Ich habe die „I have a dream“ Rede bereits vor einigen Monaten als Video hier eingestellt und auch einige Faktoren analysiert, die diese Rede so bewegend machen.

Ein Kommentar macht mich auf eine weitere sehr interessante Rede aufmerksam: Wenn auch bereits im 19. Jahrhundert gehalten, wurde eine (gefakte) Version im 20. Jahrhundert für die Umweltbewegung sehr einflussreich. Es ist die Rede von Chief Seattle von 1854 (der Namensgeber der amerikanischen Großstadt). Die Rede ist hier auf Deutsch und hier in vier Versionen auf Englisch wiedergegeben.

Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren

Anleitung zum UnglücklichseinPaul Watzlawick ist am 31. März 2007 in Palo Alto, Kalifornien gestorben. Den meisten ist er bekannt als Autor des Buches „Anleitung zum Unglücklichsein“.

Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, ParadoxienIch habe ihn in den 80ern im Psychologie-Studium kennen gelernt als Entwickler einer konstruktivistischen Kommunikationstheorie, für die er fünf pragmatische Axiome postuliert. Das erste Axiom lautet „Man kann nicht nicht kommunizieren„. Watzlawick betrachtete jedes wahrgenommene Verhalten als Kommunikation. Da man sich nicht nicht verhalten kann, kann man auch nicht nicht kommunizieren. Watzlawick ging davon aus, dass jeder Versuch eines Verhaltens entgegen den Axiomen zu einer Störung in der Kommunikation führt. Eine Störung nach dem ersten Axiom entsteht, wenn ein Gesprächspartner vermeidet (z.B. gar nicht auf den Gesprächspartner eingeht). 1998 durfte ich Watzlawick in Wien erleben, als er in einem Vortrag Teile seiner Kommunikationstheorie mit dem Arbeitsleben in Verbindung brachte.

Im Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ findet sich auch die berühmte Geschichte mit dem Hammer. Zur Abwechslung hier auch einmal als Video:

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, aber nicht den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt der Mann, hinüber zugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war seine Eile nur vorgeschützt und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen so einfach ein Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht‘ s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er „Guten Tag“ sagen kann, schreit ihn unser Mann schon an: „Behalten Sie doch Ihren Hammer, Sie Rüpel!“

Erweitern Sie Ihr Verhaltensrepertoire!

arrows.jpgLetzte Woche in der Frankfurter Sonntagszeitung war ein hochinteressantes Interview mit Bernhard Peters. Bernhard Peters? Das ist einer der erfolgreichsten Hockeytrainer der Welt und vor der WM wollte Klinsmann ihn zum DFB Sportdirektor machen. Aber die Herren (ich glaube hier stimmt die Formulierung) des DFB haben sich geschüttelt und gesagt, was, der weiß doch gar nicht, was Fußball ist. Jetzt ist er Direktor für Sport- und Nachwuchsförderung beim Fußball-Regionalligisten der TSG Hoffenheim, dem Verein mit den großen Bundesligaambitionen.

Seine These, die er im Interview vertritt, ist:

Es wird niemand zu einem guten Spieler, wenn er fünf- oder sechmal in der Woche trainiert und ansonsten nur RTL 2 guckt.

Er möchte, dass es zu einer „kreativen Persönlichkeitsentwicklung“ kommt. Dass sich Spieler abseits des Platzes nicht nur für tolle Autos und Modells und das P1 interessieren, sondern dass auch jenseits davon eine Entwicklung stattfindet. Das ist gerade für den Jugendfußball wichtig. Wenn alles auf die Karte Fußball gesetzt wird, steigen die Versagensängste, weil Fußball dann alternativlos erscheint. Aber nicht nur das. Peters Leistungsphilosophie ist,…

…dass alle Systeme weiterentwickelt werden müssen, weil sie sich gegenseitig befruchten (…) [Der Spieler] hat sich auch mit anderen Dingen zu beschäftigen, um eine kreative Rolle mit Führungsqualitäten auszufüllen.

Im Allgemeinen geht es um die Aneignung neuer verschiedener Verhaltensweisen und die Ausprägung und Aufrechterhaltung von Interessen. Mehr Verhaltensweisen, die man in seinem Verhaltensrepertoire hat, führen dann auch zu höherer Flexibilität. So kann man in einer gegeben Situation die Verhaltensweise auswählen, die wohl die adäquateste und bestmögliche ist.

Hat man nur wenige Kommunikationsstile in seinem Kommunikationsrepertoire, so ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass man in jeder gegeben Situation sein kommunikatives Ziel erreicht. Das wäre dann so, wie ein Fußballspieler, der nur mit rechts flanken kann. Oder wie ein Abteilungsleiter, der außer seine Arbeit zu machen, nur n-tv schaut.

XING Interview beim elektrischen Reporter

Was der Mario Sixtus macht, ist einfach großartig. Als elektrischer Reporter recherchiert und berichtet er mit völlig eigenem Stil über Phänomene unserer schönen neuen Internet-basierten Kommunikations-Welten.

Für Einsteiger empfiehlt sich der Beitrag „Was bisher geschah“, der in einer Art Medley alte Beiträge zusammenschneidet.

Im aktuellen Beitrag interviewt der elektrische Reporter „Daniela und Lars Hinrichs über Xing“.

Zwei Dinge finde ich besonders interessant: Lars Hinrichs will den „Leuten die Möglichkeit geben, diese Daten auch auf anderen Systemen weiter zu benutzen“. Dass XING mein Outlook ersetzen kann in absehbarer Zeit, glaube ich nicht. Aber eine integrierte Ergänzung beider Systeme, das wäre schon ein Fortschritt. Ich finde sogar, es ist höchste Zeit, das der Markt so eine Funktionalität zur Verfügung stellt.

Und zum zweiten zeigen sich im Interview unterschiedliche Betonungen, die einer Erwartung im Sinne geschlechtsspezifischer Kommunikation entsprechen. Sicher sehen die beiden XING nicht kontrovers, aber sie kommunizieren mit unterschiedlichen Schwerpunkten – der Mann eher technisch, die Frau eher sozial. Für Lars Hinrichs ist XING das „Intranet der Geschäftswelt“ und irgendwelche APIs das nächste große Ding. Also die Technik steht im Mittelpunkt des Denkens. Für Daniela Hinrichs stehen dagegen soziale Themen im Mittelpunkt. XING sei ein Medium, mit dem sich Wissen verteilt, und damit „verteilt sich auch die Macht“. XING steht bei ihr für eine höhere Chancengleichheit. Ein sehr guter Punkt!

Du sollst deinen Chef ertragen

Das Problem: Der Chef entscheidet anders. Man kann die Entscheidung nicht nachvollziehen, spricht mit dem Chef, hält die Entscheidung nach wie vor für falsch, kann sich aber nicht durchsetzen.

Die Lösung: Die Entscheidung des Chefs so bei seinen eigenen Mitarbeitern vertreten, als sei es die eigene. Voll hinter der Entscheidung stehen, auch wenn man sie für falsch hält. Das behauptet kein geringerer als Jack Welch in der Wirtschaftswoche („Den eigenen Chef ertragen“ von Jack Welch / Suzy Welch, Wirtschaftswoche Heft 10 2007, S. 114). Du sollst deinen Chef ertragen!

Die Begründung: Der Chef hat die Gesamtsituation im Blick und mehr Informationen als Sie. Also verkaufen Sie die Entscheidung so gut es geht und ertragen den Chef.

Welch hat sich als harter Hund im Management einen Namen gemacht („Neutron Jack“) und hat bei GE sehr erfolgreich gewirkt. Wie auch immer seine Leistungen bewertet werden, ich halte seine „Lösung“ in diesem Fall keineswegs für zufriedenstellend, geschweige denn für den besten Weg.

nuvola_apps_filetypes.pngAber was kann man tun? Etwa so? „Ich verstehe die Entscheidung nicht, aber wir müssen es so machen, weil der Chef es so will!“ – das ist ganz schwach, da ist man nur der Jammerlappen, der sich nicht durchsetzen kann. Die Welch-Lösung ist zwar ein Dämpfer für die eigene Selbstachtung, aber man könnte sich wenigstens damit trösten, dass die Angepassten irgendwann befördert werden. Jedoch, Menschen mit Rückgrat verbiegen sich nicht so leicht wie eine Weingummi-Schlange.

Meiner Meinung nach kann es ganz anders laufen: Wenn die Begründung tatsächlich die ist, dass der Chef mehr Informationen hat, dann lassen Sie sich diese Informationen geben. Wenn nötig, machen Sie klar, das das für Ihre eigene Überzeugung und für die Qualität in der Umsetzung unabdingbar ist. Begehen Sie bloß nicht den Fehler, die Person anzugreifen oder deren Kompetenz in Frage zu stellen. Wir bewegen uns immer auf der sachlichen Ebene und eine Erweiterung des Blickfelds kann ja tatsächlich Dinge in anderem Licht erscheinen lassen. Falls der Chef die besseren Argumente hat, sollten Sie das anerkennen, und können das auch nach außen so vertreten. Und wenn die Argumente des Chefs eher weniger gut sind, dann kommt das an dieser Stelle heraus und der Chef gerät in’s Schwitzen. Wenn der Chef trotz schwacher Argumente auf seinem Standpunkt beharrt, können Sie anregen, das mit anderen zu diskutieren. Andere können Experten sein, Ihre eigenen Mitarbeiter oder andere Chefs. Ihre Selbstachtung bleibt gewahrt, und die besseren Argumente sollten sich am Ende durchsetzen, das ist auch im Sinne des Unternehmens. Bingo!