Interview (10): Forschung erleben

rainer-greifeneder.jpgEin lieber Trainerkollege gab mir den Artikel „Der Preis des Plunders“ zu lesen, der im vergangenen Monat in der Süddeutschen Wochenendausgabe erschien. Relevant hierin für uns – wir machten gerade gemeinsam ein Verhandlungstraining – war der sogenannte Endowment – oder Besitztums-Effekt: Der Wert eines Produktes wird höher wahrgenommen, wenn man es besitzt:

„Der Effekt könne in Verhandlungssituationen vorteilhaft sein […]. Denn Menschen, die hohe Endowment-Werte aufweisen, verhandeln oft hart und erfolgreich.“

Wieder einmal, so dachte ich mir, kommen die wirklich praxisrelevanten Erkenntnisse der Psychologie weniger aus den arbeits- und organisationspsychologischen Fragebogenabfragen oder deren wenig generalisierbaren Onecase-Studies, sondern vielmehr ist es die Sozialpsychologie, die uns Erkenntnisse über das menschliche Denken und Handeln im alltagsrelevanten Kontext bringt.

Schön, dass es da die charmante Website forschung-erleben gibt, die uns die Erkenntnisse der Sozialpsychologie lebendig und praxisnah aufbereitet. Die Seite wird von Dr. Rainer Greifeneder und Dipl.-Psych. Ulrike Rangel und ihrem Team betrieben. Dr. Greifeneder arbeitet am sozialpsychologischen Lehrstuhl der Universität Mannheim und ich hatte Möglichkeit, ihm ein paar Fragen hierzu zu stellen.

Frage > Wie entstand die Idee, die Seite „Forschung erleben“ zu betreiben?

Die Sozialpsychologie fördert jedes Jahr einen reichhaltigen Schatz an neuem Wissen über menschliches Denken und Verhalten an den Tag, der nicht nur spannend, sondern häufig höchst relevant ist — für den Alltag sowie das Privat- und Berufsleben. Viele Fragestellungen, denen sich die Sozialpsychologie widmet (wie Entscheidungsverhalten, Führung, Kommunikation, aber auch Vorteile, Hilfeverhalten, Attraktion) fanden ihren Ursprung in Alltagsbeobachtungen und wurden dann wissenschaftlich mit Experimenten untersucht. Trotz dieser hohen Relevanz finden die Ergebnisse sozialpsychologischer Forschung nur selten den Weg aus dem Elfenbeinturm hinaus in die Öffentlichkeit. Mit „Forschung erleben“ möchten wir dies ändern und veröffentlichen daher momentan einmal pro Woche einen Artikel über spannende und alltagsrelevante Forschungsergebnisse. In dieser Woche wird zum Beispiel eine Forschungsstudie vorgestellt, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wie häufig Menschen lügen – und ob man Freunde anders anlügt als Fremde.

Frage > Gab es Vorbilder?

Nein. Am Anfang stand nur unser Ziel, auch Menschen außerhalb des universitären Geschehens für die sozialpsychologische Forschung zu faszinieren.

Frage > Was sind Eure Ziele für die Seite? Wen wollt Ihr erreichen?

Unser Ziel ist es, sozialpsychologische Wissenschaft allgemeinverständlich aufzuarbeiten, so dass sich jeder, der an den Fragestellungen unseres Fachs interessiert ist, über spannende Forschungsbefunde informieren kann. Wer möchte, kann so jede Woche Neues erfahren und wissenschaftliche Antworten auf ‚menschliche’ Fragestellungen finden. Demnächst geht dafür auch unser Newsletter an den Start, der einmal pro Woche über den jeweils aktuellen Forschungsbeitrag informiert. Damit Forschung nicht ein abstraktes Etwas bleibt, bieten wir darüber hinaus die Möglichkeit zur Teilnahme an aktuellen Forschungsstudien, online, direkt über das Internet. Alle, die uns bei unserer Forschung unterstützen möchten, sind herzlich eingeladen, sich an den angebotenen Studien zu beteiligen.

Frage > Wo siehst Du persönlich den größten Beitrag der Sozialpsychologie in unserem Alltag?

Eine schwierige Frage. DEN größten Beitrag zu nennen fällt mir schwer, da so viele Sachen wichtig sind, für Menschen individuell, aber auch für Politik und Wirtschaft als Gesamtes. Einen besonders großen Beitrag stellen aber aus meiner Sicht eine Vielzahl von Erkenntnissen zum Entscheidungsverhalten dar. Diese geben Aufschluss darüber, wie Menschen tatsächlich Entscheidungen treffen. Der von dir angesprochene Besitztumseffekt ist dafür ein sehr gutes Beispiel: Dass man ein Produkt plötzlich für subjektiv wertvoller hält, nur weil man es besitzt, zeigt sehr deutlich, dass für das Verstehen und Vorhersagen von Entscheidungen psychologisches Wissen notwendig und hilfreich ist.

Frage > Was ist für Dich ein typischer sozialpsychologischer Effekt, den Du häufig im Alltag/ in der Praxis beobachtest?

Der sogenannte Sunk cost effect. Dieser besagt, dass wir Zeit, Geld oder Energie für ein Ziel aufwenden, weil wir in der Vergangenheit schon in dieses Ziel investiert haben – obwohl es objektiv gesehen nicht rational ist, weitere Ressourcen für dieses Ziel auszugeben. In diesem Fall sind die in der Vergangenheit ‚versunkenen Kosten’ der Grund für weiteres Investment, obwohl zum Zeitpunkt der Entscheidung ein anderes Handeln besser wäre. Alltagsbeispiele dazu gibt es zuhauf: Aus rationaler Sicht sollte ein Flop-Produkt nur dann am Markt bleiben, wenn es zukünftig Gewinne verspricht – nicht jedoch, weil seine Entwicklung oder bisherige Vermarktung so viel gekostet hat. Ebenso sollte man Verlustaktien im eigenen Depot nicht nach dem Preis beurteilen, zu dem man die Aktie eingekauft hat – sondern danach, ob die Aktie zukünftig Gewinn verspricht. Diese Beispiele zeigen, dass sozialpsychologisches Wissen eine hohe Praxisrelevanz hat, gerade auch im Bereich der Wirtschaft. Für dieses und zahllose andere Phänomene sucht und findet die sozialpsychologische Forschung Antworten – mit forschung-erleben wollen wir diese Antworten mit allen Interessierten außerhalb der Wissenschaft teilen.

Dr. Greifeneder, vielen Dank für die Antworten.

Interview (9): Der rote Faden

roter.jpgDie richtige Arbeitsorganisation ist zum Teil ein einziges Unterfangen. Da gibt es die Manager mit Wurstfinger und Smartphone, deren Einträge häufig “ Meeztiong Kuinde“ lauten und die eine eigene Fertigkeit der Dechiffrierung benötigen. Und es gibt die Old-School-analog-Denkenden, die noch das gute alte Filofax oder vorzeige-stylish das Moleskin benutzen, um Ihre To-Do-Listen zu organisieren.

Beim Lesen der neuen Ausgabe der brandeins habe ich nun aber endlich den ROTEN FADEN entdeckt – die Organisationshilfe für Patch-Work-Denker. Hier werden nicht nur Adressen, Kalender, Notizen und Skizzen organisiert, sondern alle Zettel, die einem im Arbeitsalltag in die Quere kommen, ob die vollgezeichneten Servierten von Dan Roam oder die gesammelten Belege für die Reisekosten.

Zwischen unser beiden Abendessen hatte ich die Möglichkeit der Macherin der ROTERFADEN Taschenbegleiter – Beate Mangrig – vier Fragen zu stellen.

Frage > Aus Arbeitsorganisationsgesichtspunkten, was sind Ihrer Meinung nach die Vorteile der ROTERFADEN Textbegleiter gegenüber herkömmlicher Filofaxe?

Der Benutzer ist sehr frei – wenn er will. Unser Heftsortiment bietet Kalender, Skizzen, verschiedene Notizen etc. Man ist aber nicht auf diese Einlagen beschränkt sondern kann alle gebundenen oder losen Papiere einklammern. Beispielsweise den Firmenkalender, Prospekte, den Reisepass, Briefe, Geldscheine…. Es muss nichts erst gelocht werden. DIN Formate sind auch willkommen.
Unsere wechselnden Einlagen für die langlebige Hülle sind keine losen, vorgelochten Blätter sondern fadengebundene Hefte. Statt loser Blattwerke entsteht am Ende ein persönliches Archiv aus schönen Heften das sich – dank wechselnder Jahresfarbe an den Heftrücken – automatisch sortiert. Da wir in Deutschland und in kleiner Manufaktur produzieren, können wir schnell und mit Experimentierfreude auf Sonderanfragen reagieren: Bitte Tasche für iPhone, bitte Initalien einsticken, bitte zwei Klammern mehr, bitte anderes Format. Kein Problem. Heute wurde die erste Mappe für einen Linkshänder genäht. Spiegelverkehrt! Natürlich wird das dem Kunden im Alltag Freude bereiten.
Wir bekommen außerdem gesagt, der Klammermechanismus „macht Spaß“. Klick. Klick. Die Klammern nehmen im Gegensatz zum Ringbuch keinen Platz weg. Der Punkt Freiheit spiegelt sich auch im Layout der Kalenderseiten wieder. Wenig Kästen viel Leerraum, den jeder anders nutzt und einteilt. Alles ist sehr einfach.

Frage > …und gegenüber digitaler Organizer?

Digitale Organizer sind etwas völlig anderes. Es gibt auch ja auch kein entweder oder. Einige Leute benutzen beides parallel. Wenn ich dreißig Termine am Tag habe ist ein digitaler Organizer vielleicht gut, aber wer keinen Stift mehr bei sich hat, der hat doch verloren oder? Vielleicht verkrüppeln die Gedanken auch wenn man alle Worte verkrüppelt?
Ich schaue dauernd in den Monitor. Ich tippe, tippe, tippe unendlich viel Mails. Da freue ich mich auf meinen Stift und meinen Taschenbegleiter.
Da denkt man auch anders. Entspannter. In einem digitalen Organizer lese ich nicht nach was ich vor drei Jahren gemacht habe und wie es mir ging.

Frage > Für wen sind die Taschenbegleiter geeignet?

Einfach selbst testen. Da wurden schon einige begeistert die zuvor mit dem Gratiskalender ihrer Bank zufrieden waren. Für alle Leute die zuvor Ringbücher verwendet haben und für alle die sich damit zu eingeschränkt fühlten. Für Kalenderfetischisten.
Viele ROTERFADEN Benutzer kommen aus dem kreativen Bereich. In ein Ringbuch kann man nicht skizzieren und scribbeln. Der Mechanismus nervt die zeichnende Hand. Außerdem haben die Skizzen ja einen Wert und damit ein fadengebundes Heft aus gutem Zeichenpapier verdient.
Wer immer Notizbuch, Adressbuch und Kalenderbuch hatte kann das jetzt im Taschenbegleiter vereinen.
Auch ist der Taschengleiter geeignet für Leute die statt der „Balmoral.Edition“ oder dem „Echsenimitat“ lieber klares funktionales Design bevorzugen.
In einer Mail an uns stand „solide sexy Handarbeit“.

Frage > Welche Fertigkeit muss man als Benutzer mitbringen?

Keine besonderen Fähigkeiten eigentlich. Aber man sollte seinen Begleiter lieben. Den Beziehungsaufbau 🙂 erleichtern wir indem man nicht nur Inhalt sondern auch die Optik des Partners frei bestimmen kann. Frech oder seriös. Online kann man verschiedene Außematerialien, Farben und zwei Formate mixen. Am besten testen.

Frau Mangrig, vielen Dank für Ihre Antworten!

Deutsche Unternehmen sind zu deutsch

150px-flag_of_germany-pd.png„Löscher hält Siemens für zu deutsch“ titelt die FTD heute (25.6.2008). Der Konzernchef beklagt im Interview die mangelnde Internationalität seines Managements: „Unsere 600 Spitzenmanager sind vorwiegend weiße deutsche Männer. Wir sind zu eindimensional.“ Die Message ist klar: Wir wollen mehr Manager aus anderen Kulturkreisen und mehr Frauen in Managementpositionen.

Hier geht es um Diversität. Diversität bezeichnet in der Biologie die Artenmannigfaltigkeit, die Vielfalt von Arten in einem Lebensraum. In Unternehmen bedeutet Diversität die Vielfalt in der Mitarbeiterstruktur, zum Beispiel hinsichtlich der Merkmale weiß/farbig, männlich/weiblich, jung/alt.

Viele Unternehmen machen sich stark für das Thema Diversität. Die Motivation dafür kann durchaus unterschiedlich sein. In der Regel versprechen sich die Unternehmen davon eine höhere Kreativität.

Hewlett-Packard, zurzeit der größte Computerhersteller der Welt: „Wir bei HP sind der Überzeugung, dass Diversity … die Hauptantriebskraft für Kreativität, Innovation und Erfindungsgeist darstellt. Diversity ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Sie ist für uns nicht nur ein Muss in Bezug auf eine attraktive Arbeitsumgebung, sondern sie hilft uns auch, am Markt erfolgreich zu sein.“

Delphi, ein führender Zulieferer für die Automobilindustrie: „Unser Unternehmen wird durch die Verkörperung unterschiedlicher Erfahrungen, Hintergründe, ethnischer Gruppen, Lebensstile, kultureller Anschauungen und Glaubensrichtungen bereichert. Diese Ansicht wird vom Vorstand und den höchsten Führungsetagen bis zur gesamten Mitarbeiterbasis geteilt.“

Für Siemens ist noch ein anderer Aspekt ausschlaggebend. Peter Löscher: „Es ist absolut entscheidend. Es ist das Wichtigste. Bildet man seinen globalen Kundenstamm nicht ab, kann man sein volles Potenzial nicht ausnutzen. Bekommt man das hin, hat man einen gewaltigen Vorteil.“

Es geht also darum, den globalen Kundenstamm abzubilden. Die Kunden sollen sich eher mit Siemens identifizieren können. Das klingt für mich ein wenig paradox: Denn dieses Argument besagt, dass letztlich die kulturelle Ähnlichkeit gewünscht ist. Allerdings nicht im Unternehmen, sondern in einer Region.

Jedenfalls: Ein globales Unternehmen braucht eine globalere Unternehmenskultur, so der Ansatz. Da hat nicht nur Siemens, sondern der größte Teil der deutschen Unternehmen noch einen weiten Weg vor sich.

Für die Interaktion in den globalen Unternehmen der Zukunft bedeutet das mehr Vielfalt hinsichtlich der Kommunikationsstile, aber auch größere Herausforderungen für die Mitarbeiter und Manager. Der einzelne kann immer weniger damit rechnen, dass der andere schon versteht, was gesagt wird, denn man tickt ja ähnlich. In Zukunft wird es einen noch größeren Unterschied machen, wie offen jemand ist für andere Menschen und Kulturen, wie gut jemand auf andere eingehen kann, wie gut jemand Menschen mit völlig anderen Hintergründen überzeugen kann, wie gut jemand eine Gemeinschaft formen kann aus höchst unterschiedlichen Individuen.

Das Spiel dauert 90 Diamanten

Dreaming of diamonds by Swamibu (cc)Meine Frau hat mich gefragt, was eigentlich die Aufgabe von Oliver Bierhoff bei der Nationalmannschaft ist. Ach so, der ist der Manager. Ja und was macht der da. Ähm, dann denke ich an eine Szene aus Sönke Wortmanns Sommermärchen, wo Bierhoff vor seinem Laptop sitzt und lese in Wikipedia, dass er…

„…neben seiner Profi-Laufbahn ein wirtschaftswissenschaftliches Studium an der FernUniversität in Hagen nach 26 Semestern erfolgreich als Diplom-Kaufmann abgeschlossen [hat]“,

und glaube, dass er vergleichbar des ewig 17-jährigen Leimeners der ewige Golden-Goal Schütze ist. Dann fällt mir ein, dass man ihn oft neben dem DFB Direktor für Kommunikation Harald Stenger sitzen sieht, und Worte sagt, wie „souverän“, „Geduld“, „Konzentration“ oder „Druck“. Zu manchen seiner Worte fügt er „100 %“ dazu oder sagt auch so einfach mal „hervorragend“. Dann geht es meist um die Stimmung in der Mannschaft, die tollen Arbeitsbedingungen in Tenero oder das Hotel Giardino Relais et Chateaux .

Ein rhetorischer Höhepunkt direkt aus der Rhetorik Datenbank war natürlich die Metapher mit dem Druck und dem Öl und den Diamanten:

„Viele Sachen entstehen unter Druck: Öl, Diamanten. Die Mannschaft braucht Druck.“

Ein typisches Beispiel von Scheinplausibilität. Physikalischer Druck wird schnell mal mit psychologischen Druck gleich gesetzt, klingt ja gut und auf geht’s ab geht’s. Würden unsere wertvollen Fußballspieler von Lehmann bis Gomez den Druck einer Autopresse spüren, wären sie alles andere als Diamanten und Öl. Weder das eine noch das andere kann Tore schießen oder verhindern.

Die Sprache des Peoples Game hat sich verändert. Zu Herbergers Zeiten waren einfache Wahrheiten gefragt. Heute lassen sich die Fußballverantwortlichen schulen und die Professionalisierung erhält in allen Winkeln des Spiels Einzug. Dabei entsteht oft der Eindruck des Gestelzten und Aufgesetzten, dass lieber Dinge gesagt werden, die bei den Zuhörern einen kurzfristigen A-ha Effekt auslösen, als tatsächlich Wesentliches.

Aber nach einem gewonnen Spiel ist ja auch egal, was man sagt. Und es wird mal wieder klar, dass das Runde ins Eckige muss und die Wahrheit auf dem Platz liegt. Danke Schweini, Miro und Michael für Taten und Tore!

Die Hotline, die Verrückte macht!

Sich über die Bahn und ihren Kundenservice aufzuregen ist sicherlich keine Heldentat und es gibt neben dem Wetter und den aktuellen Fußball weniges, was einen so unverfänglichen Smalltalkgehalt hat, wie eben die Bahn. Und angesichts von existenzbedrohenden Problemen, die die Bahn eben auch verursacht, ist alles weitere wirklich nur kleines Gerede. Aber im Blickpunkt Kommunikation innerhalb den Grenzen eines Systems, ist nachfolgende Geschichte doch erzählenswert.

Ich kaufe gerne und bequem meine Bahntickets online. Seit einiger Zeit erhalte ich allerdings, wenn ich einen ausgewählten Zug buchen möchte, folgende Fehlermeldung:

„Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde, da Sie das Buchungssystem der Bahn längere Zeit nicht benutzt haben, wurden Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit automatisch abgemeldet. Bitte loggen Sie sich wieder ein.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr bahn.corporate-Team“

Logge ich mich wieder ein, kann ich zwar wie gehabt im System Züge auswählen, allerdings bei wiederholtem Versuch, einen Zug zu buchen, erscheint die obige Fehlermeldung. Ich habe vor geraumer Zeit eine E-Mail geschrieben, die allerdings unbeantwortet blieb. Jetzt brauchte ich diese Woche wieder Tickets, versuchte es wieder und es misslang wieder. Also rief ich bei der für Bahncard Besitzer auf der Webseite angegebenen Hotline-Nummer 01805 340035 an. Klar das war dann mein Fehler. Ich bin zwar Bahncard-Besitzer, aber in meinem Fall ist die Corporate Hotline zuständig.

Also rief ich da an unter 01805 101111. In Manier des Buchbinders Wanninger ging es weiter. „Ach so, das ist aber ein technisches Problem, da können wir nichts machen, rufen Sie doch die von der Technik an!“. Ok, gemacht neue Nummer bekommen und unter 01805 996644 hatte ich jemanden von der Technik dran. „Ah, das kann sein, das das nicht tut, weil sich Ihre Firmenadresse geändert hat, da müssen sie in Berlin anrufen!“

Die Berlinernummer war dann auch eine 01805 und ging mit 213434 weiter. Die erste Dame sagte mir – so mein Eindruck – bevor ich überhaupt etwas schildern durfte, dass sie eh nichts machen kann und leitete mich direkt weiter zu meinem „Personal Corporate Adviser“ (oder so). Dieser Dame erklärte ich auch noch mal mein Anliegen und da wollte sie mich schon wieder „bei der Technik“ anrufen lassen. Zum Glück konnte ich schnell sagen, dass ich ja gerade „bei der Technik“ angerufen habe, die mir sagten, dass ich hier „in Berlin“ meine Adresse ändern lassen soll (?). Daraufhin sagte mir die Dame, dass „das absoluter Schwachsinn“ sei und hier ein ausschließlich technisches Problem vorliege.

„Was ich denn nun machen soll?“ fragte ich und nach dem Ganzen hin und her, bat sie mich eine E-Mail zu schreiben. Das habe ich dann gemacht und bekam auch prompt eine E-Mail zurück:

Von: bahncorporate-online@bahn.de [mailto:bahncorporate-online@bahn.de]
Gesendet: Donnerstag, 12. Juni 2008 11:39
An: ***
Cc: Betreff: www.bahn.de ID[|-133-384189-45c0142-|]

Sehr geehrter Herr Kummermehr,
vielen Dank für Ihren Anruf.
Wir bedauern, dass Sie Schwierigkeiten beim Nutzen unseres online Buchungssystems hatten. Um das von Ihnen beschriebene Problem überprüfen zu können, benötigen wir davon eine möglichst detaillierte Beschreibung. Zunächst empfehlen wir, die Anfrage noch einmal zu versuchen. Sollte der Fehler erneut in Erscheinung treten, können Sie uns gerne erneut kontaktieren.
Teilen Sie uns dann bitte mit, zu welchem Zeitpunkt (Tag/minutengenaue Uhrzeit) Sie Ihre Anfrage versuchten und welche konkreten Eingaben Sie dabei vornahmen.
Schicken Sie uns dazu bitte Screenshots (Bildschirmkopien) der einzelnen Abfrageschritte und die URL der Seite, auf der der Fehler letztendlich erschien.
Für Ihren Hinweis und Ihre Mithilfe möchten wir uns bereits an dieser Stelle herzlich bedanken.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr bahn.corporate Online-Team

Das habe ich jetzt auch gemacht, obwohl es sich jetzt auch nicht prima anfühlt, alles zu dokumentieren, wieder in der Pflicht zu sein, etwas zu schicken, nachdem man sein Problemchen jetzt schon gefühlte 10 mal dargestellt hat.

Auf diesem Weg ist nun mein Anliegen. Nicht ganz abstreifen kann ich den Eindruck, dass der Bahn-Kundenservice ein virtuelles Haus ist, das Verrückte macht, so wie wir es aus Asterix erobert Rom kennen.

Zuständig hat sich niemand gefühlt. Schnell war der Satz zur Zunge, dass der/ die Operator Customerservice Agent/in hier nichts machen kann und ich doch eine andere Nummer wählen soll. Wenn man Lust, Laune und Zeit hat, kann man sicherlich den ganzen Tag mit Servicemitarbeitern telefonieren, die einem von der Technik nach Berlin verweisen. Genauso wie meine Fehlermeldung, bei der man automatisch ausgeloggt wird, um sich wieder einzuloggen.

Der Polizist von Frau Zehnbauer macht fast alles richtig!

Der Mannheimer Stadtteil Waldhof war einst Fußballdeutschland bekannt wegen der kompromisslosen Vorstopperschule der Marke Förster, Kohler oder Wörns. Heute spielt der SV Waldhof in der Oberliga und Vorstopper heißen jetzt bestenfalls Innenverteidiger. Trotzdem ist der rustikale Stadtteil, in dem es Straßennamen wie „Zäher Wille“, „Große Ausdauer“ oder „Starke Hoffnung“ gibt, dank der Könige des E-Mail-Weiterleitens wieder in aller Munde (jedenfalls beim Nachahmen des Dialektes).

Frau Zehnbauer, wohnhaft in der oberen Riedstraße, rief vor drei Jahren bei der Polizei an, um eine Ruhestörung ihres Nachbarn Herr Ellenberger zu melden. Auf noch unbekannte Weise ist dieser Anruf nun im Internet gelandet und erfreut sich größter Beliebtheit.

Nun liest man, dass von verantwortlicher Seite mit dem Polizisten ein klärendes Gespräch geführt wurde. Es stellt sich die Frage: Warum? Aus kommunikativer Sicht macht der Polizist fast alles richtig.

Er entschärft die Situation mit paradoxen Interventionen („Hawwe‘ Se die Zäh hause, odda was?“) und selbst als Frau Zehnbauer mit ionescohaften Monty Python Absurdität antwortet „Ich hab schlechde Empfoang!“, reagiert unser Polizist ganz richtig mit aktiven Zuhören und wiederholt: „Schlechter Empfang“. So passt er sich auch dem einschlägigen Vokabular der Frau Zehnbauer an, wenn er nach dem Namen des Nachbarn fragt und er lockert die temperamentvolle Situation mit Humor auf („Appartement!“). Auch in der emotionalsten Passage, wenn Frau Zehnbauer ankündigt dem Nachbarn „in sei dreckiges Maul“ zu boxen, bleibt er die Ruhe selbst und antwortet: „Kää Problem, hajo, mir kumme dann!“ und bringt das Gespräch wieder auf eine sachliche Ebene, in dem er es mit einer offenen Frage steuert.

Der einzige Grund aus kommunikativer Sicht, warum ein klärendes Gespräch mit ihm stattfinden sollte, ist, dass man auch zu seinen Worten stehen muss. Angeblich kam an diesem Abend kein Polizist mehr vorbei.

Fehler sind Chefsache!

Bei populärwissenschaftlichen Artikeln mit psychologischem Hintergrund muss man ja des Öfteren vorsichtig sein. Häufig hat man den Eindruck sie seien geschrieben, wie man sich so vorstellt, wie ein Student seine Referate schreibt. Bisschen mal schauen, was so im Internet steht und dann copy – paste und zwei, drei nette Bilder mit attraktiven Menschen, fertig ist der Beitrag zur emotionalen Intelligenz.

Erfreulich anders ist der aktuelle Artikel der SZ Wissen zum Thema Führung „Schlechte Chefs“ ausgefallen. Gut recherchiert mit zahlreichen Studien bestätigt er einerseits Beobachtungen aus dem Führungsalltag andererseits bringt er neue gute Gedanken zu den Fallen des Chefseins. Nach der Lektüre bleibt allerdings der einseitige Eindruck, der durch die Aneinanderreihung der Subüberschriften bestärkt wird, ein Chef sei ein undankbares, misstrauisches, kontrollwütiges, planloses, egoistisches, isoliertes, besserwisserisches, aalglattes, kaltes, ignorantes, kurzsichtiges Psychowrack.

Hm, ganz schön schlimm, heutzutage Chef zu sein und Menschen zu führen, wenn das das Ende aller Karriereträume ist. Und was kann man dagegen tun? Ich glaube die Gegenmittel, um nicht ein UMKPEIBAKIK Psychowrack zu werden, sind hinlänglich bekannt, allein an der tatsächlichen Umsetzung fehlt es: Wertschätzung, konstruktives Feedback und Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Die Erfahrung, die ich in unseren Seminaren mit Führungskräften mache, ist, dass diejenigen, die ein gesund ausgeprägtes Selbstwertgefühl haben, um auch Feedback anzunehmen und in ihr Verhalten zu integrieren und nicht nach der Bestätigung ihrer selbst suchen, besser von ihren Mitarbeitern im Kommunikationsverhalten eingeschätzt werden.

Aber liebe Mitarbeiter mit schlechten Chefs, habt etwas Nachsicht mit Ihnen. Prof. Dr. Heike Bruch Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement von der Universität St. Gallen rät in dem genannten SZ Wissen Artikel:

„Gute Mitarbeiter haben Verständnis dafür, warum der Chef Fehler macht oder bestimmte Fehler hat. Sie müssen von unten führen. Das Wirksamste ist eine gute Vorbereitung der Argumente, Vorschläge muss man mit Fakten abstützen können. Und es geht zusätzlich darum, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Durch Loyalität lässt sich das Vertrauen des Chefs gewinnen. Das verschafft Einfluss.“

Als kleinen Tipp zum Kennen lernen eines hervorragenden Beispieles eines narzisstischen und entscheidungsschwachen Chefs in Worthülsen und Business-Klischee Gestotter gibt Steve Carell in der Serie „The Office – an American Workplace“. So und jetzt wieder zurück an die Arbeit und Fehler machen, liebe Chefs.

Manager bloggen?!

In Deutschland schreiben nur sehr wenige Top-Manager ein Blog. Wir können hier unterscheiden zwischen den nicht-öffentlichen (unternehmensintern, Intranet, hinter der Firewall) und öffentlichen Blogs (Internet, allen frei zugänglich). Aber deutsche Manager bloggen weder öffentlich noch nicht-öffentlich. Klaus Kleinfeld hat eins geschrieben, erntete viele, aber auch viele böse Kommentare, und sein Nachfolger Peter Löscher schreibt keines. Keine Experimente mehr!

Dabei ist ein Blog ein sehr aktuelles, schnelles, und interaktives Medium mit potenziell sehr hoher Reichweite. Nicht umsonst gibt es einen ganzen Haufen Produkt- oder Markenblogs. Blogs als Werbeinstrument, ja, das kennen auch viele deutsche Unternehmen. Aber Blogs als strategisches Kommunikationsinstrument? Das verstehen viele nicht. Und nur ganz wenige trauen sich.

Ein prominentes Gegen-Beispiel ist der Geschäftsführer der deutschen Bild- und Videoplattform sevenload.de. Das ist nicht etwa das offizielle Sevenload Corporate Blog, das gibt es auch. Nein, Ibrahim Evsan schreibt selbst. Er schreibt öffentlich, gut und authentisch. Selbst ein politisches Statement (wovon PR-Berater dringend abraten) findet sich auf seinem Blog: Werbung für Barack Obama.

Á propos USA, in den USA sieht die Lage anders aus. Blogs sind dort selbstverständlicher Teil der Unternehmens-Kommunikation und häufig sehr professionell gemacht. Vielleicht findet sich eine Erklärung für die Blogfaulheit deutscher Manager im interkulturellen Vergleich? Der IT-Business-Blog vermutet:

„Amerikaner sind darin geschult, zu kommunizieren, Deutsche erklären lieber. Sich überzeugend, leicht verständlich und prägnant auszudrücken, gehört zu den unabdingbaren Soft-Skills einer amerikanischen Führungskraft. Deutsche Manager und Technologieverantwortliche müssen diese Fähigkeit nicht unbedingt haben.“

Da ja alles aus den USA mit Verspätung auch bei uns ankommt, schätze ich, dass unsere Vorstände und CEOs etwaige fehlende Fähigkeiten noch entwickeln werden, und dass eine neue Generation von Managern sehr viel selbstverständlicher neue Medien und Kommunikationsformen nutzen wird. Mitarbeiter, Kunden und die Öffentlichkeit werden es mögen.

Kriminelles Handeln aus der Mitte

Siemens PressebildVor einer Woche hat Siemens Konzernlenker Peter Löscher an alle Mitarbeiter in Deutschland ein E-Mail geschrieben, das den Korruptionsskandal thematisiert. Anlass war die aktuelle Spiegel Titelstory.

Das E-Mail (Auszüge in der Printausgabe und auf der Website der FTD) ist geschickt verfasst; offensichtlich hat Löscher einen guten Ghost Writer zur Hand. Löscher äußert Verständnis für die Mitarbeiter, die aus Anlass solcher Berichterstattung angesprochen werden und stellt klar, dass „die ganz große Mehrheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer aufrichtig und anständig“ gehandelt hat.

Es habe jedoch „über längere Zeit unverantwortliches und wohl auch kriminelles Handeln“ gegeben, und zwar aus der „Mitte des Unternehmens“ heraus.

Wenn ich mir das aus Kommunikations-Sicht anschaue, sind die Haupt-Botschaften Herrn Löschers:

  • die überwiegende Mehrheit war immer anständig
  • es hat krasses Fehlverhalten gegeben
  • wir wollen Aufklärung
  • Compliance ist uns sehr wichtig
  • wir machen nur sauberes Geschäft

Soweit alles in Ordnung. Die Werte, die Löscher anspricht, sind wichtig und richtig: „Transparenz, Klarheit, Wahrheit, Verantwortlichkeit“. Allerdings ist mein Eindruck aus Gesprächen mit Siemens Führungskräften und Mitarbeitern, dass einige Botschaften untergehen oder nicht so verstanden werden. Zunächst ist es ja schon so, dass viele solche E-Mails gar nicht mehr lesen, da sie geradezu mit solchen Botschaften bombardiert werden. Dazu kann ich nur sagen, keine Kommunikation ist auch keine Lösung. Es ist gut, wenn der Vorstand mit allen Mitarbeitern kommuniziert.

Was den Führungskräften einen Stich versetzt, ist die Formulierung „aus der Mitte des Unternehmens“. Was hängen bleibt, ist: Es gab kriminelles Handeln aus der Mitte. Da fühlen sich viele persönlich getroffen, die sich nichts haben zu schulden kommen lassen. Vielen reicht es auch nicht, wenn es heißt „die ganz große Mehrheit“ habe sich untadelig verhalten. Aus Sicht dieser Mitarbeiter hat es Fehlverhalten nur im Promille-Bereich gegeben; nur ganz wenige hatten überhaupt die Möglichkeit, z.B. Schmiergelder zu zahlen. Und das ist, aus Sicht der meisten, eben nicht „die Mitte“, sondern das sind eher „die da oben“.

Wie geht es weiter? Zur Zeit fühlen sich die Mitarbeiter verunsichert, von der Presse geprügelt, vom Thema „Compliance“ genervt. Wenn es schlecht läuft, wird es einfach nur einen Haufen Vorschriften und Kontrollen geben, und irgendwann kommt wieder einmal heraus, dass ein Manager Wasser gepredigt und Wein getrunken hat. Wenn es gut läuft, kommt eine Werte-Diskussion in Gang. Werte werden nicht nur als Leitlinien formuliert, sondern tatsächlich gelebt, von allen. Identifikation braucht Beteiligung, daher empfehle ich, weniger auf Vorschriften zu setzen als vielmehr auf eine lebendige Diskussion.

Foto: Siemens-Pressebild

Konflikt und Beeinflussung

konflikt.jpgIn der Seminarwelt kursieren so viele Modelle, die die Komplexität von Verhalten in der Arbeitswelt auf einige, wenige Dimensionen reduzieren. Interessant wird es, wenn die Modelle sich inhaltlich ergänzen und weitergedacht werden können; so zum Beispiel bei dem Konfliktmodell nach Friedrich Glasl einerseits und dem Beeinflussungs-Modell von David Berlew andererseits.

Glasl beschreibt die aufsteigende Entwicklung einer Eskalation entlang 9 Stufen, die er in je 3 x 3 Ebenen unterteilt. Die erste Ebene – und diese ist auch interessant für das Beeinflussungs-Modell – ist die so genannte Win-Win Ebene mit den Stufen Spannung (1), Debatte (2) und Taten statt Worte (3). Die Ebene 2 subsumiert die Stufen Koalitionen (4), Gesichtsverlust (5)und Drohstrategien (6) und wird Win-Lose genannt. Hier kann nur eine Partei gewinnen, die andere verliert meist nicht nur das Gesicht. In der 3. Ebene, der Lose-Lose Ebene, finden wir Begrenzte Vernichtung (7), Zersplitterung (8)und Gemeinsam am Abgrund (9) und wie wir schon den Namen der Stufen entnehmen können, ist der Aufenthalt in einer Konfliktstufe in der 3. Ebene für keine Konfliktpartei von Vorteil.

Die dahinter liegende Idee ist, dass eine Deeskalation eines Konfliktes weniger Kosten verursacht, je früher die Deeskalation eingeleitet wird und umso höher ist auch die Chance, dass die beiden Parteien erhobenen Hauptes aus dem Konflikt kommen.

Die Deeskalationsstrategien für die Stufen nach Glasl sind:

Stufe 1 – 3: Moderation
Stufe 3 – 5: Prozessbegleitung
Stufe 4 – 6: Sozio-therapeutische Prozessbegleitung
Stufe 5 – 7: Vermittlung/ Mediation
Stufe 6 – 8: Schiedsverfahren/ Gerichtliches Verfahren
Stufe 7 – 9: Machteingriff

Betrachten wir nun die Stufen 1-3, dort also, wo wir noch eine Win-Win Situation herbeiführen können. Die Strategie der Moderation stellt nun die Frage nach den Skills, die die Person für die Deeskalation benötigt.
Stufe 1 – Spannung – wird in Wikipedia wie folgt beschrieben:

„Konflikte beginnen mit Spannungen, z.B. gelegentliches Aufeinanderprallen von Meinungen. Es ist alltäglich und wird nicht als Beginn eines Konflikts wahrgenommen. Wenn daraus doch ein Konflikt entsteht, werden die Meinungen fundamentaler. Der Konflikt könnte tiefere Ursachen haben.“

Das Beeinflussungs-Modell von David Berlew schlägt in diesem Falle als sinnvoller Beeinflussungs-Stil das Brücken Bauen vor. Die Konfliktparteien müssen den jeweilig anderen Einbeziehen, die Meinung des anderen verstehen und transparent machen, dabei Aktiv Zuhören und eigene Punkte Aufdecken. Erst wenn die Spannung identifiziert ist, kann sie konstruktiv bearbeitet werden.
Zu der Stufe 2 – Debatte – schreibt Wikipedia:

„Ab hier überlegen sich die Konfliktpartner Strategien, um den Anderen von seinen Argumenten zu überzeugen.“

Als sinnvoller Beeinflussungs-Stil ist hier das Überzeugen zu nennen: Klare Vorschläge mit nachvollziehbaren Argumenten verbinden. Entsprechend wechselt man von der kommunikativen Zug-Energie zu der Schub-Energie. Ich weiß, was ich von der anderen Partei möchte und „schiebe“ ihn zu meinem Beeinflussungs-Ziel.
Was schreibt Wikipedia zu Stufe 3 – Taten statt Worte:

„Die Konfliktpartner erhöhen den Druck auf den Anderen, um sich oder seine Meinung durchzusetzen.“

Die Argumente sind also nun gewechselt und man muss einen kommunikativen Gang höher schalten. Es geht nun darum, klar und deutlich seine eigenen Erwartungen zu formulieren. Hier ist der Stil der Wahl das Durchsetzen. In vergleichbaren Konflikt-Eskalationsmodellen (wie beispielsweise nachzulesen in „Konflikte lösen“ von Heinz-Jürgen Herzlieb) wird diese 3. Stufe übrigens auch Konfrontation genannt.

Gut aufgestellt!

gutaufgestellt.jpgVon Albert Camus ist übermittelt, dass er seine Sprachlosigkeit als Junge in Algerien mit Fußball überwand und später sagte: „Alles, was ich über das Leben weiß, habe ich beim Fußball gelernt.“ Da hat sich wohl Reinhard Sprenger gedacht, mal sehen, was unsere Führungskräfte so alles vom Fußball lernen können. Seine Erkenntnisse hat er in das unterhaltsame Buch „Gut aufgestellt – Fußballstrategien für Manager“ gepackt.

Da wird nicht nur „ein legendärer Bezirksligatrainer aus dem Ruhrgebiet“ zitiert („Männer denkt an die drei großen A’s: Abwehr, Angriff, Angagement!“) und Jürgen Klinsmann lustigerweise das Attribut „Plakatpsychologie“ zugeschrieben, sondern gut recherchierte Zusammenhänge zwischen Fußball und Führungsverhalten aufgezeigt. Fußball mit seiner Taktik, Leidenschaft, Teamgeist und individueller Klasse dient als Blaupause für die Wirtschaft. Das zu lesen und wie es geschrieben ist macht wirklich Spaß und die anschauliche Art vermittelt tolle Aha-Effekte.

Also mal wieder ein Buch aus dem Hause Campus das absolut lesenswert ist. Ich glaube, so langsam rufe ich mal bei denen an und frage nach Belegexemplaren.

Kommunikations-Desaster FCK

fck-k.gifMein Kollege Ulrich Hinsen vom Management-Radio schränkte seine Freude über den Sieg seines heimatnahen Clubs TuS Koblenz über den 1. FC Kaiserslautern ein, Koblenz sei ja kein Verein, an den man sein Herz verschenkt. Das Verschenken des Herzens ist allerdings gerade die Crux von Millionen von Pfälzern, die mit all ihrer Emotionalität an dem FCK hängen. In dieser desaströsen Saison habe auch ich als leidenschaftlicher Fan neue Dimensionen des Leidens erfahren und bin hier in neue Sphären der Enttäuschtheit und Ohnmacht vorgedrungen. Das Bild, das der einst so prächtige und stolze Club aus der Pfalz heute im März 2008 abgibt, ist erbärmlich.

Wie konnte es dazu kommen? Hier sind hauptsächlich Fehler im Kommunikationsverhalten zu nennen:

Kommunikations-Desaster Vorstandssprecher: Der Ex-Wirtschaftsminister aus Rheinlandpfalz Hans-Artur Bauckhage versprach bei der ordentlichen Jahreshauptversammlung vergangenen Dezember, man könne ihn verhaften, wenn er nicht bald den finanzstarken Investor herbeischaffe. Heute drei Monate später – ohne neuen drigend benötigten Investor – sagt er: „Ich habe das auch gesagt, um den Leuten Mut zu machen.“ Auch wegen dieser Aussage wurde der damalige Aufsichtsrat und Vorstand entlastet.

Kommunikations-Desaster Vorstandsvorsitzender: Erwin Göbel sei dem Vernehmen nach Eintracht Frankfurt Fan. Das wäre in etwa so, als würde auf dem Genfer Autosalon die Meinung vorherrschen, Dr. Zetsche fahre privat lieber BMW. Ansonsten will er laut Frankfurter Rundschau „eigentlich gar nicht mit der Presse reden“. Gute Öffentlichkeitsarbeit sieht anders aus.

Kommunikations-Desaster Image: Einst war der FCK das gallische Dorf der Bundesliga. Stellte den übermächtigen Bayern eins um andere mal ein Bein und stand Synonym für Zusammenhalt und Kampfbereitschaft. Heute ist Verein wie Mannschaft keine Einheit mehr. Im Umfeld gibt es zirkulierende Schuldzuweisungen ehemaliger und aktueller Verantwortlicher, Gerichtsverfahren, Grüppchenbildung in der Mannschaft und viele verschwundene Gelder. Die Pressearbeit kann man getrost als nicht vorhanden bezeichnen.

Kommunikations-Desaster Mannschaft: Der vor kurzem entlassene Trainer Kjetil Rekdal hielt seine Mannschaftssitzungen teilweise in englischer Sprache ab. Das war wohl der kleinste gemeinsame Nenner in einer internationalen Mannschaft: gebrochenes Englisch. Erst der neue Trainer Milan Sasic, seines Zeichens Kroate, hat nun Deutschunterricht verordnet.

Die Enttäuschung der einzig wirklich erstligatauglichen Stakeholder des Vereins – nämlich der Fans, ist Woche für Woche nach jedem neuerlichen Nackenschlag in dem hervorragenden Online Fanzine „Der-Betze-brennt!“ nachzulesen. Wie jetzt auch heute, nach dem trostlosen torlosen Unentschieden am Sonntag, das den FCK einen Schritt weiter in die 3. Liga führt.

Der Traditionsverein FCK mit all seiner Emotion und Leidenschaft taumelt am Abgrund. Währenddessen etablieren sich Vereine wie VfL Wolfsburg oder TSG Hoffenheim im Profifußball, Vereine, an die man noch weniger sein Herz verschenken würde, als an die TuS Koblenz.

Die Kommunikation des Charlie Wilson

Wie kommuniziert ein Politprofi? Die Antwort gibt uns der von Mike Nichols inszenierte Film „Der Krieg des Charlie Wilson„. Die Kamera ist stets dabei, wenn der von Tom Hanks gespielte Kongressabgeordnete Charlie Wilson sein Ziel – möglichst viel Geld für die afghanischen Rebellen im Kampf gegen die Sowjetunion zu beschaffen – kommunikativ Minute für Minute verfolgt. Da wird sich gegenüber den amerikanischen Botschafter von Pakistan durchgesetzt, er begeistert den Ausschuss-Vorsitzenden Doc Long für seine Idee, noch mehr Geld für die Rebellen bereit zu stellen in eine der skurrilsten Szenen des Filmes (der konservative Politiker ist letztendlich so begeistert, dass er den Rebellen mit Allahu akbar zujubelt) und Wilson überzeugt allen und jeden an allen Ecken und Enden des Plots. Ganz zu schweigen zu den vielen Brücken, denen er zu der von Julia Roberts gespielten Joanne Herring baut.

Kenner des Seminars Positiv Beeinflussen werden ihre Freude bei dem Film haben, die Kommunikations- und Beeinflussungsstile wieder zu entdecken. Dass es im Politikgeschäft nicht nur um Positives beeinflussen geht, sondern hier auch zwischenmenschliche Abhängigkeiten geschaffen werden, manipuliert wird und dass das Wissen über Fehltritte anderer ebenfalls zum Handwerkszeug gehört, lernen wir freilich auch.

Interview (6): China verstehen!

china-wirtschaftspartner.jpgZurzeit ist es wohl bitter kalt in China und die Infrastruktur zeigt gerade jetzt, wo Millionen von Menschen am Neujahrsfest zu ihren Familien fahren wollen, erhebliche Mängel. Die Bahnhöfe werden vom Militär bewacht und auch die Aktien wanken. Dennoch oder gerade auch deshalb ist der Bedarf an interkulturellem Wissen so hoch wie nie. Dr. Theresia Tauber ist eine der Autorinnen des Buches China, Wirtschaftspartner zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Ein Handbuch für Praktiker und führt Trainings im Bereich interkulturelles Verhalten durch und steht uns heute Rede und Antwort.

Frage > Was sind denn die wesentlichen Denkunterschiede zwischen Chinesen und Europäern?

Die wichtigsten drei:
1. Chinesen sind derzeit Optimisten mit ungebremstem fröhlichem Fortschrittsglauben, denn seit 30 Jahren geht es den meisten stetig besser, in jeder Hinsicht.
2. Chinesen glauben nicht wirklich an den Sinn von Planung und auch nicht an Wahrheit. Deutsche versuchen Fragen „prinzipiell“ zu lösen. Wir fragen: „Wo kommt das Problem eigentlich her? Was ist die wahre Lösung?“ Chinesen fragen lieber: „Wie kriegen wir das Problem vom Tisch?“ Immer ganz konkret, ganz praktisch. Pfeif auf die Prinzipien. Was jetzt und hier funktioniert, ist gut.
3. Deutsche schätzen an einem Streit, dass er so etwas wie ein „reinigendes Gewitter“ sein kann. Das sehen Chinesen ganz anders. Streit bedeutet für sie eher: Blitzschlag und verbrannte Erde. Lieber vermeiden sie den Streit von vorneherein, jedenfalls, wenn sie an einer Fortsetzung der gemeinsamen Beziehung interessiert sind

Frage > Wie manifestieren sich solche Denkunterschiede in Verhalten und Kommunikation?

Entsprechend den oberen drei Antworten:
1. Der Optimismus führt generell zu einem freundlichen Umgang mit uns Fremden. Und manchmal zu Ratlosigkeit, wenn wir zum Beispiel Umweltprobleme in der uns eigenen drängenden Form ansprechen.
2. Wenn ein Chinese etwas verspricht, bedeutet das nicht, dass er wirklich weiß, ob und wie er seine gute Absicht in die Tat umsetzen kann. Auch Auskünfte aller Art sind mit Vorsicht zu genießen, da diese nicht immer abgesichert sind.
3. Im Zweifelsfall drücken viele Chinesen sich gern unklar aus, damit es zu keinem Streit kommt. Außer, sie wollen Streit.

Frage > Welche sozialen Fertigkeiten sollten Chinareisende erlernt haben bzw. mit nach China bringen?

Ich nenne 8, weil 8 eine chinesische Glückszahl ist:
1. Bei unklaren Situationen nicht in Panik ausbrechen, sondern cool bleiben.
2. Vorgefasste Meinungen rasch durch offene Beobachtungen ersetzen können.
3. Indirekte Botschaften entschlüsseln können.
4. Wissen, wann indirektes und wann direktes Vorgehen zielführender ist.
5. Flexibel sein, offen für Neues.
6. Geduld haben, aber auch sich rasch entscheiden können.
7. Wissen, wie man zu viel Alkohol oder unliebsame Speisen elegant/witzig ohne Affront ablehnt.
8. Neugier und die Lust, jede Menge Beziehungen aufzubauen/zu pflegen.

Frage > Was sind die wesentlichen Erfolge Ihrer Trainings? Haben Sie dazu Beispiele?

Drei ganz unterschiedliche Beispiele:
1. Unsere Teilnehmer lernen, dass es bei der Kommunikation nicht auf das „Was“ ankommt, sondern auf das „Wie“. Falsche Kommunikation läuft ins Leere, die Leute bekommen gar keine Antworten auf ihre Mails, oder sie verärgern und blockieren ihre chinesischen Partner. Mit unserer Hilfe entwickeln die Seminarteilnehmer Wege, mit den chinesischen Partnern eine unverkrampftere Kommunikation aufzubauen. Das wiederum ist ein notwendiger Schlüssel zur raschen Lösung von Problemen aller Art. Je besser die Kommunikation, desto rascher und damit kostengünstiger kann die Lösung sein.
2. Manche für uns Deutsche negativen Vorkommnisse in China (wie Job-Hopping unter Mitnahme von Firmen-Know-how) lassen sich auch durch perfekte Kommunikation nicht verhindern. Unsere Seminarteilnehmer lernen aber, unter welchen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen chinesische Partner agieren. Das macht sie kompetenter in der Entwicklung schützender Geschäftsstrategien.
3. Personen, die nach dem Training nach China ausreisen, fühlen sich mit dieser Unterstützung sicherer und kompetenter und tun sich mit dem Einstieg in China wesentlich leichter als ohne Training. Zumal sie wissen, dass sie sich mit Fragen auch von China aus jederzeit an uns wenden können.

Frage > Wenn Sie nur einen Tipp geben könnten an einen nach China dienstlich Reisenden, was wäre dieser?

Nehmen Sie sich doppelt soviel Zeit für die Reise, wie Sie zu benötigen denken.
Gründe:
1. Vielleicht erweisen sich chinesische Planungen als nicht belastbar und Sie müssen umdisponieren.
2. Nur mit genügend Zeit können Sie genügend Umfeld in Augenschein nehmen. Verlassen Sie den Besprechungsraum, schauen Sie sich um, machen Sie sich ein Bild! (Von Fabriken, Arbeitsbedingungen und allem, was für Sie wichtig sein könnte)
3. Nutzen Sie die Zeit, vorab auszuschlafen und einen klaren Kopf zu bekommen. Auf Ihre Beobachtungsklarheit kommt es mehr an als auf jedes Klischee, das Sie über China gelesen haben.

Frau Dr. Tauber, ich danke für das Gespräch.

Sei authentisch und zwar jetzt!

Authentizität ist eines der aktuell überstrapazierten Wörter des Seminargeschäfts; auch weil hier ein hoher und äußerst verständlicher Bedarf bei Teilnehmern besteht. Neulich bekam ich eine Werbung für ein Seminar mit dem Titel „Authentisch wirken!“ in die Hände. Ein zum Himmel schreiender Widerspruch in zwei Worten. Man sollte doch authentisch sein und nicht den Spielraum der Wahrnehmung des Gegenübers so manipulieren, dass er nur glaubt, man sei authentisch.

Dieser Gedankengang bringt uns nahe an einen kritischen Punkt. Das Spannungsverhältnis zwischen Professionalisierung von Verhalten und Authentizität. Wirkt Nicolas Sakrozy authentisch, wenn er Politik als Showgeschäft sieht? Die beiden Soziologen Francois Jost und Denis Muzet zeigen auf, dass Sarkozys Kommunikationspolitik nur für das Fernsehen konzipiert ist. Eine Puppe seiner selbst, das ganze Leben für die mediale Inszenierung. Und trotz Carla Bruni sinken die Umfragewerte, weil auch das gemeine Wahlvolk ein Gespür hat für aufgesetzes Verhalten.

Warum fragen Politikjournalisten trotzdem immer häufiger, wie hat der und der Politiker in der Debatte oder dem Rededuell „performed“. Geht es hier nicht mehr darum, was die Ideen des Politikers sind und was seine wirklich ureigene Überzeugung ist. Oder geht es um die kalkulierte Wirkung: mehr face als substance (so das Vokabular der Journalie, wie es uns heute Kurt Kister in der Süddeutschen näher brachte).

Und wäre der Rapper Massiv authentisch, wenn er – wie von Teilen der Musikpresse vermutet – einen Überfall auf sich in Neukölln fingiert, dabei sich in die Schulter schießen lässt, um street credibility zu erhalten und dabei die bald erscheinende Platte promoten will.

Wie viel Stellenbeschreibung hält ein Mensch aus, ohne dabei ein unauthentischer Roboter zu werden. Mittlerweile sind Leidenschaften und hochgradig positivbesetzte Emotionen zu Themen wie Online-Marketing Voraussetzungen zur Einstellung. Teilweise muss die „true company story evangelized“ werden. Man soll als spiritueller Missionar für die company Mission auftreten. Wie erträgt das der Mensch wirklich, kann er dabei authentisch sein, wenn man ihm seine urmenschlichen Gefühle in den Job diktiert?

Was bedeutet das für den Themenbereich dieses Blogs? Die Entwicklung der eigenen Kommunikations- und Selbstmanagement-Fertigkeiten wird maßgeblich unterstützt, wenn sich der Teilnehmer mit der Weiterentwicklung identifiziert und Zeit und Anleitung findet die neuen Fertigkeiten in seine Persönlichkeit zu integrieren. Eine wichtige Session für jedes erfolgreiche Seminar. Aufgesetzte Fertigkeiten losgelöst der Persönlichkeit werden bald wieder vergessen und vom grauen Alltag eingeholt. Dann kann man auch nur so machen als sei man so.

Oder was meinen Sie, was authentisch ist?